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Aus: Ausgabe vom 31.07.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Öffentlich-private Partnerschaft kostet Berlin mehrere Milliarden

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Neubau einer Grundschule in Berlin-Kreuzberg

Die Organisation Gemeingut in BürgerInnenhand kritisierte am Montag den Schulbau durch den Howoge-Konzern in Berlin:

Gemeingut in BürgerInnenhand begrüßte, dass Bausenator Christian Gaebler Einsparpotentiale im Berliner Schulbau prüfen möchte. Dazu Carl Waßmuth, Sprecher von Gemeingut: »Ein kurzer Blick auf die Kosten pro Schulplatz zeigt, dass die Howoge-Schulen vier- bis sechsfach teurer sind als der Bau durch die Bezirke, in Einzelfällen sogar zehnmal teurer. Gleichzeitig ist das Schulbauprogramm der sogenannten Berliner Schulbauoffensive überdimensioniert: Statt 86.000 werden nur insgesamt 55.000 Schulplätze benötigt. Davon haben Land und Bezirke das meiste schon fertig.«

Gemeingut begleitet die Berliner Schulbauoffensive (BSO) seit 2016 kritisch. Insbesondere wies der Verein darauf hin, dass die Auslagerung an die Wohnungsbaugesellschaft Howoge eine öffentlich-private Partnerschaft ist und erhebliche Risiken birgt. Vergangenes Jahr deckte die Initiative auf, dass für Howoge-Schulen insgesamt 11,7 Milliarden Euro ausgegeben werden sollen, statt wie ursprünglich angegeben eine Milliarde – für dieselbe Anzahl von Schulplätzen. Carl Waßmuth weiter: »Lässt der Senat die Howoge gewähren, gehen Berlin über zehn Milliarden Euro verloren, ohne jeden Mehrwert, einfach als Geschenk an die Bauindustrie und die Banken. Die auf diesem Weg geschaffenen Schulplätze benötigt Berlin nicht mehr, wenn sie fertig werden – ab 2030 gehen die Schülerzahlen zurück. Wir brauchen jetzt schnelle Hilfe für übervolle und marode Schulen. Das können die Bezirke am besten – aber denen wird das Geld dazu verweigert.«

Die Aktionsgruppe »Schluss mit Kliniksterben in Bayern« beklagte am Dienstag dramatische Erosionen in der Kliniklandschaft des Freistaats:

Die Krankenhäuser in Bayern sind akut bedroht. Der 31. Juli wird ein schlimmer Tag für die klinische Versorgung in Bayern. Die Aktionsgruppe »Schluss mit Kliniksterben in Bayern« beklagt konkret:

– Am 31. Juli 2024 schließt die Helios-Klinik in Hammelburg. Gut 8.400 EinwohnerInnen sind von einer stationären klinischen Versorgung einschließlich Notfallversorgung abgeschnitten.

– Am 31. Juli 2024 schließt das Krankenhaus Wegscheid seine stationäre Chirurgie und stationäre Notfallversorgung. Betroffen sind gut 20.000 EinwohnerInnen mit Entfernungen von mehr als 30 Fahrzeitminuten zum nächstgelegenen Allgemeinkrankenhaus mit Notfallversorgung.

Zusätzlich wurde eine geplante Klinikschließung noch im Jahr 2024 bekannt:

– Zum 31. Dezember 2024 schließt das St. Josef Krankenhaus mit immerhin 272 Klinikbetten in Schweinfurt. 29 der klinischen Betten in Schweinfurt und Umgebung sowie 800 klinische Arbeitsplätze fallen der Schließung zum Opfer. (…)

In Bayern erhöht sich mit den neuen Klinikschließungen und Teilschließungen die Anzahl der Regionen mit mangelnder Erreichbarkeit eines Allgemeinkrankenhauses einschließlich stationärer Basisnotfallversorgung binnen 30 Fahrzeitminuten. Eine Zählung der Aktionsgruppe »Schluss mit Kliniksterben in Bayern« ermittelt mittlerweile 145 betroffene Postleitzahlregionen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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