Bangladesch startet neu
Von Thomas BergerEine solch dramatische Wendung der Ereignisse hatte wohl niemand auf dem Schirm gehabt: Wie als erste indische Medien berichteten und später bestätigt wurde, ist am Montag Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina Wajed zurückgetreten und außer Landes geflohen. Wie es hieß, sei sie zunächst per Wagenkolonne, dann mittels Hubschrauber »an einen sicheren Ort« gebracht worden. In der Hauptstadt Dhaka ist damit die seit Wochen angespannte Lage endgültig gekippt. Zuletzt hatte die von Studierenden angeführte Protestbewegung zu Wochenbeginn ungeachtet erneut verhängter Ausgangssperre und Internetabschaltung zum machtvollen »Marsch auf Dhaka« aufgerufen. Das Ziel: Sturz der Regierung. Der erfolgte nun überraschend schnell. Vorläufig erklärte Armeechef Waker-uz-Zaman in einer sogenannten Rede an die Nation, die Kontrolle übernommen zu haben. Er will für die Bildung einer Übergangsregierung politische Opposition und Führer der Zivilgesellschaft einbeziehen. Die bislang regierende sozialliberale Awami-Liga (AL) soll offenbar keine Rolle dabei spielen.
Hasina, seit Jahrzehnten eine der prägenden Persönlichkeiten des südasiatischen Landes, hatte zuletzt seit 2009 die Regierung angeführt und war erst im Januar in eine weitere Amtszeit gestartet. Die Opposition, dominiert vom rechtskonservativ-islamistischen Block um die Bangladesh Nationalist Party (BNP) von Hasinas langjährig wichtigster Gegenspielerin Begum Khaleda Zia und die Jamaat-e-Islami (JI), hatte zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Generell waren schon seit Jahren zunehmend autoritäre Tendenzen beklagt worden.
Das spielte im Hintergrund auch eine Rolle, als im Juli Zehntausende Studierende auf den Straßen von Dhaka, Chittagong und anderen Städten das Ende eines nach einem Gerichtsurteil wiedereingeführten Quotensystems für Jobs im öffentlichen Dienst forderten. Wichtigster Aufreger waren 30 Prozent Reservierung für die Nachfahren von Freiheitskämpfern aus dem Unabhängigkeitskrieg 1971 – wovon eher regierungstreue Familien profitierten. Zwar kassierte der Supreme Court in einem finalen Urteil die Quote bis auf einen minimalen Rest. Die aufgebrachte junge Generation wollte nun aber Gerechtigkeit für Polizeigewalt, Tote und Verhaftete. Obwohl Hasina mit der Freilassung von Gefangenen und einem Dialogangebot reagiert hatte, stand ein Sturz der Regierung seit dem Wochenende im Vordergrund. Erneut eskalierte vielerorts die Polizeigewalt, aus 91 Toten bis Sonntag abend wurden am Montag über 300. Nach Hasinas Flucht wurde ihre Residenz gestürmt, Menschenmassen feierten in der ganzen Innenstadt.
Der nunmehr starke Mann in Dhaka, Waker-uz-Zaman, war erst am 23. Juni zum neuen Armeechef ernannt worden. Der 57jährige Viersternegeneral kann eine beeindruckende militärische Karriere über fast vier Jahrzehnte vorweisen. Darüber hinaus ist er ein unbeschriebenes Blatt, was seine neue Rolle als möglicherweise zentrale Figur in der fragilen Zeit eines politisch-gesellschaftlichen Neustarts betrifft. Dieser ist eine heikle Sache: Politische Grundfehden zwischen den beiden zentralen politischen Lagern bestehen seit mehr als 50 Jahren. Die früher mit Hasinas AL verbündete Linke hatte sich bereits von ihr abgewandt, so forderte zuletzt auch die Kommunistische Partei (PCB) ihren Rücktritt.
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