75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 23. / 24. November 2024, Nr. 274
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 09.09.2024, Seite 6 / Ausland
USA

Prozess gegen Panafrikanisten

USA: Justiz wirft ihnen Verbreitung russischer Propaganda und Verschwörung vor
Von Jürgen Heiser
imago0757579933h.jpg
Die drei Angeklagten bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in St. Petersburg, Florida

Unter dem Vorwand der Verbreitung »russischer Propaganda« geht die US-Justiz auch gegen Linke vor. So begann in der vergangenen Woche der Prozess gegen die sogenannten Uhuru Three vor dem US-Bundesgericht in Tampa, Florida. Angeklagt sind Omali Yeshitela, Vorsitzender der panafrikanistischen Partei African People’s Socialist Party (APSP), Penny Hess vom African People’s Solidarity Committee sowie Jesse Nevel vom Uhuru Solidarity Movement. Sie werden von der US-Bundespolizei FBI seit einer Razzia im Juli 2022 beschuldigt, »Handlanger einer ausländischen Regierung« zu sein und »russische Propaganda« verbreitet zu haben.

Am ersten Verhandlungstag am Dienstag war unter propagandistischer Begleitung der Konzernmedien die Geschworenenjury ausgewählt und die Anklage vorgetragen worden. Das Onlineportal Struggle vor Socialism (SfS) nannte es »ein Armutszeugnis für die US-Regierung«, dass sie einer panafrikanischen Freiheitsorganisation wie der APSP, die auf eine über 50jährige Geschichte zurückblicken kann, unterstellt, sie erhielte »von einer ausländischen Macht Anweisungen, wie sie für Reparationszahlungen für die Sklaverei zu kämpfen« habe.

Bundesstaatsanwalt Menno Goedman von der Abteilung für Nationale Sicherheit des US-Justizministeriums warf den Angeklagten laut dem US-Sender CBS News in seinem Eröffnungsplädoyer vor, sie hätten »unter russischer Anleitung 2016 Proteste veranstaltet, bei denen behauptet wurde, dass Schwarze in den USA Opfer eines Völkermordes geworden seien«. Ferner hätten sie »in den folgenden sechs Jahren weitere Aktionen zugunsten von Russland durchgeführt, einschließlich ihrer Opposition gegen die US-Politik im Ukraine-Krieg«. Die Angeklagten verfolgten das Ziel, »Amerikaner und ihre Gemeinschaften zu spalten und Nachbarn gegeneinander aufzubringen«, so Goedman zu den Geschworenen. Und: »Die Angeklagten haben auf Anweisung der russischen Regierung gehandelt, um hier in den USA Zwietracht zu säen.« Deshalb beschuldigte er Yeshitela und die beiden Mitangeklagten »der Verschwörung zum Nachteil der Vereinigten Staaten« und dass sie sich nicht als »Agenten einer ausländischen Regierung« beim Justizministerium hätten registrieren lassen. Als Höchststrafe drohen dafür 15 Jahre Haft.

Neben den »Uhuru 3« steht aktuell auch eine vierter, junger Angeklagter aus Atlanta, Georgia, wegen »Verschwörung« vor Gericht. Er soll die von ihm gegründete Gruppe »Black Hammer« nicht angemeldet haben. Alle Angeklagten plädierten auf »nicht schuldig«. Drei russische Bürger, von denen zwei nach Angaben des Justizministerium »Agenten des russischen Geheimdienstes« sein sollen, sind zwar mit angeklagt, ihr Aufenthaltsort ist jedoch unbekannt. In ihrem Eröffnungsplädoyer sagte Yeshitelas Anwältin Ade Aileen Griffin, die Gruppe teile zwar viele Ziele einer russischen Organisation namens »Antiglobalisierungsbewegung Russlands«, agiere aber »nicht unter der Kontrolle der Regierung jenes Landes«. Das sei »einfach nicht wahr«, so Griffin vor der Jury. Gegenüber der New York Times erklärte der 82jährige Yeshitela: »Wir sind nur ein Vehikel, das dazu benutzt wird, die Meinungsfreiheit abzuschaffen.«

Für die antiimperialistische Black Alliance for Peace stellen die Vorwürfe einen klaren »Angriff auf die Organisations- und Informationsfreiheit und den politischen Diskurs« dar. Das Portal SfS sieht in diesem Zusammenhang den »sprichwörtlichen Elefanten« im Gerichtssaal: Bei der Abstrafung der »Uhuru 3« gehe es Washington um die Einflussnahme auf die US-Präsidentschaftswahl durch antirussische Stimmungsmache. Workers World schrieb, die Unterstützung der Uhuru-Bewegung für Palästina »gegen den von den USA unterstützten Völkermord Israels in Gaza« habe »den Zorn der herrschenden Klasse sicherlich weiter angefacht«. Insgesamt 28 Organisationen haben die Solidaritätserklärung »Hände weg von den Uhuru 3« veröffentlicht und mobilisieren für die Beobachtung des Prozesses, der am Montag fortgesetzt werden soll.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Die russische Regierung wolle einen Präsidenten namens Trump, da...
    07.09.2024

    Neuer alter Vorwurf

    USA: Russland soll eine Kampagne gestartet haben, um den Wahlkampf zu beeinflussen. »Aggressive« Gegenmaßnahmen angekündigt
  • Hat sich keine Freunde gemacht: Sonderermittler John Durham, der...
    24.05.2023

    Ermittlung der Ermittlung

    USA: Durham-Bericht stellt Fehler bei FBI-Untersuchung zur Russland-Affäre fest
  • ICC-Chefankläger Karim Khan (r.) zu Besuch beim ukrainischen Sta...
    23.03.2023

    Diener des Westens

    Nach Haftbefehl gegen Putin: Über das Verhältnis von USA und Internationalem Strafgerichtshof