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Aus: Ausgabe vom 19.08.2024, Seite 2 / Ausland
Feminizide in Indien

Ärztestreik gegen Femizid

Indien: Mediziner nach Mord an Kollegin im landesweiten Ausstand
Von Nick Brauns
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Protestmarsch von Ärztinnen und Ärzten am Sonnabend in Kolkata

Mit einem 24stündigen landesweiten Streik von über einer Million Ärztinnen und Ärzten in Indien fanden die seit einer Woche andauernden Proteste nach dem gewaltsamen Tod einer jungen Medizinerin am Sonnabend einen neuen Höhepunkt. Patienten mit Ausnahme von Notfällen wurden abgewiesen, Krankenhäuser blieben geschlossen. »Ich möchte nicht das nächste Opfer sein«, hieß es auf Plakaten, die Ärztinnen in weißen Kitteln auf einer Kundgebung in Kolkata hochhielten, und »Keine Sicherheit, kein Dienst«. Ähnliche Proteste fanden in anderen indischen Städten wie Mumbai und Hyderabad statt. Die Indian Medical Association forderte Premierminister Narendra Modi auf, die Sicherheit für das Personal im Gesundheitsbereich zu verbessern – insbesondere da mehr als die Hälfte der Ärzteschaft weiblich ist.

Am Sonntag versammelten sich in Kolkata auch Tausende Anhänger der traditionell verfeindeten Fußballvereine Mohun Bagan und East Bengal, um nach der mit Sicherheitsbedenken begründeten Absage des Stadtderbys durch die Polizei vor dem Salt Lake Stadion gemeinsam Gerechtigkeit für die ermordete Medizinerin zu fordern.

Die blutüberströmte Leiche der 31jährigen Ärztin in Ausbildung Moumita Debnath war am Freitag morgen vorletzter Woche in einem Seminarraum des staatlichen RG Kar Medical College und Krankenhaus in Kolkata aufgefunden worden, in dem die Frau sich während einer langen Nachtschicht ausruhen wollte. Die Obduktionsergebnisse deuteten auf eine Gruppenvergewaltigung hin, berichteten Stimmen aus der Ärzteschaft laut dpa. Das Oberste Gericht von Kalkutta hatte die indische Bundespolizei angewiesen, die Ermittlungen zu übernehmen. Bislang wurde ein Verdächtiger festgenommen.

Gewalt gegen Frauen ist in dem patriarchal geprägten Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern weitverbreitet. Laut offizieller Daten wird jede Viertelstunde ein Vergewaltigungsfall gemeldet. Frauenrechrechtsvereinigungen gehen von einer weitaus höheren Zahl aus, denn viele Opfer schweigen angesichts des gesellschaftlichen Stigmas. Insbesondere Inderinnen aus einer niedrigen Kaste haben kein Vertrauen in die Polizei und das Justizsystem, denn viele Anklagen bleiben jahrelang unbearbeitet und manche Verdächtige kommen auf Kaution frei.

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