75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 19. September 2024, Nr. 219
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 02.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Samsung Electronics

Lohndrücker auf Siegerstraße

Südkorea: Während Arbeiter der Chipsparte von Samsung im unbefristeten Streik stehen, vermeldet der Elektronikkonzern einen 15fachen Gewinn
Von Martin Weiser, Seoul
9.JPG
In Formation und voller Montur: »Black Block« südkoreanischer Gewerkschafter (Hwaseong, 8.7.2024)

Der Profit von Samsung Electronics ist in die Höhe geschossen. Im zweiten Quartal des Jahres strich der südkoreanische Konzern den am Mittwoch veröffentlichten Zahlen zufolge umgerechnet einen Gewinn von ganzen sieben Milliarden Euro (10,44 Billionen Won) ein, fast 15mal mehr als im Vorjahreszeitraum. Im vorherigen Quartal waren es noch umgerechnet 4,5 Milliarden Euro gewesen. Etwa zwei Drittel der Profite kamen diesmal aus der Chipbranche, ein Viertel aus der Mobil- und Elektronikartikelsparte. Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap berichtete stolz, die ohnehin hohen Erwartungen von Marktbeobachtern seien sogar noch um ein ganzes Prozent übertroffen worden.

Unterdessen befinden sich organisierte Arbeiter des Konzerns weiterhin im unbefristeten Streik. Samsung hatte sich größeren Lohnerhöhungen und Bonuszahlungen im vergangenen Jahr mit Verweis auf die »kleinen« Milliardengewinne gerade im Chipsektor verweigert. Angesichts der Gewinnsteigerung von 1.500 Prozent sollte ihm das jetzt schwerer fallen. Noch am Mittwoch ging auch die zehnte Verhandlungsrunde mit der Gewerkschaft National Samsung Electronics Union (NSEU) zu Ende, die seit Montag lief. Von früh um zehn bis halb sieben traf man sich, der Konzern wollte aber trotz der guten Zahlen nicht einlenken. Dabei scheint dieses Quartal nur der Auftakt für neue Rekordgewinne zu sein. In der zweiten Hälfte des Jahres soll eine neue Chipreihe in die Massenfertigung gehen, die besonders bei Anwendungen der sogenannten künstlichen Intelligenz gebraucht wird und für Jahre wieder stabile Maximalgewinne garantiert.

NSEU warf dem Unternehmen vor, nicht ernsthaft an Gesprächen interessiert zu sein. Donnerstag früh hielt sie deswegen vor dem Haus von Konzernchef Kim Jae Jun eine Pressekonferenz ab. Der hatte schließlich vor einigen Jahren erklärt, die Unterdrückung der Gewerkschaften beenden zu wollen. Um tumulthafte Zustände und am Ende noch ein Eingreifen der Polizei zu vermeiden, wurden die Mitglieder allerdings gebeten, fernzubleiben: So standen dann nur etwa zehn Leute aus der NSEU-Führungsriege in Kims Auffahrt und hielten Protestschilder in die Höhe. Die Gewerkschafter kritisierten dabei, die Streikenden würden auf eine schwarze Liste gesetzt. Der Konzernchef schaue sich lieber die Olympischen Spiele in Paris an, als mit ihnen zu verhandeln.

Der Unmut der Arbeiterschaft über die Knausrigkeit des Konzerns trotz riesiger Gewinne zeigt sich im starken Zulauf bei der Gewerkschaft. Traten im Juli bereits mehr als 8.000 Samsung-Kollegen ein, sind aktuell bereits mehr als 36.000 der 125.000 Arbeiter organisiert. Doch der Konzern setzt wohl auf eine veränderte öffentliche Wahrnehmung des Arbeitskampfes, welcher der NSEU den Wind aus den Segeln nimmt. Samsung lässt zwar verlautbaren, der Streik habe keine nennenswerten Auswirkungen auf die Produktion. Doch angesichts der wachsenden Beteiligung und der Dauer des Arbeitskampfes dürfte die Sorge bei den Konservativen wachsen, das Zugpferd der südkoreanischen Wirtschaft könne ins Straucheln kommen.

Noch wird der Ausstand zum größten Teil von Arbeitern der Halbleitersparte getragen. Doch auch Kollegen aus der Smartphonesparte könnten bald dazustoßen: Den Quartalszahlen zufolge rutschte dort der Gewinn um ein Viertel nach unten. Nichts Dramatisches, doch wohl ein guter Anlass für die Bosse, Löhne und Boni zu drücken. Mit den starken Verkaufszahlen des neuesten Smartphones dürfte sich aber auch diese Argumentation nicht lange halten lassen. Die Belegschaft in der Chipsparte zeigt sich weiterhin entschlossen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • An den ersten zwei Streiktagen wuchs die Zahl der Gewerkschaftsm...
    11.07.2024

    Eskalation bei Samsung

    Erster Streik in der Geschichte des südkoreanischen Elektronikkonzerns soll unbefristet fortgesetzt werden. Gegenseite zeigt keine Verhandlungsbereitschaft
  • Der Kranich steht im Hintergrund: Bis 2027 könnte ITA vollständi...
    06.07.2024

    Lufthansa spreizt die Flügel

    BRD-Fluggesellschaft kann ersten Schritt der Übernahme der italienischen ITA Airways gehen. Regierung und Gewerkschaft feiern die Expansion

Mehr aus: Kapital & Arbeit