75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Freitag, 20. September 2024, Nr. 220
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 28.08.2024, Seite 1 / Titel
Klimawandel

SOS aus dem Südpazifik

Pazifikforum auf Tonga: Der Meeresspiegel steigt in der Region doppelt so schnell wie im globalen Mittel
Von Wolfgang Pomrehn
1.jpg
Pekalongan, Indonesien, Juni 2021: Vor zehn bis zwölf Jahren stand das Haus noch Hunderte Meter vom Strand entfernt

Im Inselkönigreich Tonga haben sich am Dienstag die Staats- und Regierungschefs des Pazifischen Inselforums (PIF) versammelt, dem 18 Staaten und Territorien angehören. Zur Eröffnung in Tongas Hauptstadt Nuku’alofa war auch UN-Generalsekretär António Guterres angereist, der die Gelegenheit zu einem flammenden Appell für mehr Klima- und Umweltschutz nutzte. Insbesondere wies er auf den Anstieg des Meeresspiegels hin, der in der Region doppelt so schnell wie im globalen Mittel voranschreite. Zur Zeit beträgt dieses 35 Zentimeter pro Jahrhundert, beschleunigt sich aber weiter. Ursache sind die tauenden Gebirgsgletscher, die schrumpfenden Eisschilde auf Grönland und in der Antarktis sowie die Ausdehnung des Meerwassers infolge der globalen Erwärmung. Die pazifischen Inselstaaten sind zum Teil sehr flach oder haben zumindest ihre wichtigste Infrastruktur direkt an der Küste. Wegen dieser besonderen Bedrohung gehören sie schon seit den 1990er Jahren zu den eifrigsten Vorkämpfern internationalen Klimaschutzes.

Guterres nutzte die Gelegenheit, sie darin ausdrücklich zu bestärken, und forderte sie auf, lauter für ihre Interessen einzutreten. Die Inselstaaten bräuchten mehr finanzielle Unterstützung, um den Umbau der Energieversorgung und die Anpassung an die Klimaveränderungen zu finanzieren. Der UN-Zukunftsgipfel nächsten Monat in New York sei eine gute Gelegenheit, um den Entwicklungsländern mehr Gewicht in den globalen Institutionen, darunter dem Sicherheitsrat, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds, zu geben.

Zugleich erinnerte Guterres die in der G20 zusammengeschlossenen großen Industrie- und Schwellenländer an ihre besondere Verantwortung. Wer heute noch neue Öl- und Gaslizenzen vergibt, verkaufe die Zukunft des Planeten. Ohne Namen zu nennen, kritisierte er damit auch deutsche Behörden, die gerade dabei sind, die Förderung von Erdgas vor der ostfriesischen Küste zu genehmigen.

Zu den Mitgliedern des Forums gehört auch Frankreich, das zwei sogenannte Überseeterritorien in der Region hat: Französisch Polynesien und Neukaledonien – Kanaky, wie es die Einheimischen nennen. Auf Neukaledonien kommt es seit Monaten zu Unruhen. Europäische Siedler stellen rund die Hälfte der Bevölkerung, sind schwer bewaffnet und haben Milizen gebildet. Die Pariser Regierung hat mehrere tausenden Polizisten und Soldaten geschickt, um die Unabhängigkeitsbewegung der indigenen Bewohner in Schach zu halten. Deren jüngste Proteste entzündeten sich an Plänen, einem größeren Teil der Siedler das Kommunalwahlrecht einzuräumen, sind aber auch eine soziale Rebellion der benachteiligten, oft arbeitslosen einheimischen Jugend. Mehrere hundert Protestierer wurden bereits verhaftet und in Schnellverfahren abgeurteilt. Ein junger kanakischer Student wurde von einem weißen Siedler erschossen.

Die Unabhängigkeitspartei FLNKS (Front de libération nationale kanak et socialiste) wird von den meisten Regierungen der anderen Inselstaaten unterstützt. Mark Brown, Präsident des Pazifischen Forums, hatte im Vorfeld laut dem australischen Sender ABC gesagt, dass »die Unruhen ein Grund für die Anerkennung einer größeren Autonomie und Unabhängigkeit für die Bevölkerung dieser Inseln« sind.

Überschattet wurde der Gipfel von zwei Seebeben, die sich am Dienstag zur Mittagszeit (Ortszeit) im kurzen Abstand vor einer unbewohnten Vulkaninsel ereigneten, aber keine größeren Schäden anrichteten.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (28. August 2024 um 10:55 Uhr)
    Der globale Meeresspiegel ist weder flach noch gleichmäßig und folgt auch nicht exakt der Krümmung der Erde. Regionale Abweichungen im Meeresspiegel sind das Ergebnis einer komplexen Kombination aus Schwerkraftunterschieden, ozeanischen Strömungen, Temperaturdifferenzen und der isostatischen Anpassung der Erdkruste. Im Indischen Ozean und anderen Regionen wurden signifikante Abweichungen festgestellt, die unter anderem durch Unterschiede in der Schwerkraft aufgrund von Massenanomalien im Erdinneren verursacht werden. Diese Phänomene zeigen, wie dynamisch und komplex das System Erde ist.
    Die Erde ist keine perfekte Kugel, sondern hat eine unregelmäßige Form, die als Geoid bezeichnet wird (oft bildlich als „eiernde Kartoffel“ beschrieben). Das Geoid repräsentiert die Oberfläche, die der mittleren Meereshöhe entspricht und auf der die Schwerkraft gleichmäßig wirkt. Diese unregelmäßige Form führt dazu, dass der Meeresspiegel regional variiert.
    Unterschiede in der Massenverteilung der Erde – etwa durch Gebirge, Dichteunterschiede in der Erdkruste oder Massenanomalien im Erdmantel – beeinflussen die Schwerkraft und führen zu Höhenunterschieden im Meeresspiegel. In Regionen, in denen die Schwerkraft stärker ist, kann das Meer «tiefer» liegen, und in Regionen mit schwächerer Schwerkraft kann es «höher» stehen.
    Im Indischen Ozean wurden tatsächlich bedeutende regionale Abweichungen des Meeresspiegels festgestellt, die bis zu mehreren Dutzend Meter betragen können. Diese Abweichungen entstehen durch komplexe Wechselwirkungen zwischen Schwerkraft, Meeresströmungen und dem Aufbau der Erdkruste. Eine solche Abweichung von etwa vierzig Metern wurde im Indischen Ozean durch Satellitenmessungen bestätigt. Sie ist auf gravitative Anomalien zurückzuführen, die durch massive Strukturen im Erdmantel oder durch Dichteunterschiede im Erdinneren verursacht werden, welche die Schwerkraft lokal verändern. So viel zu den Meereshöhen.
    Es ist außerdem wichtig zu wissen, dass wir uns immer noch in einer Eiszeit befinden, da die Pole der Erde von Eis bedeckt sind. In der Erdgeschichte waren die Pole jedoch nicht immer eisbedeckt.
    Wissenschaftliche Untersuchungen und Berechnungen quantifizieren den Beitrag der thermischen Ausdehnung des Meerwassers und den Einfluss des erhöhten Wasserdampfs in der Atmosphäre im Kontext des globalen Meeresspiegelanstiegs. Diese beiden Faktoren sind jedoch in ihrer Größenordnung sehr unterschiedlich. Es ist auch erwähnenswert, dass durch die Erwärmung der Erde Gletscher und die großen Eisschilde in Grönland und der Antarktis schmelzen. Das Schmelzwasser fließt in die Ozeane und erhöht deren Wasserstand. Nicht jedoch das Schmelzen von schwimmendem Eis.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (27. August 2024 um 20:59 Uhr)
    Hier zwei URLen (oder heisst es URLs?), die zum Thema passen, Artikel leider auf Englisch: »Can floating homes make coastal communities resilient to climate risks?« (https://www.nature.com/articles/d41586-024-02679-w). Es werden ausdrücklich auch soziale Aspekte angesprochen. »How ‘green’ electricity from wood harms the planet — and people« (https://www.nature.com/articles/d41586-024-02676-z). Da wird beschrieben, dass Holzpelletnutzung unter Umständen mehr CO2 erzeugt als Kohleverbrennung und zitiert »Umweltrassismus«. Die Rede ist von Hamlet und was faul ist im Staate North Carolina.

Regio: