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Aus: Ausgabe vom 09.08.2024, Seite 1 / Titel
Rüstungsindustrie

Schneller in den Krieg

Neues Strategiepapier der Ampelkoalition sieht mehr staatliche Beteiligung bei Rüstungskonzernen vor: Mehr Geld, weniger Hürden
Von David Maiwald
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Süßer die Glocken nie klingen: Rheinmetall-Chef Armin Papperger freute sich am Donnerstag über erneut verdoppelten Betriebsgewinn

Die gute Nachricht: Die Ampelkoalition streitet nicht. Die schlechte: Weil sie den Krieg vorbereitet. Im »Deutschland-Tempo«. Ein Strategiepapier von Wirtschafts- und Verteidigungsministerium sieht mehr staatliche Beteiligung an Rüstungsunternehmen vor, der Entwurf dazu sei bereits »mit dem Kanzleramt, dem Finanz- und Außenministerium abgestimmt«, berichtete das Handelsblatt am Donnerstag. Die in Haushaltsfragen ach so zerstrittenen Koalitionspartner scheinen geschlossen strammzustehen, sobald es darum geht, den Krieg vorzubereiten. Keines der Ressorts konnte oder wollte sich am Donnerstag auf jW-Anfrage zu der Sache äußern. Auch der Regierung größte Waffenschmiede Rheinmetall lehnte eine Stellungnahme ab. Für den Düsseldorfer Konzern gab es am Donnerstag ohnehin genug Erfreuliches zu berichten.

Rheinmetall nämlich konnte seinen Betriebsgewinn auf 404 Millionen Euro erneut verdoppeln. Der Umsatz des Unternehmens stieg den Angaben zufolge im ersten Halbjahr auf rund 3,8 Milliarden Euro. Und die Waffenschmiede hat noch einiges vor. Das Volumen der Aufträge verdoppelte sich ebenfalls auf nunmehr 15,4 Milliarden Euro. »So stark sind wir noch nie gewachsen«, erklärte Rheinmetall-Chef Armin Papperger am Donnerstag. In den kommenden Jahren dürfte der Umsatz um rund zwei Milliarden Euro steigen, prognostizierte Papperger. Klar, was das für den Frieden in der Welt bedeutet. »Diese überaus positive Entwicklung ist nur möglich, weil wir früh investiert haben und seit 2014 – dem Jahr des Überfalls auf die Krim – einen strategischen Plan verfolgen.« Ach, so ist das.

Zivilklauseln in den Richtlinien zur Forschungsfinanzierung sollen laut Handelsblatt gestrichen werden. Bislang verhindern sie, dass militärische Forschung offen staatlich finanziert werden darf. Unbeteiligt ist die BRD deswegen aber nicht. Am schwäbischen Kriegstechnologieproduzenten Hensoldt hält der Bund seit 2020 25,1 Prozent Anteile. Das hatte die Bundesregierung unter Exkanzlerin Angela Merkel (CDU) im Jahr 2020 beschlossen, um »unfreundliche Mächte« aus den sogenannten Schlüsseltechnologien rauszuhalten, wie es damals hieß. Nun soll der Bund laut Handelsblatt zeitgleich mit US-Investor Carlyle in die U-Boot-Produktion bei der Werft von Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) in Kiel einsteigen. Über Verzweigungen von KfW-Bank und der Gesellschaft zur Beteiligungsverwaltung hält der deutsche Staat bereits 10,84 Prozent an Airbus, immerhin der zweitgrößte Rüstungskonzern innerhalb der EU.

Und nun will sich die Bundesregierung also noch stärker an der Kriegswaffenproduktion beteiligen. Vorhandene Schranken für die Unternehmen sollen außerdem so weit wie nur möglich abgebaut werden, heißt es. Die Rüstungswirtschaft werde kurzerhand zur Angelegenheit »von überragendem öffentlichem Interesse« erklärt, erfuhr das Handelsblatt aus »Regierungskreisen«. Militärische Güter zu entwickeln und herzustellen könnte für die Unternehmen dann, an üblichen Genehmigungsverfahren vorbei, deutlich schneller gehen. Und wachsen sollen sie ebenfalls: »Es sollen neue Fabriken für Waffen, Geräte und militärische Fahrzeuge in Deutschland entstehen und bereits existierende Werke rasch ausgebaut und vergrößert werden.« Als Blaupause dient der Regierung der beschleunigte Aufbau von LNG-Terminals an der Küste. Auch da war schon »Deutschland-Tempo«.

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