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Aus: Ausgabe vom 07.09.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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List der Opposition

Zu jW vom 31.8./1.9.: »›Das schafft eine Atmosphäre des Verzichts‹«

Für die Mobilisierung und Positionsfindung von gewerkschaftlichen Basisaktivisten sind die genannten Friedenskonferenzen unverzichtbar. Solange aber die dort gewonnenen Erkenntnisse und Forderungen nicht bis in die Gewerkschaftsspitzen, die mehrheitlich von SPD-Mitgliedern besetzt sind, vordringen, bleiben solche Konferenzen relativ folgenlos. Da helfen dann auch, wie von der Inter­viewerin festgestellt, die vielfältigen Appelle (bspw. DGB zum 1. September) nicht wirklich.

Machen wir uns doch ehrlich: Die eigentlich dringend notwendigen gewerkschaftlichen Aktionen und Mobilisierungsstrategie, im notwendigen Verbund mit den Sozialverbänden, Klima- und Friedensaktivisten, gegen die »Zeitenwende, die ein Generalangriff auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der abhängig Beschäftigten sind«, so Ulrike Eifler, und die damit verbundene hysterische Kriegstreiberei in diesem Land wird es, wenn überhaupt, erst dann wieder geben, wenn die Sozialdemokratie auf Bundesebene erneut in der Opposition landet. Die führenden Gewerkschaftsfunktionäre werden dann, um ihr Gesicht zu wahren, wieder etwas Klassenkampf zulassen. Um dies zu fördern, müssten auf allen Ebenen gewerkschaftliche Beschlüsse gefasst werden, die das Führungspersonal verpflichten, parteipolitische Mandate und Mitgliedschaften während ihrer Amtszeit ruhen zu lassen und sich einzig der eigenen gewerkschaftlichen Programmatik verpflichtet zu fühlen. Ansonsten wird man sich, wie bisher, mehr der Partei- als der gewerkschaftspolitischen Räson verpflichtet fühlen.

Falk Prahl, Frankfurt am Main

Ohne Perspektive

Zu jW vom 2.9.: »Aus Leserbriefen an die Redaktion«

Bezugnehmend auf den Brief von Wilfried Schubert: Abschiebung ist Verletzung der Menschenwürde! Es ist nichts darüber bekannt, dass der Mörder von Solingen vor seiner Greueltat sich irgend etwas hatte zuschulden kommen lassen. Er war ein junger Mann, der ohne vernünftigen Grund abgeschoben werden sollte. Einzig der Rassismus der Gesetzgeber und Behördenvertreter wäre die Erklärung. Die Botschaft lautet: Du kannst Deutsch lernen, du kannst dich integrieren, kannst dich anstrengen, soviel du willst, und es nützt dir alles nichts, wir wollen dich trotzdem nicht. Dadurch hatte er nichts mehr zu verlieren. Hätten wir diesem jungen Mann einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeit vermittelt und ihm gesagt, solange du zuverlässig dieser Arbeit nachgehst, bleibst du sicher bei uns, dann hätte er einen guten Tariflohn und eine Lebensperspektive hier bei uns. Es erscheint höchst unwahrscheinlich, dass jemand in gesicherten Lebensverhältnissen eine so sinnlose Mordtat begeht. Also gehört nicht nur der Mörder vor Gericht. Wer die Abschiebung veranlasst und unterschrieben hat, muss als Anstifter ebenso auf die Anklagebank.

Ralf Cüppers, Flensburg

Fürsorgepflicht

Zu jW vom 4.9.: »Der Golf frisst seine Kinder«

Laut Anklage gegen Martin Winterkorn hat der Dieselskandal den VW-Konzern bis jetzt 33 Milliarden Euro gekostet. Laut Frankfurter Rundschau vom 24. Juli 2024 bekam VW-Boss Oliver Blume (ich spare mir den Begriff »verdiente«) 10,32 Millionen Euro im Jahr 2023 Gehalt, das sind sage und schreibe knapp 28.280 Euro am Tag. Und das ist nur einer, der den Kolleginnen und Kollegen so exorbitant auf der Tasche liegt. Und nun sollen die Kolleginnen und Kollegen bei VW die Rechnung bezahlen – angedrohte Werksschließungen, Aufkündigung des Kündigungsschutzes usw. usf. Der Kapitalismus wirkt sich hier am schmutzigsten aus. Was soll man dagegen tun? Schlüsselindustrien, aber nicht nur, gehören nicht dermaßen dem Markt ausgesetzt, schon gar nicht, wenn wie bei VW das Land Niedersachsen allein mit 20 Prozent der Anteile mit in der Verantwortung ist. Hier hat der Staat vor allem eine Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitern. Denn der Staat kommt dafür auf, wenn es zu Entlassungen kommt, wenn es vielleicht Auffanggesellschaften oder Umschulungsprojekte gibt, die dann finanziert werden müssen. Und was man vor allem dagegen tun muss – man muss diese riesigen Gehälter und die anderen Vorzüge der oberen Manager deckeln. Es ist Zeit für einen vernünftige und gerechte Wirtschaftspolitik. Habeck und die anderen Ampelmänner und -frauen sind dazu unfähig, genau wie Blackrock-Merz und seine sogenannte Christlich-Demokratische Union.

Andreas Eichner, Schönefeld

Nicht mehr unangefochten

Zu jW vom 4.9.: »Der Golf frisst seine Kinder«

Wer es bisher nicht wahrhaben wollte: Die Krise hat Deutschland erreicht. Das Flaggschiff der deutschen Wirtschaft, die Autoindustrie, hat hohes Fieber. Es greift zu kurz, schaut man bei Volkswagen nur auf Managementfehler. Die Entscheidungen, dem Autobau eine so überragende Rolle in der Industriestruktur beizumessen, hat etwas mit den Profitraten zu tun, die sich dort jahrzehntelang problemlos erzielen ließen. Der Niedergang war absehbar, seit erkennbar ist, dass das Auto in seiner herkömmlichen Bauart seinen bisher unangefochtenen Platz im Transportwesen wird hergeben müssen. Und der früher inbrünstig verlachte Konkurrent aus China eher begann, über neue Formen der Mobilität nachzudenken. Viele von den Ideen, die dort heute inzwischen Alltag sind, hat Volkswagen über lange Zeit vom Markt gekauft und des aktuellen Profits wegen ungenutzt in den Tresoren verschimmeln lassen. Eben nicht aus Dummheit. Sondern weil der Kapitalismus nun eben mal so funktioniert, wie er funktioniert.

Joachim Seider, Berlin

Schlüsselindustrien gehören nicht dermaßen dem Markt ausgesetzt, schon gar nicht, wenn wie bei VW das Land Niedersachsen allein mit 20 Prozent der Anteile mit in der Verantwortung ist.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!