Raketen auf Zeltstadt
Von Wiebke DiehlEs sei »eines der abscheulichsten Massaker seit Beginn der israelischen Aggression im Gazastreifen«. Das erklärte der palästinensische Zivilschutz in Reaktion auf den von der israelischen Armee in der Nacht zu Dienstag durchgeführten Angriff mitten in einer von Israel ausgewiesenen »humanitären Zone« im Gazastreifen. Dort suchen Zehntausende durch den Krieg gegen Gaza Vertriebene Schutz.
Bei dem Angriff im Gebiet Al-Mawasi in Khan Junis seien Zelte von Geflüchteten getroffen und mindestens 40 Menschen getötet sowie 60 weitere verletzt worden. Etwa 15 Personen würden seither vermisst. Die Zivilisten in dem Gebiet seien nicht vor dem Luftangriff gewarnt worden, so Zivilschutzsprecher Mahmud Basal. Ganze Familien und über ein Dutzend Zelte seien unter dem Sand verschwunden. Laut der Nachrichtenagentur WAFA wurden bei dem Angriff fünf Raketen eingesetzt, die die Zelte völlig zerstört und neun Meter tiefe Krater in den Boden gerissen hätten. Aus diesen seien Leichenteile geborgen worden. Weitere Flüchtlingszelte gerieten in Brand.
Die israelische Armee behauptet, der Angriff habe einer verdeckten Kommandozentrale der Hamas gegolten, Ziel seien ranghohe Mitglieder der Organisation gewesen, darunter der Chef der Hamas-Luftsysteme, der Leiter einer Hamas-Spähabteilung und eine weitere höhergestellte Person. Die Hamas dementierte allerdings, in humanitären Zonen militärische und andere Einrichtungen zu unterhalten. Es hätten sich auch keine Kämpfer dort aufgehalten. Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung und in eklatantem Widerspruch zu der Erklärung der Armee behauptete Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant am Dienstag gegenüber Journalisten, die Hamas existiere nicht mehr als »militärische Formation« im Gazastreifen.
Al-Mawasi, das bereits zu Beginn des Krieges als »humanitäre Zone« deklariert wurde, ist trotz dieser Einstufung bereits in der Vergangenheit wiederholt bombardiert worden. Am 3. Juli fielen einem israelischen Angriff auf das Gebiet fast 100 Menschen zum Opfer, weitere 200 Personen wurden verletzt. Nur drei Tage später starben am gleichen Ort bei einem weiteren israelischen Luftangriff mehr als 25 Menschen.
Derweil hat im Norden des Gazastreifens die letzte Phase der ersten Runde der Impfkampagne begonnen, die Kinder vor Polio schützen soll, falls sie nicht durch israelische Bomben ums Leben kommen. Bislang sollen 446.000 Kinder in der Mitte und im Süden der Küstenenklave immunisiert worden sein. Mitarbeiter von Gesundheitsdiensten beklagen allerdings, die Impfungen würden durch Zugangsbeschränkungen, Evakuierungen und Treibstoffmangel erheblich erschwert.
Erst in der Nacht zu Dienstag war ein Konvoi der Vereinten Nationen wieder freigelassen worden, nachdem ihn die Armee kurz nach dem Kontrollpunkt Wadi Gaza für mehr als acht Stunden festgesetzt hatte. Laut einem Eintrag vom Chef des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA), Philippe Lazzarini, auf der Plattform X hatten Bulldozer erhebliche Schäden an den gepanzerten Fahrzeugen der UN verursacht. Dem UN-Personal sei mit Verhaftung gedroht worden. Nach Angaben von Lazzarini hatte der Konvoi Polioimpfstoffe geladen und war unterwegs, um die Impfkampagne fortzuführen. Israel hatte behauptet, es hätten sich keine Impfdosen an Bord befunden, der Konvoi sei angehalten worden, weil man Informationen erhalten habe, dass sich »palästinensische Verdächtige« an Bord befänden.
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