Präsidium lässt Hörsaal räumen
Von Marc BebenrothKurz nach Sonnenuntergang betraten die Beamten den Hörsaal 1A der Freien Universität Berlin (FU). Die Unileitung hat die Staatsmacht am späten Dienstag abend auf den Campus gerufen, um den gewaltfrei besetzten Saal räumen zu lassen. Dort waren gegen 16 Uhr offenbar bis zu 30 Studierende einem Aufruf des FU-Palästina-Komitees gefolgt. Am Ende nahm die Polizei Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs in 27 Fällen auf, wie der Rundfunk Berlin-Brandenburg am Mittwoch berichtete. Außerdem sollen in zwei Fällen verfassungswidrige Kennzeichen verwendet worden sein, wie ein Polizeisprecher am selben Tag gegenüber epd sagte. »Zwischenfälle« habe es bei der Räumung nicht gegeben.
Zuvor führten im besetzten Hörsaal Mitglieder des Präsidiums Gespräche mit den Studierenden, wie die Pressestelle der FU gegenüber dem Tagesspiegel (Onlineausgabe vom Mittwoch) erklärte. Der Saal soll durchgehend zugänglich geblieben sein, Sachbeschädigungen soll es auch keine gegeben haben. Warum also die Räumung? Die Forderungen des Protestkomitees seien nicht vertretbar gewesen. Die Leitung habe den Protestteilnehmenden weitere Gespräche in Aussicht gestellt, allerdings nicht schriftlich und unter der Bedingung, dass die Besetzung aufhöre.
Nicht die Besetzung, »sondern die Räumung ist eine Eskalation«, erklärte Caro Vargas in einer Mitteilung des Komitees vom Mittwoch. Eine »Fridays for Future«-Besetzung sei 2019 »eine ganze Woche lang geduldet worden«, doch für das Komitee habe das Präsidium »eine Duldung für eine Nacht kategorisch« ausgeschlossen. Das seit mehr als zwei Wochen auf einer öffentlichen Fläche errichtete Camp namens »Heba Abu Nada« sei am Dienstag in den Hörsaal 1A verlegt worden, weil Vertreter des Präsidiums »kein einziges Mal« auf die proestierenden Kriegsgegner zugegangen seien.
Das Campkomitee formulierte elf Forderungen. So wird das »Ende des Genozids, der Apartheid und Besatzung in Palästina« verlangt. Man stehe für »ein freies Palästina, in dem alle Menschen, unabhängig von Religion, Ethnizität und Herkunft, frei und selbstbestimmt leben können«. Außerdem sollen Waffenlieferungen an die Besatzungsmacht Israel gestoppt werden. Von der Universität wird eine »demokratisch kontrollierte« Zivilklausel für ein Verbot zur Forschung für militärische Zwecke verlangt. Stipendien sollen auch an palästinensische Studierende vergeben werden. Bestehende Strafanzeigen gegen Protestierende sollen fallengelassen und Zwangsexmatrikulationen gestoppt werden. Auch solle sich das Präsidium verpflichten, keine Polizei mehr auf den Campus zu rufen. Schließlich fordert das Komitee die Umbenennung des Henry-Ford-Baus. Als Zeichen des Engagements gegen Antisemitismus solle dieser nach der Schoah-Überlebenden Esther Bejarano benannt werden.
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