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Aus: Ausgabe vom 28.08.2024, Seite 5 / Inland
Naturschutz

Gesetz für Holzfäller

Umweltverbände kritisieren »verwässerte« Novelle zum Bundeswaldgesetz
Von Oliver Rast
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Keine Straftat: Das Abholzen, Entwalden und solcherlei Taten am Wald bleiben eine Ordnungswidrigkeit

Er gilt als Sehnsuchts- und Rückzugsort: der Wald. Und er ist als natürliche Ressource Einnahme- und Profitquelle. Für die Forstwirtschaft etwa. Um Waldbestände »ordnungsgemäß« zu bewirtschaften, gibt es ein Bundeswaldgesetz. Bereits seit 1975. Ampelregierung, Naturschutzorganisationen, Waldeigentümern und Holzindustriellen gilt es als »überarbeitungsbedürftig«, »verstaubt«, »erhaltenswert«. Je nach Interessenlage.

Eine Gesetzesnovelle hat sich das Bundeskabinett laut Koalitionsvertrag fix vorgenommen. Im vergangenen November folgte der Erstentwurf vom zuständigen Bundeslandwirtschaftsministerium von Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen). Ein Startschuß für neuerlichen Streit. Vor allem die privaten Profiteure von Holzernte und Holzeinschlag liefen Sturm. Vor allem gegen den in der novellierten Fassung vorgelegten Strafenkatalog. Beispielsweise bei zu umfangreicher Rodung und kaputten Waldböden durch Forstmaschinen und Waldfahrzeuge.

Die zahlreichen Interventionen seitens der Forstwirtschaftsverbände und Waldbesitzer hatten Erfolg. Ein überarbeiteter Referentenentwurf gelangte Anfang voriger Woche zur Ressortabstimmung ins Kabinett. Details, die bekanntgeworden sind, rufen nun die Umweltverbände BUND, DNR, Greenpeace, Nabu und WWF Deutschland auf den Plan. Am Dienstag äußerten sie abermals Kritik.

Die dringend überfällige Novelle komme endlich einen Schritt voran, sagte DNR-Geschäftsführer Florian Schöne. »Allerdings mit einem enttäuschenden und inhaltlich stark verwässerten Entwurf.« Obwohl weite Flächen hiesiger Wälder abstürben, stelle der vorliegende Gesetzentwurf nur noch einen Minimalkompromiss »mit vielen Defiziten und unverbindlichen Formulierungen dar«. Das sieht Susanne Winter, Programmleitung Wald beim WWF, ähnlich. »Die Reform wird zum Reförmchen.« Warum? Der Klima- und Biodiversitätsschutz werde zwar benannt, aber das Gesetz stelle keine konkreten Instrumente zur Verfügung. Winter: »So gibt es weder für die wirtschaftliche Nutzungsintensität noch für die Größe von Kahlschlägen verlässliche Vorgaben.« Ein Kahlschlagverbot bestehe zwar ab einem Hektar, es könne aber durch Ausnahmeregelungen aufgeweicht werden. »Dazu reicht die Erlaubnis der lokal zuständigen Behörde.«

Hinzu kommt: Der Strafenkatalog ist vom Tisch. Abholzen, Entwalden und dergleichen bleiben Ordnungswidrigkeit. Zum Ärger der Umweltverbände, versteht sich. Vertreter des Dachverbands Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) hingegen sind erfreut. Versteht sich. Karsten Spinner vom Waldbesitzerverband Thüringen besonders. Die neue Novelle habe das Gesetz »schon um einiges entschärft, insofern hat das Veto der Verbände Wirkung gezeigt«. Allein die Tatsache, dass es nicht mehr 80, sondern nur noch wie im alten Waldgesetz um die 40 Paragraphen seien, »ist ja schon eine feine Sache und zeigt, dass nicht mehr ein neues Gesetz geschrieben, sondern, dass das bereits vorhandene punktuell geändert werden soll«.

Wie reagiert die Ampel auf die »Ökokritik«? Der Entwurf spiegele die »politischen Verhältnisse« wider, sei machbar und mehrheitsfähig, wurde Julia Verlinden beim MDR zitiert. Und: »Es ist der wichtige Einstieg in eine Wende bei der Waldpolitik«, so die Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion weiter. Das überzeugt nicht. Winter vom WWF eh nicht: »Angesichts des dramatischen Zustands unserer Wälder, können wir uns ein ›Weiter so‹ auch im Wirtschaftswald nicht mehr leisten.«

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