75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 21. November 2024, Nr. 272
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 11.09.2024, Seite 1 / Titel
Israels Krieg in Gaza

Raketen auf Zeltstadt

Gaza: Mindestens 40 Tote nach israelischem Bombardement in »humanitärer Zone«. Armee behindert UN-Impfkampagne gegen Kinderlähmung
Von Wiebke Diehl
1a.jpg
Riesiger Krater nach dem Raketenangriff auf ein Zeltlager in Khan Junis

Es sei »eines der abscheulichsten Massaker seit Beginn der israelischen Aggression im Gazastreifen«. Das erklärte der palästinensische Zivilschutz in Reaktion auf den von der israelischen Armee in der Nacht zu Dienstag durchgeführten Angriff mitten in einer von Israel ausgewiesenen »humanitären Zone« im Gazastreifen. Dort suchen Zehntausende durch den Krieg gegen Gaza Vertriebene Schutz.

Bei dem Angriff im Gebiet Al-Mawasi in Khan Junis seien Zelte von Geflüchteten getroffen und mindestens 40 Menschen getötet sowie 60 weitere verletzt worden. Etwa 15 Personen würden seither vermisst. Die Zivilisten in dem Gebiet seien nicht vor dem Luftangriff gewarnt worden, so Zivilschutzsprecher Mahmud Basal. Ganze Familien und über ein Dutzend Zelte seien unter dem Sand verschwunden. Laut der Nachrichtenagentur WAFA wurden bei dem Angriff fünf Raketen eingesetzt, die die Zelte völlig zerstört und neun Meter tiefe Krater in den Boden gerissen hätten. Aus diesen seien Leichenteile geborgen worden. Weitere Flüchtlingszelte gerieten in Brand.

Die israelische Armee behauptet, der Angriff habe einer verdeckten Kommandozentrale der Hamas gegolten, Ziel seien ranghohe Mitglieder der Organisation gewesen, darunter der Chef der Hamas-Luftsysteme, der Leiter einer Hamas-Spähabteilung und eine weitere höhergestellte Person. Die Hamas dementierte allerdings, in humanitären Zonen militärische und andere Einrichtungen zu unterhalten. Es hätten sich auch keine Kämpfer dort aufgehalten. Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung und in eklatantem Widerspruch zu der Erklärung der Armee behauptete Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant am Dienstag gegenüber Journalisten, die Hamas existiere nicht mehr als »militärische Formation« im Gazastreifen.

Al-Mawasi, das bereits zu Beginn des Krieges als »humanitäre Zone« deklariert wurde, ist trotz dieser Einstufung bereits in der Vergangenheit wiederholt bombardiert worden. Am 3. Juli fielen einem israelischen Angriff auf das Gebiet fast 100 Menschen zum Opfer, weitere 200 Personen wurden verletzt. Nur drei Tage später starben am gleichen Ort bei einem weiteren israelischen Luftangriff mehr als 25 Menschen.

Derweil hat im Norden des Gazastreifens die letzte Phase der ersten Runde der Impfkampagne begonnen, die Kinder vor Polio schützen soll, falls sie nicht durch israelische Bomben ums Leben kommen. Bislang sollen 446.000 Kinder in der Mitte und im Süden der Küstenenklave immunisiert worden sein. Mitarbeiter von Gesundheitsdiensten beklagen allerdings, die Impfungen würden durch Zugangsbeschränkungen, Evakuierungen und Treibstoffmangel erheblich erschwert.

Erst in der Nacht zu Dienstag war ein Konvoi der Vereinten Nationen wieder freigelassen worden, nachdem ihn die Armee kurz nach dem Kontrollpunkt Wadi Gaza für mehr als acht Stunden festgesetzt hatte. Laut einem Eintrag vom Chef des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA), Philippe Lazzarini, auf der Plattform X hatten Bulldozer erhebliche Schäden an den gepanzerten Fahrzeugen der UN verursacht. Dem UN-Personal sei mit Verhaftung gedroht worden. Nach Angaben von Lazzarini hatte der Konvoi Polioimpfstoffe geladen und war unterwegs, um die Impfkampagne fortzuführen. Israel hatte behauptet, es hätten sich keine Impfdosen an Bord befunden, der Konvoi sei angehalten worden, weil man Informationen erhalten habe, dass sich »palästinensische Verdächtige« an Bord befänden.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Bisher keine Rettung in Sicht: Die Einwohner Gazas leiden unter ...
    11.07.2024

    Katastrophe eingeplant

    Gazakrieg: Israel bombardiert erneut Schutzsuchende und benutzt laut UN-Experten Hunger als Waffe
  • Zehntausende Israelis fordern ein Ende des Krieges, um die Geise...
    17.06.2024

    Geduld am Ende

    Israel: Größte Demonstrationen gegen Netanjahu seit Kriegsbeginn, Geiselabkommen gefordert. Militär verkündet Kampfpause entlang Hauptstraße
  • Verletzter Junge nach israelischem Angriff auf UNRWA-Schule im F...
    07.06.2024

    Bomben auf »Hamas«

    Israels Luftwaffe bombardiert UN-Schule und tötet allein 14 Kinder. Razzien in Westbank. Spanien schließt sich IGH-Klage an