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Aus: Ausgabe vom 28.08.2024, Seite 2 / Inland
Debattte um Wehrpflicht

»Kasernen sind keine Orte für Jugendliche«

Bündnis kämpft gegen Pläne für einen neue Wehrdienst und Militarisierung der Jugend. Ein Gespräch mit Skjold Albers
Interview: Annuschka Eckhardt
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Moos im Kopf: Getarnte Wehrpflichtige, als es die Wehrpflicht noch in ihrer alten Version gab (Schwarzenborn, 14.4.2005)

Am 12. Juni hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, SPD, die Pläne für einen neuen Wehrdienst vorgestellt. In Zukunft müssen alle 18jährigen Männer einen Fragebogen zur Bereitschaft und Fähigkeit zum Wehrdienst ausfüllen. Frauen können grundsätzlich grundgesetzlich noch nicht dazu verpflichtet werden. Was halten Sie davon?

Ich bin ganz klar gegen diesen Vorschlag. Wir haben analysiert, dass dies der erste Schritt der Einführung der Wehrpflicht ist, die sich einfügt in die Militarisierung der Jugend und der Gesellschaft im Allgemeinen. Pistorius hat angekündigt, dass die BRD bis 2029 kriegstüchtig sein soll. Und bis dahin soll dann auch die Bundeswehr schrittweise ausgebaut und aufgerüstet werden; soll die Wehrpflicht schrittweise eingeführt werden, auch um den Widerstand möglichst gering zu halten.

Wie erleben Sie die Militarisierung der Jugend?

Das nehmen wir an ganz unterschiedlichen Stellen wahr. Das geht von Werbung auf Pizzakartons, Youtube-Serien und Plakaten an Bushaltestellen bis hin zu Bundeswehr-Auftritten in Schulen und auf Berufsmessen. Im vergangenen Jahr hat die Bundeswehr fast 2.000 Minderjährige rekrutiert. Wir sind der Auffassung, dass Kasernen keine Orte sind für Jugendliche, dass das Militär keinen Raum für Persönlichkeitsentwicklung bietet – dort werden wir zu militärischem Drill erzogen, um dem deutschen Imperialismus zu dienen. Statt dessen wollen wir kritisch denken lernen, und dafür brauchen wir Frieden.

Nach der Bundestagswahl sollen weitere Schritte in dieser Hinsicht in Betracht gezogen werden. Was befürchten Sie?

Ich vermute, dass auf die vollständige Wiederführung der Wehrpflicht hingearbeitet wird. Denkbar ist, dass statt des aktuell geplanten Fragebogens auch weitergehende Wehrpflichtmodelle in Betracht gezogen werden und dass das Ausfüllen des Fragebogens auch für Frauen verpflichtend sein wird; oder Modelle, in denen die gesamte Jugend zum Dienst verpflichtet wird.

Eine Wehrpflicht wird auch für Mädchen und Frauen diskutiert – ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung?

Definitiv nicht. Frauen im Militär, das hat nichts mit Gleichberechtigung zu tun. Wir kämpfen statt dessen für eine tatsächliche ökonomische, juristische und politische Emanzipation der Frau. Aber im Schützengraben für Interessen von Konzernen zu sterben, das hat nichts mit Gleichberechtigung zu tun.

Kann die geplante Wiedereinführung von sozialen oder anderen Ersatzdiensten für die Wehrpflicht die Situation in unterbesetzten Bereichen wie beispielsweise der Pflege verbessern?

Nein. Was wir brauchen, sind grundlegende Finanzierungen und Investitionen in Bildung, Soziales und das Gesundheitssystem. Dabei helfen uns billige Arbeitskräfte durch diesen Zwangsdienst nicht, sondern wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, Ausbildungsbedingungen und höhere Löhne.

Inwiefern begünstigt eine Wiedereinführung des Wehrdienstes die Kriegsgefahr?

Die Wiedereinführung der Wehrpflicht erhöht die Kriegsgefahr in ganz Europa enorm. Dabei zeigt sich auch eine generelle Verstärkung des Kriegskurses. Kürzlich wurde ein Abkommen darüber geschlossen, dass US-Mittelstreckenraketen wieder in Deutschland stationiert werden. All das sind Schritte hin zur Eskalation, Schritte in Richtung Befähigung der deutschen Armee für einen großen Krieg gegen Russland und China. Dagegen richten wir uns. Nicht nur unser Bündnis, sondern auch weit darüber hinaus wird das kritisiert, sogar bis in Teile der SPD. So hat beispielsweise die Friedrich-Ebert-Stiftung in einem Papier Schlussfolgerungen darüber gezogen, dass die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen eben nicht zur Verteidigung Deutschlands benötigt wird. Und generell ist dieses ganze Verteidigungsmärchen, das uns aufgetischt wird, eine Lüge. Die BRD muss sich nicht verteidigen. Statt dessen ist ihre Rolle auch innerhalb der NATO eine des Aggressors gegenüber Russland. Deutschland greift wieder nach der Weltmacht und möchte durch die stärkere Integration in der NATO ihre Position auf dem Weltmarkt und im imperialistischen Weltsystem verbessern.

Skjold Albers ist Mitglied der Bundesgeschäftsführung der SDAJ und aktiv im Bündnis »Wir sagen nein zur Wehrpflicht!«

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