On the rocks
Von Jürgen RothIch sitze vor dem »Seven Bistro«. Wie geht mir das nach wie vor auf die Nerven, dass die deutschen Kloakenmedien aus der »klaren Ansage« (zdf.de) des deutschen Frauenhockeynationaltrainers Valentin Altenburg an seine Spielerin und Vertraute Anne Schröder einen Skandal – misogyner Ausfall! – zu stricken versuchten. In der ersten Viertelpause in der Partie gegen Frankreich hatte er gebellt: »Anne, halt jetzt die Fresse, und komm her! Das nervt mich, deine Körpersprache! Das ist von dir schlecht! Meine Güte, jetzt reiß dich zusammen!«
Wer jemals in einem Verein gespielt hat, weiß, dass auf und neben dem Platz und in der Kabine kein Raum für »Weicheigelaber« (»The Rock – Fels der Entscheidung«, Michael Bay, 1996) ist. Altenburg hat den gewöhnlichen, ab und zu eben angemessen forschen Ton angeschlagen.
Die Frankfurter Geringdenkerin ruft an und sagt, dieser »Telegrammkram« sei »ja soweit in Ordnung«, aber ich solle »wesentlich öfter« über was anderes als die ohnehin rettungslos verratzten Offizialmedien schreiben.
Die junge polnische, blonde Bedienung bringt mir während des Telefonats das zweite Gutmann – »Piwo dobre!« –, und ich beschließe daher, mir darüber im klaren zu werden, ob die niederländischen die deutschen oder die deutschen die niederländischen Hockeyfrauen ausstechen, also optisch betrachtet. Für die niederländischen spricht ein Rundumblick anhand der Livebilder, für die deutschen indes das Ergebnis einer präzisen Inspektion der Dokumentation »Die Danas – Der Hockeytraum von Olympia« (NDR 2024). Trümpfe, quasi Kreuz- und Pikbube: Horn und Oruz.
Mein Niederländisch ist verblasst und verbleicht, ich verstehe nur noch wenig von dem, was die Oranjes in Auszeiten daherreden. Die Germans können allerdings nahezu keinen Satz ohne »mega« und/oder »krass« formulieren (positive Ausnahme: Charlotte Stapenhorst, die einmal flucht: »Wo zur Hölle ist der Hockeygott?!«). Diesbezüglich ist der Film ein Offenbarungseid und so läuft’s zwecks finaler Gunstverteilung irgendwann auf ein Entscheidungsschaulaufen hinaus.
Der Große Malaka kreuzt auf, nimmt neben mir Platz und nennt mich plötzlich »der Herr«. Holla. Und er hat einen Stegreifkurzvortrag im Gepäck: »Ich jeden Tag eine Flasche Ouzo, dann ich kommen hier und trinken Bier. Aber musse trinken Bier mit dem Mund, nicht mit dem Arsch!«
Kein übler Ratschlag. Merke ich mir. Und mit Tom Bartels zu brabbeln: »Es ist ein Superprogramm hier«, im »Seven Bistro« on the rocks.
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