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Aus: Ausgabe vom 11.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Feldjäger des Tages: Bodo Ramelow

Von Felix Bartels
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Im Auftrag des Friedens unterwegs

Bodo … Nein, nicht der rote. Anders als der neulinke Filou, den Degenhardt besang, hat der hier keine revoluzzende Vergangenheit, die er abstreifen musste. Von Anbeginn kenntlich als Sohn des Mittelstands – evangelische Erziehung, kaufmännische Ausbildung, bissel Gewerkschaft – kam Bodo Ramelow in den Neunzigern als Teil der westdeutschen ­Nomenklatura in den Osten, um dort freigewordene Stellen zu besetzen. 1994 gesellte er sich der PDS und heutigen Partei Die Linke zu, stets an deren rechtem Rand bleibend. Seit 2014 ist er, mit 28 Tagen Unterbrechung, Ministerpräsident von Thüringen. Ein Reisender, der nie aufbrechen musste.

Es versteht sich, dass der Ministerpräsident auch in der Ukraine-Frage stabile Haltung wahrt. Sonder Zweifel reiht er sich ein in die Parade der transatlantischen Falken. Fordert Waffen zur Unterstützung eines Kriegs, der nicht zu gewinnen ist. Entschlossen, diesen Krieg, den er nicht begonnen hat, wenigstens nicht enden zu lassen. Ob er das Kalkül der NATO begreift, demnach eine möglichst lange Bindung der globalen Konkurrenz Russland (im Kampf um Ressourcen, Arbeitskräfte, ­Absatzmärkte, Distributionswege) in einen blutigen und Mittel verschleißenden Konflikt freie Hand in anderen Regionen schafft, bleibt unklar. Gut möglich, dass er das alles auch aus Nächstenliebe tut.

Sein neuester Tanzschritt: »256.000 junge Männer aus der Ukraine, im wehrfähigen Alter, leben derzeit in Deutschland. Wie sollen wir uns als Behörden dazu verhalten? Ich bin weiter für die Lieferung von Waffen, aber was ist mit Wehrpflicht und Soldaten?« In die Welt gesetzt hat er die »sehr bedrückende Frage« auf X. Ohne Hintergedanken natürlich. Man wird ja wohl noch fragen dürfen. 256.000 Menschen, die sich Besseres vorstellen können, als fürs Vaterland zu sterben? Bodo in Sorge.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Roland Winkler aus Aue (16. Juli 2024 um 14:19 Uhr)
    Der linke Bodo scheut sich wahrlich vor keiner Frage, die etwas heikel ist. Er stellt die Frage offen und frei, wie sollen wir uns verhalten, wenn junge wehrpflichtige Ukrainer bei uns im Lande Aufenthalt bekommen. Für Waffenlieferung ist er freilich, der Bodo. Scharfsinnig wie der Mann ist, fragt er nach der Wehrpflicht und den Soldaten. Es gibt recht viele, die sich dazu konkret und mit Sicht auf Ukrainer nicht gern klar aussprechen. Der Bodo macht keinen Bogen drumherum. Er fragt nur, gibt keine staatsmännische Antwort darauf. Angesichts solcher Linker wie dem Bodo sollte uns eigentlich mal einfallen, wie wir dazu stehen. Der linke Ministerpräsident dürfte von einem Karl Liebknecht und dessen Antworten zum Krieg kaum je etwas gelesen oder gehört haben. Für uns hat die Sache etwas mit Klassenstandpunkt zu tun, d. h., wo gehören wir hin, woher kommen wir, welcher Platz ist uns in dieser Gesellschaft zugewiesen. Seit Liebknecht wissen wir, erfahren es tagtäglich mehr oder weniger bewusst:
    Kapital hat kein Vaterland, Arbeiter hat kein Vaterland. Kapital handelt bedingungslos und ohne jeden Skrupel danach. Zwei Weltkriege haben es bewiesen, die Gegenwart beweist es.
    Geht es um die Kriegs- und Rüstungsprofite, dann spielen die eignen Sanktionen und alles Freiheits- und Menschenrechtsgelaber keine Rolle mehr. Die Geschäfte werden selbst mit dem größten Feind und Kriegsgegner gemacht. Liebknecht hatte die Antwort; keinen Mann, keinen Pfennig für den Krieg. In der Konsequenz kann uns nur jeder Ukrainer in Deutschland, der nicht gegen Russland in den Krieg zieht, willkommen sein. Die Russen, die sich dem Krieg entziehen, müssen wir konsequenterweise ebenso sehen. Das große Problem an der Sache ist; in Russland wie in der Ukraine ist sich die arbeitende Klasse ihrer Rolle, Solidarität, ihrer Stellung nicht bewusst. Sie ist nicht politisch organisiert in einem Grade, dass sie auch als friedensschaffende Kraft wirksam werden könnte. Von einem Bodo Ramelow etwas Friedensstiftendes zu erwarten, ist absolute Illusion. Wo sind die friedensbewegten Kräfte, die sich der wesentlichen Frage von Krieg und Frieden wieder bewusstwerden, im Geiste von Liebknecht den Frieden erzwingen?
  • Leserbrief von Holger K. aus Frankfurt (11. Juli 2024 um 14:15 Uhr)
    Vielleicht hat ja San Bodo zu viel in der Bibel und da im AT genascht und sich da an dessen Exodus berauscht. Möglicherweise wittert er in der Ukraine das gelobte Land, in das die zuvor Asylsuchenden gefälligst zurückkehren sollen. Könnt allerdings auch sein, dass er einer der politischen Vorreiter des Rauswurfs der hierher geflüchteten Ukrainer ist. Etliche der hiesigen Staatsfiguren träumen ja schon von einem solchen Schritt, zunächst »nur« überlegend, dann etwas später auch ausführend. Ramelow sagt sich ggf. »dabei sein ist alles«, nur ja nicht den Zug verpassen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wenn derlei Sauerei umgesetzt wird. Irgendeinen Vorwand, irgend einen Anlass wird sich dann schon finden, es sei denn in der hiesigen Bevölkerung erfolgt Widerstand gegen derlei Pläne.
  • Leserbrief von Dr. Kai Merkel aus Wuppertal (11. Juli 2024 um 11:24 Uhr)
    Wegen diesem %$&$ … bin ich u. a. vor einem Jahr aus der Partei Die Linke ausgetreten. Wie glaubwürdig kann eine sogenannte »proggresive«, linke »Friedens«-Partei sein, die sich einen Ministerpräsidenten leistet, welcher Kriegsflüchtlinge »zurück an die Front« schicken will??!! (Für die allgemeine Wehrpflicht und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete hat er sich ja schon früher ausgesprochen.) Wo bleibt der Widerspruch aus dem (ja ohnehin ähnlich denkenden) linken Parteivorstand? Darauf kann man lange warten, ist ja nicht Sahra Wagenknecht. Doppelmoral eben. Gleichzeitig brachte Die Linke mit Carola Rackete eine Spitzenkandidaten ins Europaparlament, welche Flüchtlinge aus dem Mittelmeer rettet und für offene Grenzen wirbt. Will Bodo diese dann auch als neues Kanonenfutter nach Kiew, oder in andere Kriegsgebiete schicken?! Wie wäre es mit einer Deutschen Fremdenlegion? (sic). Bodo kann Flüchtlingen ja das Bleiberecht versprechen, wenn die in der Ukraine für die »Freiheit des Westens«, oder andere geopolitische Interessen verschleiernde Phrasen den Heldentod (sic) sterben. Wie tief kann diese Partei noch sinken? Und mit solchen Aussagen will Die Linke in Thürigen in den Wahlkampf einsteigen? Lol. Immerhin geht man den Weg der »disruptiven Erneuerung« (zur zweiten grünen transatlantischen Kriegspartei) konsequent weiter. Auf Bodo ist Verlass. Der Letzte macht dann das Licht aus.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Peter S. aus Berlin (11. Juli 2024 um 07:55 Uhr)
    »256.000 Menschen, die sich Besseres vorstellen können, als fürs Vaterland zu sterben? Bodo in Sorge.« Das ist bestimmt die vielbeschriebene christlich-evangelische Nächstenliebe. Oder befürchtet er, dass seine eigenen Kinder und Enkel ein schlechtes Vorbild erblicken könnten, womöglich sogar darüber nachdenken, ob es das Vaterland ist oder doch jemand Anderes, der Kriegsprofite einstreicht? Man weiß es nicht …
  • Leserbrief von Hans Wiepert aus Berlin (11. Juli 2024 um 01:39 Uhr)
    Der Joe Biden von Erfurt weiß also nicht so recht, ob er Menschen, die vor Krieg flüchten, nicht doch zum Kanonenfutter degradieren will. Bei der Fußball-EM wurde medial kürzlich die Vokabel »Spielermaterial« diskutiert. Bodo Ballermann legt noch einen drauf und möchte einem anderen Komiker (Selenskij) gleich mal Menschenmaterial ausliefern. Oder vielleicht auch nicht. Der dämmernde Ministerpräsident ließ im letzten Wahlkampf allen Ernstes »Bodo oder Barberei« plakatieren. Wer immer das sein mag – dann lieber diese Barbara …
  • Leserbrief von Peter Balluff aus Vöhl (10. Juli 2024 um 20:25 Uhr)
    Bodo hat noch nicht erkannt, dass es nicht der Krieg der 250.000 Ukrainer und der 200.000 Russen ist, die in den Westen geflohen sind, sondern der Krieg der NATO, der EU, der multinationalen Konzerne und der Oligarchen der ganzen Welt, die auf eine Neuordnung der Welt hinarbeiten und dafür soll Mann/Frau auf dem Schlachtfeld sterben … ? Wenn Bodo sich jetzt aber meldet, um freiwillig den Don Quijote im Olivgrün an der Front gegen Osten zu machen, melde ich mich als sein Sancho Panza.

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