Trittbrettfahrer des Tages: Andrij Melnyk
Von Reinhard LauterbachWenn ein aktiver Bandera-Verehrer wie Andrij Melnyk plötzlich vom »verdammten Krieg« redet, der in der Ukraine tobe, dann ist etwas passiert. Und wenn derselbe Mensch, der während seiner Berliner Amtszeit alle Versuche der deutschen Politik, Gesprächskanäle nach Moskau offenzuhalten, als Ausdruck ewiggestrigen Denkens gegeißelt hat plötzlich die Bundesregierung auffordert, gegenüber Russland diplomatische Lösungsmöglichkeiten für den ukrainisch-russischen Konflikt auszuloten, dann kann man sich denken, was passiert ist. Dass sich nämlich die militärische Lage für die Ukraine und ihre Bevölkerung zuletzt drastisch verschlechtert hat. Allein schon die Tatsache, dass sich Melnyk für sein langes Interview die Berliner Zeitung ausgesucht hat, die er zu seinen Berliner Zeiten wegen ihrer relativen Distanz zur Mainstreamkriegshetze zugunsten von Bild, Taz und Deutschlandfunk ignoriert hatte, spricht Bände. Da will jemand das kriegskritische Publikum in Deutschland ansprechen und gut Wetter machen.
In der Sache ist Melnyks politischer Hilferuf völlig lächerlich. Auf der einen Seite von der Bundesregierung nach wie vor »Taurus«-Marschflugkörper zu fordern und auf der anderen Seite daran zu erinnern, dass die Bundesrepublik »noch eine Botschaft in Moskau« hat, von der eventuelle Sondierungen ausgehen könnten – der Mann sollte doch lange genug im Geschäft sein, um zu wissen, dass unter der Perspektive drohender »Taurus«-Lieferungen der deutsche Botschafter im russischen Außenministerium allenfalls bis zur Pförtnerloge käme.
Wie kommt einer auf solche Absurditäten? Er behauptet, der Bundeskanzler könne seine wackelnde Koalition durch die Demonstration von Bereitschaft zur diplomatischen Lösung stabilisieren, weil sonst nächstes Jahr AfD und BSW noch stärker und die Karten der Ukraine noch schlechter würden. So klingt Pfeifen auf dem letzten Loch.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich K. aus Potsdam (9. September 2024 um 16:42 Uhr)Der Oberkriegstreiber Melnyk verrät dem SPD-Kanzler, warum seine Partei sowie die dazugehörigen grünen und gelben Freunde von der Wahlbevölkerung abgestraft wurden. Zynischer kann Bandera-Freund Melnyk nicht schwadronieren. Dass die Menschen in der BRD mehrheitlich gegen die Kriegsbeteiligung und gegen Waffenlieferung dieses Landes sind, sollte sich bei dem BRD-Kanzler und seinen Parteifreunden eigentlich bereits herumgesprochen haben. Es sei denn, es ist eine Tatsache, dass diese Regierung in einer abgeschlossenen Blase »regiert« und sich bereits von der Basis weitestgehend abgekoppelt hat.
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Leserbrief von N. Schreiber aus München (9. September 2024 um 11:15 Uhr)Oha, der den Faschisten Stepan Bandera, der damals mittels seiner heute in der West-Ukraine hochgewürdigten OUN-B Juden und Polen massenermordete, verehrende »Diplomat« will nach seiner verbrecherischen Kriegstreiberei in jeder deutschen Talkshow, die nicht bei 3 auf den Bäumen war – d. h. so gut wie keine –, nun plötzlich Frieden, als es für ihn und seine braunen Spießgesellen anfängt, so richtig scheiße zu laufen?! Interessant. (Eigentlich: /not) Vielleicht nimmt er sich ja demnächst noch einen weiteren hochrangigen Nazi von damals als Vorbild, Rudolph Heß, und murkst sich mit einem Flieger an der russischen Luftabwehr vorbei, landet dann auf dem Roten Platz, um höchstselbst mit Wladimir Putin einen Friedensvertrag auszuhandeln … Dürfte wie damals allerdings letzterem wie dem seinerzeitigen Churchill nur ein müdes Gähnen und allen anderen ein bitteres, schwarzhumoriges Lachen abringen … Faschos sind wahrlich unlustige Witzfiguren.
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Leserbrief von Hagen Radtke aus Rostock (9. September 2024 um 08:55 Uhr)Wenn nun sowohl die Ukraine als auch Russland zu Verhandlungen bereit sind, ist das doch erstmal eine gute Nachricht. Ein »Pfeifen auf dem letzten Loch« seitens der Ukraine ist dies keineswegs. Vielmehr hat Putin ja gerade eine Kehrtwende vollzogen: Hieß es von Peskow noch kürzlich, solange die Region Kursk besetzt ist, seien Verhandlungen ausgeschlossen, hat Putin plötzlich wieder Verhandlungen auf der Basis der Istanbuler Gespräche von 2022 angeboten. Das ist gegenüber den vorherigen sogenannten Verhandlungsangeboten, die sogar die Abtretung ukrainisch kontrollierten Gebiets an Russland forderten, ein wesentlicher Fortschritt. Offensichtlich ist das der Einsicht geschuldet, dass die Rückeroberung des Kursker Gebiets doch nicht ganz so einfach ist. Wollte Russland es mit derselben Taktik einnehmen wie die Dörfer im Donbass, nämlich über massive Zerstörung durch Gleitbomben, käme das vermutlich in der eigenen Bevölkerung weniger gut an. Der zweite Trumpf, den die Ukraine präsentiert hat, ist ihre neue Raketendrohne, mit der sie das russische Hinterland treffen kann, die aber noch in großer Stückzahl produziert werden müsste. Russland hingegen kann auf erhebliche Zerstörung der ukrainischen Energieinfrastruktur im Winter hoffen. Es wäre sicher im Interesse beider Bevölkerungen, der russischen und der ukrainischen, wenn man mit den jeweiligen Trümpfen in der Hand das Pokerspiel jetzt beendet und es nicht zum Showdown kommen lässt. Dass die Ukraine erwägt, die Möglichkeit dafür abzuklopfen, ist verständlich und begrüßenswert.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in André M. aus Berlin (9. September 2024 um 07:17 Uhr)Sehr richtig beurteilt, genau das dachte ich auch nach dem Lesen des Interviews. Er scheint Kreide gefressen zu haben. Er hat wohl realisiert, dass die Amis auf die Bremse treten und dass die Zeit unerbittlich ist. So und so viel tote und verstümmelte ukrainische Soldaten pro Monat, die sich auch Melnyk als Verdienst anheften kann, lassen nichts übrig von der ukrainischen Hybris. Sie werden Demut lernen müssen. Auf die ganz harte Tour, leider. Der Feind steht im eigenen Land – wieder mal. Der größte Feind des ukrainischen Volkes sind seine Ultranationalisten, die wenig bis nichts von Faschisten unterscheidet.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Otto B. aus Altlichtenwarth (Österreich) (8. September 2024 um 22:29 Uhr)Melnyk ist schwer frustriert, weil ihn in Brasilien, wo er jetzt Botschafter ist, nicht einmal das Regionalradio interviewt. Er beklagt sich auch, dass dort keiner auf ihn hört und er keine (!) Mitarbeiter hat, die Portugiesisch sprechen. Wenn er über Vermittlung reden will, könnte er es ja in seinem neuen Wirkungsbereich versuchen. Präsident Lula will vermitteln, aber wie er das will, passt Melnyk und seinen Kiewer Herren wieder nicht, denn die »Selenskyj-Friedensformel« wird es nicht sein, worüber Brasilien gemeinsam mit China und anderen Staaten mit Russland und der Ukraine sprechen will.