75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Dienstag, 17. September 2024, Nr. 217
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 31.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Pharmaindustrie

Wachstumsmotor Generika

Indien: Ausfuhren der Pharmaindustrie auf Rekordniveau. Das Land hält große Marktanteile in den USA und bei Impfstoffen
Von Thomas Berger
INDIA-PHARMACEUTICALS-LUPIN.JPG
Pillenproduktion in Verna, Indien

Früher wurde die BRD als »Apotheke der Welt« bezeichnet, heute ist es Indien. Im Geschäftsjahr 2023/2024, das am 31. März endete, hat das bevölkerungsreichste Land der Erde Medikamente im Wert von 27,8 Milliarden US-Dollar exportiert, ein Anstieg um 9,6 Prozent im Vergleich zum vorigen Finanzjahr. Für 2024/2025 werden Ausfuhren im Wert von 31 Milliarden US-Dollar erwartet, was ein Plus von 11,6 Prozentpunkten bedeuten würde, erklärte Finanzministerin Nirmala Sitharaman bei der Vorstellung von Wirtschaftszahlen am 23. Juli im Parlament.

Die Pharmaexporte sind Sitharamans Angaben zufolge in den vergangenen fünf Jahren um etwa die Hälfte gewachsen und machten zuletzt 6,4 Prozent aller indischen Exporte aus. Kaum ein anderer Sektor der boomenden Wirtschaft hat ähnlich hohe Wachstumszahlen. Und der Kostendruck in den Gesundheitssystemen der Industrieländer kurbelt die Nachfrage nach billigen Generika aus Indien weiter an. Wie die Ökonomin aus der Regierungspartei bei der Vorstellung ihres Wirtschaftsberichts erklärte, läuft neben der Produktion auch die Forschung auf Hochtouren.

Wie zur Bestätigung sorgte bald nach dem Parlamentstermin ein Forschungsergebnis für Schlagzeilen: Das Land könnte schon 2026 über einen zugelassenen Impfstoff gegen Denguefieber verfügen. Das Unternehmen Indian Immunologicals (IIL) hat Phase eins der klinischen Tests erfolgreich abgeschlossen und hofft auf Zulassung des Impfstoffs innerhalb von zwei Jahren, wie Firmenchef K. Anand Kumar im Business Standard erklärte. Im vergangenen Jahr wurden in Indien knapp 290.000 Dengue-Fälle erfasst, beinahe doppelt so viele wie 2019 (157.000). Mindestens 485 Menschen starben im Vorjahr an einer Infektion. 2024 gab es bisher 16 Todesfälle. Die Hauptsaison für die von Mücken übertragene Plage steht aber noch bevor.

Mit oder ohne Dengueimpfstoff peilt Indiens Pharmaindustrie für die kommenden Jahre zweistellige Wachstumsraten an, wie Ravi Uday Bhaskar, Generaldirektor des Exportverbandes Pharmaceuticals Export Promotion Council of India (Pharmexcil), in diesen Tagen erklärte. Der Dachverband wolle in nächster Zeit vor allem die Ausfuhren nach Lateinamerika erhöhen, die derzeit etwa sieben Prozent der Exporte ausmachten, erklärte die Times of India, einstweilen ist der Schlüsselmarkt aber in den USA. Rund 30 Prozent der Pharmaexporte werden dorthin ausgeführt, berichtete Zee Business. In den Vereinigten Staaten kämen mittlerweile 47 Prozent aller Medikamente aus Indien, bei manchen Präparatgruppen seien es über 60 Prozent.

Wie das Wirtschaftsmagazin weiter schrieb, lag der Marktanteil von Arzneimitteln aus heimischer Produktion in den USA zuletzt nur noch bei 30 Prozent (2022, neuere Zahlen liegen noch nicht vor). Indische Generika hätten dem US-Gesundheitswesen zwischen 2013 und 2022 Einsparungen von 1,3 Billionen US-Dollar eingebracht, wenn man die Preise der Originalpräparate gegenrechne.

Ein Problem aber haben die indischen Hersteller: Sie sind bei bestimmten Komponenten stark von Importen abhängig, wie auch Finanzministerin Sitharaman vor dem Parlament erneut unterstrich. 70 Prozent der »aktiven pharmazeutischen Inhaltsstoffe« (API) stammten aus China, erklärte der Generalsekretär der Indian Pharmaceutical Alliance (IPA), Sudarshan Jain, zuletzt im Business Standard.

Indiens Pharmaindustrie produziert etwa 60.000 Produkte für 200 Länder. Bei Impfstoffen hat das Land einen globalen Anteil von 60 Prozent. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bedient sich bei ihren Impfkampagnen sogar zu 70 Prozent bei indischen Firmen, die einen guten Preis und verlässliche Lieferung garantieren. Jedoch gibt es zum Teil Lücken in der Qualitätskontrolle. So sanken 2023 die Exporte nach Afrika etwas, nachdem in Gambia und Usbekistan viele Kinder an verunreinigtem Hustensirup gestorben waren.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Schnell wenn es ums Unterschreiben geht: Die Staatschefs Mohamme...
    20.09.2023

    Seitenstraße zur Seidenstraße

    Plump aufdringliches Theater: IMEC soll Europa, Mittleren Osten und Indien verbinden. Beijing gelassen
  • Ein Angestellter in einer Produktionslinie zur Herstellung mecha...
    30.08.2023

    Chinas Exporte im Abschwung

    Coronapandemie nur ein Grund für Einbruch der Ausfuhren in Vereinigte Staaten
  • Reduktion der Abhängigkeit von traditionellen Handelsrouten und ...
    16.06.2022

    Kapitale Durchdringung

    »Lock-In« statt »Grand Strategy«. Chinas regionale Strategien in der Regulierung der transnationalen Ökonomie in Asien

Regio:

Mehr aus: Kapital & Arbeit