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Aus: Ausgabe vom 17.08.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Daniela Klette: Töten zur Geldbeschaffung kam für uns niemals in Frage

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In der JVA Vechta sitzt Daniela Klette in Untersuchungshaft (28.2.2024)

Die mutmaßliche ehemalige RAF-Angehörige Daniela Klette meldete sich aus der Untersuchungshaft in der JVA Vechta mit einer auf August 2024 datierten Botschaft, die hier in voller Länge dokumentiert wird:

Die Staatsanwaltschaft Verden konstruiert eine Geschichte, nach der ich sowie Volker Staub und Burkhard Garweg, nach denen weiterhin mit maßlosem Aufwand und begleitet von dreister Medienhetze gefahndet wird, eine skrupellose Bande gewesen sein sollen. 26 Jahre nach Auflösung der RAF setzt der Staat weiter auf Eskalation und Denunziation. Sie behaupten, wir wären bereit gewesen für Geldbeschaffung, fürs Überleben in der Illegalität, Menschen zu töten. Für Menschen aus der Geschichte der revolutionären Linken in der BRD wäre dies niemals in Frage gekommen. Im Gegenteil: Beim Kampf um Befreiung geht es doch gerade auch um eine Welt ohne Gier nach Geld, frei von Ausbeutung und jeglicher Unterdrückung.

Der Lernort Garnisonkirche Potsdam und sein wissenschaftlicher Beirat wandten sich am Donnerstag mit einem offenen Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier:

Am 22. August werden Sie den überwiegend mit Mitteln des Bundes wiederaufgebauten Turm der Garnisonkirche Potsdam miteinweihen. Das Projekt ist in der Bevölkerung sehr umstritten. Der rechtsextreme Bundeswehroffizier Max Klaar initiierte mit der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel das Vorhaben. Im Jahr 2000 stieg die evangelische Kirche in das Projekt ein und übernahm schließlich die Trägerschaft. Wegen divergierender inhaltlicher Vorstellungen trennten sich 2005 die Wege zwischen den Initiatoren und der Kirche. Aber die Konzeption des Baus inklusive seiner Nutzung entspricht bis heute dem Vorschlag, den Max Klaar Bischof Huber im Juli 2000 unterbreitet hatte.

Sicherlich, weder die Vertreter der Stiftung noch ihres Kuratoriums oder Beirats stehen für ein rechtslastiges oder gar rechtsradikales Gedankengut. Das wirft ihnen auch niemand vor. Doch die Geschichte des Ortes bis 1945 und die Geschichte des Wiederaufbauprojektes seit 1984 bis mindestens 2015 verlangen einen eindeutigen, unmissverständlichen und sichtbaren Bruch mit diesen beiden Traditionen. Dieser fehlt bis heute. (…) Der Bau ist nicht nur ein zentrales Symbol für den preußisch-deutschen Nationalismus, sondern auch für Rechtsextreme. (…) Dass ein Projekt an diesem Ort mit seiner jahrhundertelangen abgründigen Gewaltgeschichte eine Anschlussfähigkeit für Rechtsradikale bietet, ist ebenso unerträglich wie vermeidbar. Als Bundespräsident und Schirmherr des Projekts möchten wir Sie daher bitten und auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die Stiftung Garnisonkirche Potsdam

– Ihre Satzung ändert und keinen Bezug mehr nimmt auf den »Ruf aus Potsdam« von 2004, dem eine geschichtsrevisionistische Täter-Opfer-Umkehr zugrunde liegt.

– Darauf verzichtet, den Kirchturm mit dem noch fehlenden militärischen Bauschmuck und der Turmhaube zu versehen, und damit einen für jeden sichtbaren Bruch zur historischen Baugestalt vollzieht.

– Endgültig und bedingungslos auf den Nachbau des Kirchenschiffs verzichtet und eine Koexistenz mit dem Bau des Rechenzentrums dauerhaft zustimmt, so dass die Geschichte des Ortes mit Bau und Gegenbau auch für zukünftige Generationen lesbar bleibt.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (22. August 2024 um 14:18 Uhr)
    »Der rechtsextreme Bundeswehroffizier Max Klaar initiierte mit der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel das Vorhaben« heißt es zunächst. Aber dann widerspricht man sich: »Sicherlich, weder die Vertreter der Stiftung noch ihres Kuratoriums oder Beirats stehen für ein rechtslastiges oder gar rechtsradikales Gedankengut. Das wirft ihnen auch niemand vor«. Was anderes als »rechtslastiges Gedankengut« war der Antrieb für den Wiederaufbau? Die Veteranenvereinigung der Waffen-SS (HIAG) und Elsässers Compact haben den Wiederaufbau begeistert begrüßt. Was hat es eigentlich mit »Lernort Garnisonkirche« auf sich? Spielwiese für gelangweilte Professoren? Soll jetzt der Bau, der »nicht nur ein zentrales Symbol für den preußisch-deutschen Nationalismus, sondern auch für Rechtsextreme« ist, auch noch zum Lernort werden? Gibt man damit dem Bau nachträglich den Segen? Die DDR hat gezeigt, wie man mit solchen Symbolen umgeht. Die Garnisonkirche wurde nicht zum Lernort gemacht, sondern 1968 gesprengt. Im übrigen hätte man die knapp 25 Millionen Euro, die der Staat zugeschossen hat, auch sinnvoll verwenden können.

Regio: