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Aus: Ausgabe vom 07.09.2024, Seite 4 / Inland
Antimilitarismus

Protest gegen Kriegsindustrie

Kiel: Verletzte bei Demonstration gegen deutsche Rüstungskonzerne. Veranstalter sprechen von Polizeigewalt
Von Karim Natour
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Seit Dienstag sind in Kiel Polizeikräfte gegen Friedensaktivisten im Einsatz (6.9.2024)

In Kiel haben am frühen Freitag morgen Protestaktionen gegen die deutsche Rüstungsindustrie stattgefunden. Rund 500 Menschen haben laut Veranstaltern an einer angemeldeten Versammlung teilgenommen. Der Demonstrationszug ist demnach vom Protestcamp »Kiel entwaffnen – Kriegsindustrie versenken!« der Initiative »Rheinmetall entwaffnen« gestartet. Aufrüstungsgegner hatten am Dienstag im Kieler Werftpark ihre Zelte aufgeschlagen und wollen noch bis einschließlich Sonntag dort kampieren.

Ziel der Demonstration am Freitag war die Theodor-Steltzer-Kaserne, in der das Landeskommando Schleswig-Holstein der Bundeswehr seinen Sitz hat. Mit der Demonstration wolle man darauf aufmerksam machen, dass »mehr Geld in die Rüstungsindustrie und die Bundeswehr gesteckt« werde als in Bildung und Soziales, so die Initiative in einer Mitteilung.

Laut Polizei wurde die Demonstration gegen 7 Uhr beendet. Zum Verlauf des Einsatzes machte die Behörde uneindeutige Angaben. So zitierte NDR einen Sprecher mit den Worten, die Versammlung sei »friedlich und ohne Ausschreitungen« verlaufen. In einer Mitteilung der Polizeidirektion heißt es hingegen, Teilnehmer seien »unvermittelt die Beamten« angegangen und hätten versucht, »die polizeiliche Absperrung zu durchbrechen«. Daraufhin sei »einfache körperliche Gewalt« gegen die Demonstranten angewendet worden, zwei Polizeibeamte seien während des Einsatzes verletzt worden.

Die Veranstalter zeichnen ein anderes Bild. So seien Aktionen »von Anfang an« durch ein »massives Aufgebot« von Polizisten »mit Gewalt eingeschränkt« worden, erklärte »Rheinmetall entwaffnen« gegenüber jW. In einer Mitteilung sprachen die Veranstalter von »massiver Polizeigewalt«: Einsatzkräfte hätten »willkürlich Schlagstöcke und Pfefferspray« eingesetzt. Das habe »viele Verletzte bis Schwerverletzte« zur Folge gehabt. Von verletzten Teilnehmern habe man »keine Kenntnisse«, erklärte eine Polizeisprecherin im Gespräch mit jW.

»Wir demonstrieren hier in Kiel, weil hier Krieg produziert wird«, erklärte ein Sprecher des Protestbündnisses laut RND. In der Stadt an der Ostsee haben zahlreiche deutsche Rüstungskonzerne Standorte. So betreibt Rheinmetall dort ein Entwicklungszentrum für Panzer und andere Kettenfahrzeuge. Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) baut in Kiel Unterseeboote. Die Polizei hat indes die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. So werden Terminals des Seehafens, die TKMS-Werft, die Schleuse und eine Brücke mit Einsatzbooten der Wasserschutzpolizei bewacht, wie die Kieler Nachrichten am Freitag berichteten. Demnach steht der Schutz eines mehrere hundert Millionen Euro teuren neuen U-Boots für Singapur im Zentrum der Maßnahmen. Auch ein in Kiel für das israelische Militär gebautes U-Boot der »Drakon«-Klasse, das mit atomwaffenfähigen Raketen bestückbar sein soll, werde besonders bewacht.

Am Donnerstag fand im Rahmen des Friedenscamps eine Protestaktion gegen das Militärtechnikunternehmen Hensoldt statt, das unter anderem türkische »Bayraktar«-Drohnen mit Sensor- und Kameratechnik ausstattet. Diese setze der türkische Staat bei seinem »völkerrechtswidrigen Kampf gegen die kurdische Freiheitsbewegung«, so »Rheinmetall entwaffnen«.

Mit dem Camp will »Rheinmetall entwaffnen« gegen die »neue Normalität von Aufrüstung, tausendfachen Tod, Flucht und Vertreibung« protestieren. Das »massenhafte Morden an den Kriegsfronten in der Ukraine, der zehntausendfache Tod und die Vertreibung in Gaza, das Leid in Kurdistan« seien nur »wenige Beispiele für die Folgen der globalen Aufrüstung des kapitalistisch patriarchalen Systems«. Für Sonnabend ist eine Demonstration im Kieler Bootshafen geplant.

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