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Aus: Ausgabe vom 18.07.2024, Seite 6 / Ausland
AMIA-Anschlag

30 Jahre ungelöst

Argentinien: Anschlag auf jüdisches Zentrum
Von Knut Mellenthin
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Für die neue argentinische Ultrarechtsregierung ist klar: »Das war das Werk Irans« (Buenos Aires, 18.7.1994)

Am 18. Juli 1994 wurde das siebenstöckige Gebäude der AMIA (Asociación Mutual Israelita Argentina – eine Art Sozialversicherung) in Buenos Aires durch eine Bombe zum Einsturz gebracht. Unter den Trümmern starben 85 Menschen, 300 wurden verletzt. In dem Haus befanden sich auch die Büros mehrerer anderer jüdischer Organisationen und ein Gemeindezentrum. Das Gebäude hatte eine zentrale Bedeutung für die argentinischen Juden – mit zwischen 200.000 und 300.000 Menschen die größte jüdische Gemeinschaft Lateinamerikas. Zugleich leben in Argentinien auch viele Einwanderer aus dem Libanon und anderen arabischen Staaten des Nahen Ostens.

Zwei Jahre zuvor, am 17. März 1992, waren bei einem Anschlag auf Israels Botschaft in der argentinischen Hauptstadt 29 Menschen getötet worden. Die USA und Israel machten für beide Anschläge namentlich genannte Personen des iranischen Staatsapparats verantwortlich. Die Bundesregierung steuerte einen aus dem Iran in die BRD geflüchteten Kronzeugen bei, der genau zu wissen behauptete, dass das Attentat gegen das AMIA-Gebäude in einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrat der Islamischen Republik beschlossen worden sei. Interpol stellte auf Antrag Haftbefehle aus. Geklärt und bewiesen wurde jedoch bis heute nichts.

Die New York Times berichtete am 22. Juli 2022 von einer aktuellen Einschätzung des Mossad, demzufolge der Anschlag von der Hisbollah durchgeführt worden sei – als Rache für die Ermordung eines ihrer Führungsmitglieder durch Israel am 16. Februar 1992. Irans Geheimdienst habe die Tat vermutlich gebilligt und finanziert, aber keine organisierende oder direkt beteiligte Rolle gespielt. Auch dafür gibt es keine Beweise. Trotzdem urteilte ein argentinisches Gericht im April dieses Jahres, der Anschlag sei vom Iran »angeordnet« worden. Verantwortlich dafür sei der damalige iranische Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani gewesen, der 2017 starb.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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