Abmeldungen vom Schulessen
Von Gudrun GieseIm Land Brandenburg sitzen etliche Kinder hungrig am Tisch, wenn andere ihr Mittagessen in der Kita, im Hort oder in der Grundschule bekommen. Den Eltern ist der Preis für die Speisung zu hoch, und viele, die wegen ihres Anspruchs auf Bürger- oder Wohngeld nicht dafür zahlen müssten, schrecken vor den bürokratischen Hürden zurück.
Im März 2023 beantragte deshalb die Brandenburger Landtagsfraktion Die Linke die Einführung eines kostenlosen Mittagessens für alle in Kita, Hort und Schule. Die Regierungsfraktionen SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Antrag ab. Die damalige Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) verwies auf die Zuständigkeit der Schulträger, in den meisten Fällen seien das die Kommunen.
Abgeordnete der drei Fraktionen nannten damals eher diffuse Gründe für ihre Ablehnung. Kalt gelassen hatte kaum jemanden im Landtag der vorangegangene Bericht von Kathrin Dannenberg aus der Linken-Fraktion. Immer mehr Eltern würden ihre Kinder in den Kitas von den Mahlzeiten abmelden. Sie säßen dann am Tisch und schauten den anderen beim Essen zu. Das sei eine pädagogische und menschliche Katastrophe, die einfach beendet werden könnte, indem das Land die Kosten übernähme.
Die Möglichkeit für Bürger- und Wohngeldempfänger, sich von den Essensgebühren befreien zu lassen, würde zu selten genutzt, weil die bürokratischen Hürden für sie zu hoch seien, hatten mehrere Potsdamer Sozialverbände an den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Mike Schubert (SPD), geschrieben. Oft scheiterten sie an Verständnisproblemen beim Ausfüllen des Antrages. Und wer die Aufgabe bewältigt habe, müsse bis zu einem halben Jahr auf die Bewilligung warten. Während dieser Zeit hätten sie dann eben doch für die Kosten aufzukommen. In der Konsequenz kann in Stadtvierteln mit vielen Bürgergeldempfängern nur eine Minderheit der Kinder am Schulessen teilnehmen. Nach Auskunft der Sozialverbände waren das etwa nur zehn Prozent der Jugendlichen auf der Gesamtschule »Am Schilfhof«.
Die Fraktion Die Linke wollte mit ihrem Antrag auf kostenloses Mittagessen in Kita, Hort und Schule erreichen, dass sich niemand als Bittsteller fühlen muss. Profitiert hätten auch Familien mit geringen Einkommen, die ihren Kindern das Essen nicht zahlen können, aber keinen Anspruch auf Befreiung haben. Auch wenn die Abgeordneten sich von Dannenbergs Bericht betroffen zeigten, den Antrag unterstützen wollten sie nicht. Die SPD-Bildungspolitikerin Elske Hildebrandt wies auf Maßnahmen zur finanziellen Entlastung wie den Wegfall von Kitabeiträgen für Haushalte mit geringen Einkommen hin. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Kristy Augustin, erklärte die damals erst angekündigte Kindergrundsicherung zum geeigneten Instrument der Hilfe für ärmere Familien.
Immerhin hat Potsdam zwischenzeitlich die Kosten für das Schulessen gedeckelt, wie Antenne Brandenburg am 17. Juli berichtete. Als Höchstgrenze wurden 3,90 Euro pro Mahlzeit bis zum Ende des kommenden Schuljahres festgesetzt. Zur Finanzierung werden nach Angaben von Oberbürgermeister Schubert nicht verbrauchte Mittel aus 2023/24 in das Haushaltsjahr 2025 übertragen.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (25. Juli 2024 um 20:41 Uhr)Das Krasse ist, dass Grundschulen, eben auch die Lehrerinnen, und Kitas, eben auch die Erzieher, das anscheinend mitspielen. Die Verrohung der Gesellschaft ist doch weiter vorgeschritten, als ich mir oft klarmache.
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