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Aus: Ausgabe vom 31.08.2024, Seite 1 (Beilage) / Wochenendbeilage
Gewerkschaften und Friedensbewegung

»Das schafft eine Atmosphäre des Verzichts«

Über das mutlose Schweigen der gesellschaftlichen Linken und die Rolle der Gewerkschaften in der Zeitenwende. Ein Gespräch mit Ulrike Eifler
Interview: Susanne Knütter
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Debatten über die gesellschaftliche Rolle der Rüstungsindustrie gibt es in der IG Metall kaum (Unterlüß, 12.2.2024)

Wo gibt es momentan Friedensinitiativen in den Gewerkschaften und was machen sie?

Es gibt eine ganze Reihe: In Hanau haben IG Metall und Verdi 2022 und 2023 ihre Warnstreiks gemeinsam mit der Hanauer Friedensplattform organisiert. Der Verdi-Bezirk Stuttgart hat mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Juni eine Gewerkschaftskonferenz für den Frieden durchgeführt, die eine nicht unerhebliche Wirkung auf die gewerkschaftliche Debatte hatte. Die Landesmitgliederversammlungen der GEW in Berlin und Hamburg haben beschlossen, den Aufruf »Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg« zu unterstützen. Die GEW in Bayern hat gerade ein ganzes Seminar zur Zeitenwende veranstaltet. Der Arbeitskreis Internationalismus bei der IG Metall in Berlin organisiert Diskussionen zum Stellenwert der Gewerkschaften in der Friedensbewegung. Rund um den 1. September gibt es natürlich auch überall Veranstaltungen. Ich selber werde zum Beispiel bei Verdi in Siegen sprechen.

Das bestätigt meinen Eindruck: Es gibt viele Appelle und Petitionen, oft werden sie von den gleichen Aktiven unterschrieben. Dann gibt es Seminare und zu den großen Jahrestagen, wie dem Antikriegstag am 1. September, eine Reihe von Veranstaltungen und vielleicht auch Demonstrationen. Druck erzeugt das nicht.

Das reicht natürlich nicht aus. Das Problem ist, dass wir in der gesamten Nachkriegsgeschichte eine Trennung hatten zwischen der Friedensfrage und der sozialen Frage. Auf den Ostermärschen und am 1. September haben die Gewerkschaften über Frieden gesprochen und in den Tarifrunden über Tarifpolitik. Aber dass beides zusammengehört, dass jeder Euro, der in Rüstungshaushalten versenkt wird, für eine gute Bildung, Sozialpolitik, Familienpolitik und jetzt auch für den sozial-ökologischen Umbau fehlt – das haben wir nicht thematisiert. Und das hängt natürlich auch damit zusammen, dass wir seit 80 Jahren in Frieden leben und es nicht unbedingt die Notwendigkeit dafür gab. Das muss sich jetzt ändern.

Es gab zwei gewerkschaftspolitische Friedenskonferenzen im letzten und in diesem Jahr, die Sie federführend mitorganisiert haben. Gibt es seit letztem Jahr einen Fortschritt beim friedenspolitischen Engagement der Gewerkschaften?

Die Friedensbewegung ist organisatorisch geschwächt. Mit SPD und Grünen haben sich zwei wichtige Pfeiler aus der Friedensbewegung der letzten Jahrzehnte verabschiedet. Auch Die Linke zaudert in der Friedensfrage. Das wirkt sich natürlich auch auf die Frage aus, wie sich die Gewerkschaften in der Friedensbewegung positionieren. Vor diesem Hintergrund können unsere Friedenskonferenzen ein Ort der Verständigung sein. Aber sie können den Aufbau von Strukturen nicht ersetzen. Nichtsdestotrotz haben die Konferenzen ein Zeichen gesetzt. In Stuttgart konnten wir die Teilnehmerzahl im Vergleich zum letzten Jahr verdoppeln: Insgesamt 1.000 Teilnehmer vor Ort und online machen deutlich, wie stark das Bedürfnis nach Orientierung und Debatte ist.

Wie groß ist denn der Einfluss von diesen kritischen Gewerkschaftern und Initiativen in den Apparat hinein? Auf dem letzten Verdi-Bundeskongress wurde die Debatte um Krieg und Frieden ja z. B. buchstäblich abgewürgt.

Die Bundesregierung versucht die Zeitenwende mit allen Mitteln durchzusetzen. Das führt zu widersprüchlichen Diskussionen in der gesamten Gesellschaft und letztlich auch in den Gewerkschaften. Es sind Erfolge auf den Gewerkschaftstagen von Verdi, dem DGB und der IG Metall erzielt worden, die uns Beinfreiheit geben, die Friedensfrage zu diskutieren.

Können Sie Beispiele nennen, wo sich die Antimilitaristen mit ihren Positionen durchsetzen konnten? Zum Beispiel beim Gewerkschaftstag der IG Metall 2023?

Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO wird von der IG Metall abgelehnt. Gleichzeitig wird die Diskussion um den Stellenwert der Rüstungsindustrie mit einer Diskussion über Konversion verbunden. Das Ziel ist auch weiterhin, die Rüstungsproduktion auf zivile Produktion umzustellen, um die Arbeitsplätze zu erhalten.

Werden die beschlossenen Friedenspositionen in der Praxis umgesetzt?

Wir müssen über Rahmenbedingungen sprechen. Die Zeitenwende ist ein Generalangriff auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der abhängig Beschäftigten. Wir haben gesehen, dass der Krieg die Inflation in die Höhe treibt und sich der Einkommensverlust nicht allein tarifpolitisch ausgleichen lässt. Wir erleben, dass sich die Verteilungskämpfe verschärfen. Wenn Scholz sagt, es ist kein öffentliches Geld mehr für den Klimaschutz da, dann gilt das auch für den Erhalt und Ausbau des Sozialstaates.

Gleichzeitig gab es den Versuch der Bundesregierung, in die Tarifauseinandersetzungen einzugreifen, etwa mit der »Konzertierten Aktion«, die ja vor allem Streiks verhindern sollte. Oder als Boris Pistorius sagte, ein guter Abschluss im öffentlichen Dienst verhindere eine gute Ausstattung der Bundeswehr. Auch Volker Wissing sagte mit Blick auf den Ukraine-Krieg, Streiks dürfen nicht zum Sicherheitsrisiko werden. Die Beispiele zeigen, wir erleben erste Versuche der Bundesregierung, repressiv in gewerkschaftliche Verteilungsauseinandersetzungen einzugreifen.

Das kann die Gewerkschaften schwächen, denn eine gesellschaftliche Atmosphäre des Verzichts gibt auch auf betrieblicher und tariflicher Ebene vor allem den Forderungen der Arbeitgeber Auftrieb. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns als Gewerkschaften auch außenpolitisch oder sicherheitspolitisch äußern und uns wieder als Teil der Friedensbewegung positionieren. Das geht nicht von heute auf morgen, aber Schritt für Schritt.

In dem Zusammenhang hatte die Linke-Abgeordnete im Europaparlament, Özlem Demirel, bei der Friedenskonferenz im letzten Jahr gesagt: Im Grunde wissen die Leute, dass Aufrüstung mit Sozialabbau einhergeht. Das muss man Ihnen nicht immer wieder sagen. Wichtig wäre statt dessen dieses Freiheitsnarrativ – »In der Ukraine wird unsere Freiheit verteidigt« aufzubrechen. Weil die Leute im Zweifel vielleicht bereit sind, Einschnitte für das große Ganze zu akzeptieren.

Özlem hat recht, auch wenn ich glaube, dass wir trotzdem immer wieder über den Zusammenhang von Rüstung und Sozialkürzungen reden müssen. Wie in allen Kriegen erleben wir auch heute, dass die wahren Kriegsziele verschleiert werden. Scholz hat in seiner Rede an der Karls-Universität in Prag im August 2022 sehr klar gesagt, dass es darum geht, die EU als geopolitischen Akteur aufzubauen und Deutschland darin als Führungsmacht zu etablieren. Das heißt, Scholz und Pistorius ziehen die Unterstützung für die Ukraine nicht aus der Verpflichtung, einem angegriffenen Land beizustehen, sondern daraus, Europa in den neuen geopolitischen Rivalitäten zwischen den USA und China zu positionieren. Es ist wichtig, dass wir das thematisieren, denn es hilft, diesen Krieg zu verstehen. Nur wenn die Kolleginnen und Kollegen verstehen, was um sie herum passiert, werden sie auch bereit sein, sich zu engagieren.

Welche Erfahrungen konnten Sie dahin gehend in Ihrer eigenen gewerkschaftlichen Arbeit machen?

Ich bin als Gewerkschaftssekretärin in meiner Geschäftsstelle für die Vertrauensleutearbeit zuständig und organisiere zweimal im Jahr ein Vertrauensleutewochenende. In der Vergangenheit hatte ich bereits den Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler eingeladen, um mit ihm über seine Perspektive auf die Zeitenwende zu sprechen. Rolf Becker hat Texte gegen den Krieg gelesen. Ich bin vor diesen Wochenenden immer ein bisschen nervös, weil ich denke, die Kollegen wollen nicht die ganze Zeit über Krise und Krieg reden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Kollegen sind froh über Orientierungsangebote. Das zeigt, der Diskussionsprozess ist das Entscheidende.

Noch einmal kurz zu der Aussage von Özlem Demirel zurück: Ist den Leuten tatsächlich der Zusammenhang bewusst zwischen Sozialabbau, schlechten Tarifabschlüssen und Aufrüstung?

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Der verteilungspolitische Zusammenhang zwischen Tarifabschlüssen und staatlichen Ausgaben für Rüstung ist natürlich am besten herauszuarbeiten in den Bereichen des öffentlichen Dienstes, weil die Tarifverhandlungen hier arbeitgeberseitig von gewählten Politikerinnen und Politikern geführt werden. Im Bereich der Metall- und Elektroindustrie müssen wir eher darüber reden, dass die Gewerkschaften durch den Aufrüstungsdiskurs geschwächt werden, weil er eine gesellschaftliche Atmosphäre des Verzichts schafft.

Die Löhne müssten ja steigen, wenn die Rüstungsindustrie jetzt so große Aufträge hat.

Wenn die Rüstungsindustrie floriert, ist das noch lange kein Hinweis darauf, dass auch die Löhne der Kolleginnen und Kollegen steigen. Das wissen wir vor allem aus zurückliegenden Kriegen. Zur Zeit des Faschismus waren es die Rüstungsbetriebe, die sich zu Musterbetrieben entwickelt und riesige Profite gemacht haben, während Gewerkschaften verboten und Arbeiterrechte abgeschafft wurden. In Zeiten von Krieg und Aufrüstung und im schlimmsten Fall auch von Faschismus sind die Gewerkschaften, die abhängig Beschäftigten, unsere Klasse, die Leidtragenden. Es ist wichtig, da klar zu sein. Der entscheidende Punkt ist nicht, dass die Profite in der Rüstungsindustrie eventuell eine bessere Umverteilung möglich machen, sondern das zerstörerische Potential von Rüstungsgütern und die gesellschaftliche Rolle der Rüstungsindustrie. Das ist auch eine Frage der Haltung.

Gibt es dazu gegenwärtig Debatten innerhalb der IG Metall, angesichts von Milliardenaufträgen für Rheinmetall usw.?

Ich nehme die Debatten bisher noch als sehr unterentwickelt wahr. Aber sie finden statt, und ich habe Interesse daran, dass wir diese Debatten ausweiten und darin die verwerfliche Rolle der Rüstungsindustrie betonen.

Im öffentlichen Diskurs wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass die Tarifabschlüsse im letzten Jahr so gut gewesen seien. Macht das die Diskussion über den Zusammenhang von Aufrüstung und Sozialabbau schwerer? Denn die Reallöhne sind branchenübergreifend ja tatsächlich derzeit gerade einmal auf dem Niveau von 2018 angekommen.

Dass das so ist, hat auch etwas mit sinkender Tarifbindung und der Untätigkeit des Bundesarbeitsministers zu tun. Die Tarifbindung liegt mittlerweile bei unter 50 Prozent. Aber klar ist auch, seit der Pandemie hatten es die Gewerkschaften nicht leicht, den Einkommensverlust auszugleichen. Vor allem im letzten Jahr aber haben die Gewerkschaften eine große Mobilisierungskraft entwickelt und gute Abschlüsse gemacht. Das gilt beispielsweise für die Post oder den öffentlichen Dienst.

Aber ich vermute, dass sich auch hier die Verteilungskämpfe künftig verschärfen werden. In der Nationalen Sicherheitsstrategie heißt es, dass die Zeitenwende über Sozialkürzungen finanziert werden müsste. Die Schuldenbremse soll nicht gelockert und Millionäre sollen nicht besteuert werden. Da bleibt nur, bei den Kosten zu kürzen, die man hat. Da der größte Posten im Haushalt der Bereich Arbeit und Soziales ist, wird man dort das Geld herholen. Das lässt sich sehr klar aus der Nationalen Sicherheitsstrategie herauslesen. Meine Vermutung ist, dass das ab 2025 rigoros umgesetzt werden wird. Sparen, bis es quietscht für die Finanzierung der Zeitenwende. Das bedeutet, dass die Auseinandersetzungen im öffentlichen Dienst sowohl auf der kommunalen Ebene als auch auf der Länder- und Bundesebene zu einer Politisierung der Streiks führen können und sogar führen müssen.

Man hört immer wieder von aktiven Gewerkschaftern, die Diskussionen seien schwierig, weil die Belegschaften nicht klassenbewusst seien.

Meine Erfahrung ist: Die Kollegen wissen sehr genau, auf welcher Seite der Barrikade sie stehen. Im Betrieb sind sie in der Mehrheit. Immer. In den Produktionshallen, auf den Betriebsversammlungen, beim Streik. Und es sind die Arbeitgeber, die in der Minderheit sind. Die entscheidende Frage aber ist: Fühle ich mich stark genug als Teil dieser Mehrheit, als Teil der Klasse, meine Interessen durchzusetzen? Die Politik der vergangenen Jahrzehnte hat dieses gemeinsame Klassenhandeln erschwert. Denken wir beispielsweise an die Agenda 2010. Wenn du deinen Job verlierst und dir Hartz IV droht, mit all den Repressionen, die damit einhergehen, dann diszipliniert dich das am Arbeitsplatz, um Arbeitslosigkeit in jedem Falle zu verhindern. Seit drei Jahren betreibt Hubertus Heil eine Ankündigungspolitik im Hinblick auf die Tarifbindung, leitet aber die entsprechenden Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung nicht ein. Dadurch werden auch unsere Auseinandersetzungen im Betrieb entlang des Konfliktes zwischen Kapital und Arbeit und auch die Mobilisierungen schwieriger.

Welchen Anteil haben die Gewerkschaften dabei?

Wir befinden uns in einer multiplen Krisensituation. Und die Gewerkschaften werden die Arbeits- und Lebensbedingungen der Kolleginnen und Kollegen im Betrieb nicht verbessern, wenn sie sich nur auf die tarifliche und betriebliche Ebene konzentrieren. Wir müssen das gesellschaftspolitische Mandat der Gewerkschaften wieder stärker in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen und dies auch entlang der multiplen Krisensituation ausbuchstabieren. Das heißt, wir müssen uns zu Fragen der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik äußern, aber auch zur Klimapolitik, zur Außenpolitik und, wenn Pistorius und Wissing über das Streikrecht reden, eben auch zu Fragen der Demokratie

Gewerkschaften äußern sich ja außenpolitisch und zu Klima- und Sozialpolitik, insbesondere die Gewerkschaftsführungen, aber leider immer auf Regierungslinie.

Aus meiner Sicht ist das vor allem ein Prozess, auch ein Diskussionsprozess. Und am Ende geht es auch nicht nur darum, ob wir etwas zu dieser oder jener Problematik sagen, sondern ob wir für uns eine subjektive Rolle darin sehen – als Teil der Klimabewegung, als Teil der Friedensbewegung, als Teil einer Demokratie- und Gerechtigkeitsbewegung.

Die IG Metall hat sich groß den Kampf gegen rechts und gegen die AfD auf die Fahne geschrieben. Wie glaubwürdig ist das, wenn sie gleichzeitig die Regierungspolitik abnickt, gerade beim Thema Frieden. Das trägt ja dazu bei, dass die AfD sich überhaupt als Friedenspartei präsentieren kann.

Der AfD gelingt es, sich als Friedenspartei zu inszenieren, weil die gesellschaftliche Linke sich so wenig zur Friedensfrage äußert. Wir leben seit 80 Jahren im Frieden. Plötzlich kommt eine Bundesregierung und redet darüber, dass wir zu wenig Bunker in der Bundesrepublik haben und wir uns in den nächsten zwei, drei Jahren auf den Krieg vorbereiten müssen. Dazu müssen wir wieder kriegstüchtig werden. Es ist das mutlose Schweigen der gesellschaftlichen Linken in der Frage von Krieg und Frieden, das der AfD die Räume öffnet. Deswegen ist es um so wichtiger, an der Stelle auch Position zu beziehen, um der AfD, die für die Atombombe, für die Wehrpflicht, für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr ist, den Spiegel vorzuhalten und zu sagen, mit euren Positionen seid ihr im Kern die schlimmeren Kriegstreiber, ihr seid eigentlich die Speerspitze der Militarisierung.

Wie läuft denn die Arbeit gegen die AfD oder gegen rechts auf Betriebsebene ab?

Was ich aus den Betrieben heraushöre, ist eine große Unzufriedenheit mit der Bundesregierung und zugleich das Fehlen einer echten parteipolitischen Alternative, die die Interessen der abhängig Beschäftigten ins Zentrum politischer Auseinandersetzungen stellen will. Didier Eribon beschrieb das in seinem Buch »Rückkehr nach Reims« als Notwehr. Wenn sich deine ökonomische Situation konsequent verschlechtert, du aber auf der Linken keinen parteipolitischen Bündnispartner hast, an den du deine Veränderungswünsche adressieren kannst, dann bleibt aus Notwehr nur die Wahl rechts.

Wenn ich mit Kollegen diskutiere, dass die AfD nicht die Interessen der Malocher vertritt, weil sie Gewerkschaften, Mitbestimmung und Tarifverträge hasst, weil sie die Rente privatisieren will, dann bekomme ich als Antwort: Na ja, aber wer trägt denn gerade die Rente an die Kapitalmärkte? Das ist doch nicht die AfD, das ist doch die Bundesregierung. Das macht noch mal deutlich, dass wir keine Brandmauern nach rechts brauchen. Wir brauchen eine andere Politik. Und dazu ist es wichtig, dass sich die gesellschaftliche Linke anders aufstellt. Wir müssen klären, an welcher Stelle wir Auseinandersetzungen um eine andere Politik führen wollen, und wir müssen die entsprechenden Bündnisse dazu aufbauen, um stärker zu werden. Aus meiner Sicht sind das Rente, Sozial- und Arbeitsmarkt, demokratische Grundrechte und der Kampf gegen den Klimawandel. Und natürlich die Zeitenwende, die all das umfasst.

Heraus zur Friedensdemonstration am 3. Oktober in Berlin: nie-wieder-krieg.org

Ulrike Eifler ist Bundessprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Betrieb und Gewerkschaft in der Partei Die Linke und arbeitet als Gewerkschaftssekretärin in Würzburg. Sie organisierte die friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenzen von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der IG Metall und Verdi federführend mit und gehört zu den Initiatoren des Aufrufs »Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg«.

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  • Leserbrief von Falk Prahl aus Frankfurt am Main (2. September 2024 um 14:27 Uhr)
    Für die Mobilisierung und Positionsfindung von gewerkschaftlichen Basisaktivisten sind die genannten Friedenskonferenzen unverzichtbar. Solange aber die dort gewonnenen Erkenntnisse und Forderungen nicht bis in die Gewerkschaftsspitzen, die mehrheitlich von SPD Mitgliedern besetzt sind, vordringen, bleiben solche Konferenzen relativ folgenlos. Da helfen dann auch, wie von der Interviewerin festgestellt, die vielfältigen Appelle (bspw. DGB zum 1. September) nicht wirklich.
    Machen wir uns doch ehrlich: Die eigentlich dringend notwendigen gewerkschaftlichen Aktionen und Mobilisierungsstrategie, im notwendigen Verbund mit den Sozialverbänden, Klima- und Friedensaktivisten gegen die »Zeitenwende die ein Generalangriff auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der abhängig Beschäftigten sind« (UE) und die damit verbundene hysterische Kriegstreiberei in diesem Land, wird es, wenn überhaupt, erst dann wieder geben, wenn die Sozialdemokratie auf Bundesebene wieder in der Opposition landet. Die führenden Gewerkschaftsfunktionäre werden dann, um ihr Gesicht zu wahren, wieder etwas Klassenkampf zulassen. Um dies zu fördern, müssten auf allen Ebenen gewerkschaftliche Beschlüsse gefasst werden, die das Führungspersonal verpflichten, parteipolitische Mandaten und Mitgliedschaften während ihrer Amtszeit ruhen zu lassen und sich einzig der eigenen gewerkschaftlichen Programmatik verpflichtet fühlen. Ansonsten wird man sich, wie bisher, mehr der Partei- als der gewerkschaftspolitischen Räson verpflichtet fühlen.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (31. August 2024 um 09:57 Uhr)
    Ein an sich sehr gutes Interview, dass doch endlich mal einige Probleme auf den Punkt bringt. Auffällig allerdings, dass gerade im letzten Teil immer wieder ein Bündnis gefordert wird, welches sich für Arbeiter gegen die Kriegspolitik der Regierung einsetzt, ohne auch nur mit einem Wort das Bündniss SR zu erwähnen. Schon komisch.

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