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Aus: Ausgabe vom 06.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Argentinien

Milei schafft Goldreserven ins Ausland

Regierung lässt Rücklagen der Zentralbank aus dem Land bringen. Opposition erfuhr das auf Anfrage
Von Frederic Schnatterer, Buenos Aires
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Es scheint so, als habe da jemand das güldene Depot geplündert (Buenos Aires, 11.12.2023)

Die Frage hat es in sich: Wo befinden sich die Goldreserven der argentinischen Zentralbank? Ende Juli musste die rechte Regierung des südamerikanischen Landes zugeben, einen Teil ihrer Reserven ins Ausland geschafft zu haben. Um wieviel genau es sich handelt, ließ sie offen. Ebenso, welchen Zweck sie damit verfolgt. Oder, wo das Gold nun eingelagert ist. Fragen, die die Opposition in Argentinien beunruhigen. Doch die Regierung bringt das nicht aus der Ruhe. Wie unter anderem El Cronista meldete, sollte am Montag eine weitere Charge Gold aus dem Staatsbesitz eine Reise über den Atlantik antreten. Die Barren hatten demnach einen Gegenwert von rund 250 Millionen US-Dollar und gingen nach London. Damit würde, so El Cronista, der Gesamtwert der im Ausland gelagerten argentinischen Goldreserven auf eine Milliarde US-Dollar steigen.

Insgesamt verfügt die argentinische Zentralbank über Goldreserven im Wert von rund 4,5 Milliarden US-Dollar. Mitte Juli stellte der oppositionelle Abgeordnete Sergio Palazzo eine offizielle Anfrage zu möglichen Goldbewegungen. Wenige Tage später bestätigte Wirtschaftsminister Luis Caputo gegenüber La Nación den Schritt, den er als »sehr positiv« bewertete. Liege das Gold bei der Zentralbank, sei das wie eine Immobilie zu besitzen, die man für nichts verwenden könne. Liege das Gold aber woanders, »kann man damit Renditen erzielen«. Wie die zustande kommen sollen, erklärte er nicht.

Bei den im Juli bekanntgewordenen Fällen handelte es sich Berichten zufolge um insgesamt zwei Operationen. Eine am 7. und eine am 28. Juni. Der Wert des ins Ausland geschafften Goldes beträgt demnach rund 450 Millionen US-Dollar. Die Sendungen seien zunächst bei der Bank of London eingelagert, letztlich aber für Basel in der Schweiz bestimmt, wo die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich sitzt. Dort könne das hinterlegte Edelmetall als Sicherheit genutzt werden. Die argentinische Regierung könne so leichter Devisen erhalten, hieß es. Eine solche Aktion wird »Repurchase Agreement« genannt. Darin dürfte der wahre Grund für den Schritt liegen: Argentinien leidet unter chronischem Devisenmangel. Ziel ist es, denn Wechselkurs des argentinischen Peso zu stabilisieren. Derzeit ist der US-Dollar dem inoffiziellen Wechselkurs zufolge rund 50 Prozent teurer als nach offiziellem.

Das anfängliche Schweigen der argentinischen Regierung führte zu Kritik. Mehrere Ökonomen warnten zudem, der Schritt könne im Falle einer Zahlungsunfähigkeit zum vollständigen Verlust der heimischen Goldreserven führen. Zudem gilt Gold im Vergleich zum US-Dollar als sicherere Anlage. Doch ist der Schritt auch aus einem weiteren Grund riskant. Sollte es hart auf hart kommen, könnten die Barren von einem englischen Gericht beschlagnahmt werden. Denn Argentinien befindet sich im Rechtsstreit mit internationalen Gläubigern. Grund dafür ist die Teilverstaatlichung des Erdölkonzerns YPF. Die damalige Regierung unter Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner vollführte diese im Jahr 2012 durch Enteignung der entsprechenden Anteile der spanischen Firma Repsol. Seitdem gehören 51 Prozent des Unternehmens dem argentinischen Staat. Ein Urteil dazu wird noch vor Jahresende erwartet.

Das Risiko, das Gold könne beschlagnahmt werden, ist real. So wurde die ARA »Libertad«, ein Segelschulschiff der argentinischen Seestreitkräfte, vor zwölf Jahren in Ghana festgesetzt. Anwälte des Investmentfonds NML Capital hatten von Buenos Aires damals die Begleichung von Schulden in Höhe von fast 300 Millionen US-Dollar plus Zinsen gefordert, die nach der heftigen Wirtschaftskrise 2001 offen geblieben waren. 2019 hinderte die Bank of England die venezolanische Regierung von Nicolás Maduro daran, auf die dort eingelagerten Goldreserven des Landes zuzugreifen. Es wurde argumentiert, es sei nicht abschließend geklärt, ob Maduro die rechtmäßige Regierung des Landes repräsentiere. Zuvor hatten mehrere westliche Staaten, darunter auch Großbritannien, mit Juan Guaidó einen Oppositionellen als Präsidenten anerkannt.

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