75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 19. September 2024, Nr. 219
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 15.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Fossile Energieträger

Ölpreis, quo vadis?

Wohin geht’s? Prognosen von OPEC und IEA: Nachfrage wächst langsamer. Keine Auswirkungen des Nahostkriegs
Von Knut Mellenthin
RTRMADP_3_GLOBAL-PETROLEUM.JPG
»Nachfragesorgen« (gelagerte Ölfässer in Frankreich)

Die Erdölpreise sind seit Wochen ziemlich konstant. Nur selten wird die Marke von 80 US-Dollar pro Barrel knapp überschritten, wie das seit einigen Tagen der Fall ist. Am Mittwoch mittag lag der international am meisten beachtete Wert Brent bei 80,67 Dollar, während der für Nordamerika wichtigste Wert WTI relativ knapp dahinter mit 78,26 Dollar notiert wurde.

Die Preise waren zuletzt leicht angestiegen, aber es kam zu einem ebenfalls nur leichten Sinken, nachdem am Montag der Monatsbericht der Organisation Erdölproduzierender Länder (OPEC) und am Dienstag der aktuelle Bericht der International Energy Agency (IEA) veröffentlicht wurden. Beide Stellen vertreten gegensätzliche Interessen: Während die OPEC unter Führung Saudi-Arabiens und Russlands in Konkurrenz zu den USA und ihren westlichen Verbündeten steht, ist die 1974 gegründete, in Paris installierte IEA, der 31 Staaten als Mitglieder und 13 weitere als »Assoziierte« angehören, westlich bestimmt und orientiert.

Trotzdem sind beide Institutionen in ihren jüngsten Berichten zu weitgehend übereinstimmenden Einschätzungen gekommen. Die Hauptaussage: Das Wachstum der internationalen Nachfrage nach Erdöl werde sich verlangsamen. Das heißt aber andererseits auch, dass von einem weiteren Anstieg, nicht etwa von einem Schrumpfen des Bedarfs ausgegangen wird. OPEC und IEA nehmen jedoch an, dass die globale Produktionskapazität bis 2030 stärker wachsen wird als die Nachfrage.

In der Hauptsache korrigierten die Institutionen eigene, frühere Prognosen. Diese Korrekturen sind, muss man hinzufügen, nur sehr gering. Für den IEA-Bericht heißt das zum Beispiel, dass der Anstieg der globalen Nachfrage im nächsten Jahr jetzt mit 950.000 Barrel pro Tag angenommen wird. Das sind allerdings nur 30.000 Barrel pro Tag weniger als in der vorigen Prognose. Eine Veränderung von 3,2 Prozent. Aber genug, um ein paar Tage lang in den Medien aufzutauchen und vor allem das Börsengeschehen kurzzeitig zu beeinflussen.

Eine wichtige Beobachtung ist, dass sich Israels Krieg gegen die Palästinenser, der im Oktober 2023 begann, und die damit verbundenen Gefahren einer Ausbreitung auf andere Teile des Nahen Ostens und insbesondere eines Krieges zwischen Israel und Iran bisher überhaupt noch nicht treibend auf den Ölpreis ausgewirkt haben, obwohl dies nach der klassischen Theorie zu erwarten gewesen wäre. Denn mit der schwer vorauszusagenden Entwicklung dieses Konflikts verbinden sich große Risiken und Unabwägbarkeiten für die Transportwege des Erdöls, vor allem von der arabischen Halbinsel, und damit letztlich auch für die internationale Versorgungsbilanz.

Dass die Ölpreise dennoch nicht steigen, wird in den Analysen der OPEC und der IEA mit dem Stichwort »Demand Concerns«, Nachfragesorgen, erklärt. Sorgen macht man sich nicht nur um die Wirtschaft der USA, die kurz vor einer erheblichen Rezession zu stehen scheint, sondern auch um die Chinas, wo die Lage etwas komplexer und widersprüchlicher ist.

Entsprechend schwer sind die nächsten Schritte der OPEC und der größeren Arbeitsgemeinschaft OPEC plus vorauszusagen, in der Russland eine wesentliche Rolle spielt. Gegenwärtig produzieren deren 22 Mitglieder nach einer vereinbarten gemeinsamen Strategie mindestens 2,2 Millionen Barrel pro Tag weniger als sie technisch könnten, um den Ölpreis möglichst hoch zu halten. In der Realität gelingt das allerdings immer weniger. Trotzdem steht immer noch der Beschluss des Kartells, im Oktober zu überprüfen und zu entscheiden, ob an einer grundsätzlich schon beschlossenen Wiederanhebung der Gesamtfördermenge der Gemeinschaft festgehalten werden soll. Das würde wahrscheinlich preissenkend wirken. Im Licht des neuen Monatsberichts der OPEC ist nun eher zu erwarten, dass die OPEC plus die Verringerung ihrer Fördermenge bis Jahresende fortschreiben wird. Allerdings gibt es zu diesem Zeitpunkt keine Anzeichen dafür, dass die Gruppe ihre gemeinsame Produktion noch weiter verringern wird.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Holger Voss aus 13587 Berlin (14. August 2024 um 22:04 Uhr)
    Die aktuelle Naher und Mittlerer Osten-Ausgangslage wirkte sich kürzlich zurückliegend zeitweise auch auf den Ölpreis aus, womit er diesbezüglich als Frühindikator agierte. Die US-Texas-Ölindustrie und die Öl-Allianz OPEC+ bilden ein Gleichgewicht im Ölgeschäft. Die Öl-Allianz OPEC+ behält die Situation der Ölindustrie mittels ihrer Monatsberichte weiterhin im Blick und reagiert ggf. mittels der Ölfördermenge.

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Ähnliche:

  • Die USA, Brasilien, Guayana, Kanada oder Norwegen könnten sich n...
    09.01.2024

    Ölkartell in der Bredouille

    OPEC plus kann Preis nicht wie beabsichtigt antreiben und verliert Martkanteile. Hauptgewinner der Entwicklung sind die USA
  • Baldiger Stillstand? Noch werden Millionen von Barrel Erdöl jede...
    06.03.2018

    Das Öl und sein Preis

    Die globale Ausbeutung des fossilen Energieträgers kommt absehbar an ihr Ende. Wann das genau sein wird, ist unklar. Derweil wird der Rohstoff mit weiteren umweltschädlichen Methoden gefördert

Mehr aus: Kapital & Arbeit