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Aus: Ausgabe vom 23.07.2024, Seite 2 / Ausland
Rückzug Bidens

US-Wahlzirkus neu eröffnet

Nach Rückzug Bidens setzten sich führende Demokraten für Harris ein
Von Arnold Schölzel
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Wird sie die offizielle Präsidentschaftskandidatin der Democratic Party? US-Vizepräsidentin Kamala Harris (Washington, D. C., 4.7.2024)

Am Sonntag um 19.46 Uhr MESZ veröffentlichte US-Präsident Joseph Biden auf X einen Brief mit der Mitteilung, er werde bei den Wahlen am 5. November nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren. Wörtlich: »Obwohl ich mich zur Wiederwahl stellen wollte, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich darauf verzichte und mich für den Rest meiner Präsidentschaft auf meine Aufgaben konzentriere.« Bis zum Montag nachmittag unterstützten zahlreiche führende Politiker der Demokratischen Partei, darunter alle 50 Chefs der Partei in den US-Bundesstaaten und Biden selbst, eine Kandidatur seiner Stellvertreterin Kamala Harris. Sie muss nun auf dem Parteitag der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago nominiert werden, was nicht als sicher gilt. Bereits am Sonntag rief ihr Wahlkampfstab Hunderte Delegierte an und forderte sie auf, sich zu Harris zu bekennen und keinen Gegenkandidaten zuzulassen. Innerhalb weniger Stunden gingen für sie laut einem Sprecher Bidens bis Montag knapp 50 Millionen US-Dollar Spenden ein.

Der auf dem Parteitag der Republikaner vergangene Woche in Milwaukee als Gegenkandidat Bidens proklamierte Expräsident Donald Trump ätzte wie gewohnt auf seiner Onlineplattform Truth Social gegen den Amtsinhaber: Sein Team habe Zeit und Geld in »den Kampf gegen den betrügerischen Joe Biden« gesteckt und müsse jetzt »wieder von vorn anfangen«. Und weiter: »Der korrupte Joe Biden war nicht in der Lage, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, und er ist sicherlich nicht in der Lage, das Amt zu bekleiden – und war es auch nie!« Sowie: »Es ist ein neuer Tag, und Joe Biden erinnert sich nicht daran, dass er gestern aus dem Rennen ausgestiegen ist!«

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte am Montag bei einem Besuch einer Gebirgsjägereinheit der Bundeswehr bei Bad Reichenhall, Biden habe »sehr dazu beigetragen, dass die transatlantische Zusammenarbeit einen großen Fortschritt gemacht hat«. Landes- und Bündnisverteidigung gelinge nur zusammen, »und es wird auch in Zukunft nur zusammen gelingen«. Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte »tiefe Hochachtung« für Bidens Entscheidung, CDU-Chef Friedrich Merz zollte ihr »größten Respekt«.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (23. Juli 2024 um 15:00 Uhr)
    Eine weitere wichtige Frage: Wenn Joe Biden als Kandidat für die nächste Präsidentschaftswahl nicht geeignet ist, warum tritt er dann nicht auch als Präsident zurück? Warum hält man ihn für das aktuelle Amt noch für geeignet?
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (23. Juli 2024 um 09:58 Uhr)
    Natürlich spielt es eine Rolle, wer in den USA Präsident wird. Noch wichtiger wäre jedoch herauszufinden, wer im Hintergrund tatsächlich die Fäden zieht und die Geschicke des Landes lenkt.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich Kral aus Potsdam (24. Juli 2024 um 08:10 Uhr)
      Wer im Hintergrund die Fäden zieht, sollte jedem, der ein wenig politische Bildung besitzt, sonnenklar sein. Sie widersprechen sich mit dieser Frage selbst, denn wenn es so ist, wie Sie vermuten, ist es völlig egal, wer auf dem Thron Platz nimmt.
      • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (25. Juli 2024 um 11:49 Uhr)
        Lieber Herr Kral, herzlichen Dank für Ihre aufschlussreiche Antwort. Ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie mich aus meiner Unwissenheit erleuchtet haben. Es scheint, dass ich in meiner naiven Vorstellung tatsächlich geglaubt habe, die demokratischen Prozesse und Wahlen in den USA hätten noch irgendeine Bedeutung. Es ist beruhigend zu wissen, dass unsere politische Bildung uns lehrt, dass die Marionettenspieler im Hintergrund die wahre Macht innehaben und das Geschehen lenken. Vielleicht könnten Sie mir, als politisch Gebildeter, noch ein wenig Nachhilfe geben? Wer genau sind denn diese geheimen Drahtzieher, die alles kontrollieren? Ich möchte doch nicht weiterhin im Dunkeln tappen und bei der nächsten Diskussion völlig unvorbereitet dastehen.
    • Leserbrief von B.S. aus Ammerland (23. Juli 2024 um 11:53 Uhr)
      Die »üblichen Verdächtigen« … die rechtslastigen US-Milliardäre, der Militärisch-Industrielle Komplex, Pentagon, NSA/CIA/FBI, Banken und Versicherungen. Dazu stoßen rechte evangelische Sekten, Abtreibungsgegner, Sozialdarwinisten und der große Teil der ungebildeten Masse. Alles zusammen reicht aus, um solche Charaktere an die Macht zu bringen bzw. sich von ihnen drangsalieren zu lassen.