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Aus: Ausgabe vom 23.08.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Jugendbündnis »Wir sagen nein zur Wehrpflicht« gebildet

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Protest gegen Krieg und Kriegsdienst auf einer Demonstration der »Internationalistischen Jugendkommune Berlin« in Kreuzberg

Angesichts der Regierungspläne zur schrittweisen Wiedereinführung der Wehrpflicht hat sich in den letzten Wochen ein bundesweites Jugendbündnis gegen die Wehrpflicht formiert, das das erste Mal am 1. September, dem Antikriegstag, auf dezentraler Ebene Aktionen durchführen will. Das Bündnis, dem bislang der BAK Klassenkampf, die Internationale Jugend, die SDAJ, der SDS, das Studierendenkollektiv und die Linksjugend Solid Berlin angehören und das mit weiteren Jugendorganisationen, Gewerkschaftsjugendstrukturen und Schülervertretungen im Kontakt steht, hat den folgenden Gründungsaufruf verabschiedet:

Wir sagen: Nein zur Wehrpflicht!

Am 12. Juni hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Pläne für einen »neuen Wehrdienst« vorgestellt. In Zukunft müssen alle 18jährigen Männer einen Fragebogen zur Bereitschaft und Fähigkeit zum Wehrdienst ausfüllen, Frauen können grundgesetzlich noch nicht dazu verpflichtet werden. Doch dabei wird es nicht bleiben. Nach der Bundestagswahl sollen weitere Schritte in Betracht gezogen werden.

Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist nicht im Interesse von uns Jugendlichen:

Die Wehrpflicht wird uns ein Jahr unseres Lebens nehmen, über das wir nicht länger selbst entscheiden dürfen. Wir sollen in Kasernen zu Drill und Gehorsam erzogen und »kriegstüchtig« gemacht werden – in einer Institution, in der sich »Skandale« wie Mobbing, sexualisierte Gewalt und faschistische Netzwerke häufen und viele psychische Probleme davontragen. Die Bundeswehr bietet keine Perspektive für Persönlichkeitsentwicklung. Wir wollen statt dessen lernen, kritisch zu denken und uns für den Frieden einsetzen! Wir wollen über unser Leben und unseren Körper selbst verfügen!

Eine mögliche Wehrpflicht auch für Frauen, also der gemeinsame Dienst in der Kaserne oder im Zweifel im Schützengraben, bringt keine Gleichberechtigung. Wir kämpfen statt dessen für die tatsächliche ökonomische, juristische und politische Emanzipation der Frau.

Die Wehrpflicht steigert die Gefahr eines großen Kriegs auf europäischem Boden. Sie steht im Kontext von Aufrüstung und Militarisierung. Noch mehr Aufrüstung und noch direktere Kriegsvorbereitung werden aber keinen Frieden schaffen. Wir brauchen Entspannung und Diplomatie statt Krieg!

Die Wiedereinführung von sozialen oder anderen Ersatzdiensten für die Wehrpflicht, die gerade in Diskussion ist, verbessert die Situation in den unterbesetzten Bereichen nicht. Denn statt qualifizierten Fachkräften werden Ungelernte eingestellt. Für uns Jugendliche bedeutet das, als billige Arbeitskräfte und unter miesen Arbeitsbedingungen zu arbeiten. Wir brauchen statt dessen Entlastung durch mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und mehr zivile Ausbildungsplätze!

Jede Investition in die Aufrüstung ist eine Entscheidung gegen höhere Ausgaben für Bildung, Umweltschutz und Soziales und damit gegen unsere Bedürfnisse und Interessen. Es braucht mehr Geld für Soziales, Bildung und Gesundheit!

Wir streben eine breite, gemeinsame Aktionstätigkeit gegen die Wehrpflicht und gegen die Militarisierung der Jugend mit all denjenigen an, die das nicht hinnehmen wollen. Wir wollen keinen Zwangsdienst! Nein zu Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit! Nein zur Wehrpflicht!

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!