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Aus: Ausgabe vom 08.08.2024, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Großbritannien

Gewerkschaften gegen rechts

Großbritannien: Arbeiterorganisationen positionieren sich gegen rassistische Krawalle und Hetze. Gewerkschaftsmitglieder organisieren Protest
Von Dieter Reinisch
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Auch zahlreiche Linke, Gewerkschafter, Anwohner und Arbeiter sind dieser Tage auf der Straße – gegen Rassismus (Belfast am Sonntag)

Während rechte Krawalle weiterhin England und Nordirland überziehen, organisieren sich auch die Antifaschisten. Wie bereits am Sonnabend in Belfast werden Gegenproteste in Solidarität mit der muslimischen Bevölkerung überall dort organisiert, wo extrem Rechte Proteste ankündigen, oder wo es in der Nacht zuvor antimuslimische Ausschreitungen gab. Auch Anwohnerkomitees, linke Fußballfans und Aktivisten aus den Black-Lives-Matter-Protesten organisieren sich, um ihre Stadtviertel vor rechten Angriffen zu schützen.

Die Gegenproteste sind zumeist um einiges größer als die Kundgebungen der Rassisten. Dies war auch in Belfast am Wochenende der Fall, als sich mehr als 1.000 Menschen den wenigen hundert Faschisten aus Dublin und probritischen Loyalisten entgegenstellten. Die Gegenkundgebung vor dem Rathaus war führend organisiert von der linkssozialistischen Organisation »People Before Profit«, und die meisten anderen linken, kommunistischen und republikanischen Gruppen schlossen sich an.

So ist es auch zumeist in den anderen Städten. Eine wichtige Rolle bei den Protesten gegen die Gewalttäter spielen auch Gewerkschaftsmitglieder. Die britischen Arbeiterorganisationen stellten sich rasch und klar gegen die rechten Randalierer. In einer Stellungnahme kritisierte der Gewerkschaftsverband TUC, dass einige versuchen, »das tragische Ereignis in Southport zu nutzen, um zu spalten und Hass zu verbreiten«. Und weiter: »Rechtsextreme Schläger sind auf die Straßen von Southport, Hartlepool und London gegangen, um muslimische Gemeinschaften mit fremdenfeindlichem Hass anzugreifen und die Erinnerung an diejenigen zu zerstören, deren Leben so tragisch verkürzt wurde.«

Der TUC forderte auf, sich den Rechten entgegenzustellen: »Wir dürfen sie mit ihren Lügen und ihrer Spaltung nicht davonkommen lassen. Gewerkschaften waren schon immer das Herzstück der Bemühungen, Gemeinschaften zu vereinen und sich gegen Hass zu stellen.« Die Gewerkschaften arbeiteten mit ihren Mitgliedern »an Arbeitsplätzen im ganzen Land« zusammen, um »praktische Unterstützung und Solidarität zu bieten und die Narrative des Hasses zu besiegen«, erklärte der TUC und versprach, alles zu tun, damit die Arbeiterschaft durch die rechten Falschinformationen über Migranten nicht gespalten werden: »Einheit ist unsere Stärke, und wir werden fest gegen diejenigen stehen, die darauf abzielen, Arbeiter gegeneinander auszuspielen.«

Der Chef der Eisenbahngewerkschaft RMT, Mick Lynch, forderte im Gespräch mit der Irish News jedoch mehr aktive Involvierung von den Gewerkschaften: »In unserer Gesellschaft herrscht viel Spaltung, und es gibt Probleme, aber wie Sie in England sehen, haben Faschisten das ausgenutzt«, so Lynch. Die Gewerkschaftsbewegung müsse unter den arbeitenden Menschen aktiv sein und »unsere traditionellen Ideen von Solidarität und Einheit vermitteln«. Er erinnerte daran, dass die meisten Gewerkschaften eine »breitere Perspektive als nur ökonomische Forderungen« haben. Sie müssten zeigen, »dass sie sich gegen Rassismus, Islamophobie, Ausgrenzung und alles, was uns spaltet, zur Wehr setzen«.

Ähnlich Matt Wrack, Chef der Feuerwehrgewerkschaft FBU: »Wir stehen solidarisch an der Seite derjenigen, die Rassismus, Gewalt und Einschüchterung ausgesetzt sind, und wir stehen für die Einheit aller Arbeiter.« Die FBU forderte alle Regionalsekretäre auf, Kontakt zu lokalen Moscheen, Migrantengruppen und zivilgesellschaftlichen Organisationen aufzunehmen, um Unterstützung anzubieten: »Die Gewerkschaft hat eine stolze Geschichte der Mobilisierung gegen die extreme Rechte und muss dies auch weiterhin tun«, so Wrack.

In einem Kommentar auf der TUC-Homepage heißt es: »Wir werden diese Labour-Regierung drängen, schnell Ergebnisse für die arbeitende Bevölkerung zu erzielen. Denn der beste Weg, die rechte Politik zu besiegen, besteht darin, Arbeitsplätze, Lebensstandard und öffentliche Dienstleistungen zu verbessern

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