75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Dienstag, 17. September 2024, Nr. 217
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 14.08.2024, Seite 10 / Feuilleton

Eichhorn, Dorst, Salzgeber

Von Jegor Jublimov
imago0053828286h.jpg
Es gibt jetzt noch mehr Hilmar Eichhorn fürs Geld!

Als Hilmar Eichhorn 1983 in der Serie »Bühne frei!« einen jungen Varietédirektor spielte, trug er den Rollennamen Helmut Berger. Über Schönheit lässt sich streiten, aber mit dem österreichischen Star des italienischen Films teilte Eichhorn zumindest die Freude, seine körperlichen Vorzüge feilzubieten. Seit Jünglingszeiten ist viel Körper hinzugekommen: Es gibt jetzt mehr Eichhorn fürs Geld! Noch als zwanzigjähriger Schauspielstudent kam der Dresdner 1974 mit »Die Katzen meiner Brüder« und der Fortsetzung »Jenny« neben Renate Reinecke ins Fernsehen und schaffte mit 24 Jahren als Büchner in dem Defa-Film »Addio, piccola mia« den künstlerischen Durchbruch. Damals war er eine Stütze des Magdeburger Theaters, später auch in Leipzig und Halle. Seine letzte DFF-Hauptrolle spielte er 1987 in dem Lustspiel »Kellner sind auch nur Menschen« und wartete anschließend auf seine familiäre Ausreise aus der DDR.

Seit wir alle »Westen« sind, hat er oft DDR-Funktionäre gespielt, aber auch Promis wie den deutschen Oscar-Preisträger Emil Jannings in Tarantinos »Inglorious Basterds« oder Hans-Dietrich Genscher in der aktuellen Produktion »Zwei zu eins«. Am Sonntag ist sein 70. Geburtstag.

Schon 85 wird am 14. August Christiane Dorst, die als Kostümbildnerin vielen Schauspielern zum richtigen Auftreten verholfen hat – nicht nur Hilmar Eichhorn als Büchner und zuvor schon als junger Goethe in »Lotte in Weimar« (1974/75) an der Seite von Martina Servatius-Wilke. Diesen Film inszenierte Egon Günther, an dessen Kinofilmen von ihrem ersten »Der Dritte« (1972) mit Jutta Hoffmann bis zum letzten »Die Braut« (1999) mit Veronica Ferres sie so oft es ging beteiligt war. Auch in Meisterwerken anderer Regisseure, mal historisch, mal Gegenwart, konnte man ihre Vielseitigkeit bewundern, etwa bei Günter Reisch, Peter Schamoni, Lothar Warneke und Roland Gräf. Für ihr Lebenswerk zeichnete sie die Defa-Stiftung 2021 aus.

Dass Film an sich auf die Gesellschaft einwirkt, sie auch aufklärt, war ein Anliegen von Manfred Salzgeber. Der 30. Todestag des 1943 im damals nach einem deutschen General »Litzmannstadt« genannten Łódź geborenen Film- und Schwulenaktivisten am 12. August wird besonders im Internet durch den von ihm gegründeten Verleih mit selten gezeigten Filmen gewürdigt. In Stuttgart aufgewachsen, lernte er Buchhändler, aber es zog ihn bald nach Westberlin, wo man als Schwuler weniger auffiel. Dass er auch mal Schauspielunterricht hatte, zeigte er in Rosa von Praunheims Film »Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt« 1970 mit einem langen Filmkuss. Im selben Jahr war er Mitbegründer des Programm­kinos Arsenal, arbeitete bei den Freunden der Deutschen Kinemathek und dem Internationalen Forum des Jungen Films mit und baute dort später auch die »Panorama«-Sektion auf. Auch dass dort seit 1987 der bis heute einzigartige queere Teddy-Award in Berlin verliehen wird, geht auf seine Initiative zurück. Mit nur 51 Jahren starb er 1994 an einer HIV-Infektion.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Mehr aus: Feuilleton