Der Samurai – Zum Tod von Alain Delon
Von Peer SchmittSein Leben sei wie ein Eisberg, die Öffentlichkeit kenne nur die Spitze, hatte Alain Delon einmal über sich gesagt. Mit tief ins Gesicht gezogenem Hut, hochgeschlagenem Mantelkragen und stoischem Gesichtsausdruck kennt man Alain Delon aus »Le samouraï« (1967, deutsch »Eiskalter Engel«) von Jean-Pierre Melville. In seinen mehr als 80 Filmen war er immer wieder einmal als einsamer Killer zu sehen. Nun ist Delon im Alter von 88 Jahren gestorben. Wie die drei Kinder des Schauspielers der französischen Nachrichtenagentur AFP mitteilten, sei er friedlich und umgeben von seiner Familie in seinem Haus in Douchy in der Region Centre-Val de Loire gestorben.
Bereits 1957 in seinem Debütfilm »Die Killer lassen bitten« von Yves Allégret gab er den Mörder. Den Verbrecher brauche er gar nicht zu spielen, wie er 2015 in der TV-Doku »Alain Delon, cet inconnu« (Alain Delon, der Unbekannte) von Philippe Kohly erklärte. Geboren wurde Alain Delon am 8. November 1935 in Sceaux in der Nähe von Paris. Nach der Scheidung seiner Eltern kam er als Vierjähriger in eine Pflegefamilie, wurde mehrfach der Schule verwiesen, begann eine Metzgerlehre und meldete sich als 17jähriger freiwillig als Soldat für den Indochinakrieg. Nach seiner Rückkehr hielt er sich mit dubiosen Geschäften über Wasser. Auch Kontakte zur Mafia in Paris und Marseille wurden ihm nachgesagt. Über seine jungen Jahre sagte er später: »Wie viele wissen, dass ich meine Kindheit im Gefängnis verbracht habe? Zumindest im Gefängnishof von Fresnes, wo ich mit anderen Kindern von Gefängniswärtern gespielt habe.« Delons Pflegevater war Gefängniswärter.
Im Jahr 1968 wurde sein Leibwächter und Freund Stevan Markovič ermordet. Man fand ihn auf einer Müllhalde. Markovič war der angebliche Geliebte von Delons damaliger Ehefrau, der Schauspielerin Nathalie Delon alias Francine Canovas. Die Boulevardpresse brachte Delon mit dem Fall in Verbindung. Im Jahr 1975 wurde die Akte Markovič jedoch ergebnislos geschlossen. Seit 1987 lebte Delon mit dem niederländischen Model Rosalie van Breemen zusammen. Aus ihrer rund 15jährigen Beziehung gingen die beiden Kinder Anouchka und Alain-Fabien hervor.
Delon war eines der Aushängeschilder des mitunter brillanten französischen Genrekinos der 60er und 70er Jahre. Er spielte in »Der Swimmingpool« (Jacques Deray, 1969) zusammen mit seiner zeitweiligen Lebensgefährtin Romy Schneider, mit Yves Montand in »Vier im roten Kreis« (Jean-Pierre Melville, 1970), mit Lino Ventura in »Die Abenteurer« (Robert Enrico, 1967) oder in »Endstation Schafott« (José Giovanni, 1973) mit Jean Gabin.
Aber auch gewichtige Literaturverfilmungen gehörten zu seinem Repertoire. Er spielte den Baron de Charlus in Volker Schlöndorffs fataler Proust-Adaption »Eine Liebe von Swann« (1984) oder Tancredi Falconeri in Luchino Viscontis »Der Leopard« (1963). Für Visconti verkörperte er auch die Titelrolle, einen aufstrebenden Profiboxer, in »Rocco und seine Brüder« (1960), ebenfalls die Titelrolle spielte er in Joseph Loseys verstörendem »Monsieur Klein« (1976) und nicht zuletzt den jungen Börsenmakler Piero in Michelangelo Antonionis bahnbrechendem Film »L’eclisse« (1962). Jean-Luc Godard schließlich nutzte ihn für »Nouvelle Vague« (1990) bereits als Zitat seiner selbst unter unzähligen weiteren Zitaten.
In den 2000er Jahren zog sich Delon als Schauspieler weitgehend zurück und machte statt dessen als Produzent, Rennstallbesitzer und Sympathisant des faschistischen Front National von sich reden. Den Parteigründer Jean-Marie Le Pen nannte er seinen Freund. Im Jahr 2019 erlitt Delon einen Schlaganfall, von dem er sich nie vollständig erholte. Im Jahr 2022 sagte er, dass er an eine aktive Sterbehilfe in der Schweiz denke.
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