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Aus: Ausgabe vom 11.09.2024, Seite 4 / Inland
Fördergeldaffäre

Aufklärung bleibt aus

FDP-Bildungsministerin spricht im Bundestagsausschuss zu Fördergeldaffäre von »Missverständnis«. Gewerkschaft kritisiert »Schmierentheater«
Von Philip Tassev
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Die Protesterklärung richtete sich gegen die Räumung des Palästina-Camps an der FU Berlin (7.5.2024)

Vor dem Bildungsausschuss des Bundestages hat am Dienstag die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zur sogenannten Fördergeldaffäre Stellung nehmen müssen. Die Union hatte eine Sondersitzung des Ausschusses beantragt, um aufzuklären, welche Rolle die Ministerin bei den Vorgängen im Zusammenhang mit einer Protesterklärung von Berliner Dozenten gegen die gewaltsame Räumung des Palästina-Camps an der Freien Universität (FU) Berlin gespielt hatte. Stark-Watzinger hatte den Unterzeichnern vorgeworfen, »Juden- und Israelhass« zu ignorieren und Gewalt zu verharmlosen. Aus E-Mails, über die der NDR berichtete, ging hervor, dass jemand aus der Leitungsebene des Bildungsministeriums veranlasst hatte, zu prüfen, inwieweit Aussagen in der Erklärung strafrechtlich relevant sind und ob das Ministerium den Unterzeichnern möglicherweise Fördermittel streichen könnte.

Viel aufklären konnte der Ausschuss allerdings am Dienstag nicht. Stark-Watzinger beharrte auf ihrem bisherigen Standpunkt: »Es war ein Missverständnis im Sinne eines missverständlichen Auftrags.« Ihre Staatssekretärin Sabine Döring (FDP) habe im Mai telefonisch eine juristische Prüfung zu den Vorfällen an der FU in Auftrag gegeben. Dieser hätte so verstanden werden können, dass sowohl eine rechtliche Prüfung als auch eine Prüfung möglicher förderrechtlicher Folgen durchgeführt werden sollte. Die Staatssekretärin habe daraufhin erklärt, dass letzteres nicht von ihr beabsichtigt gewesen sei. Der Auftrag sei dann zuerst vom Leiter der Hochschulabteilung »vorübergehend ruhend gestellt« und danach von Döring aufgehoben worden. Sie selbst habe einen Auftrag zur Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen für die Dozenten »nicht erteilt und auch nicht gewollt« und umgehend eine Aufklärung des Sachverhalts veranlasst, als sie im Juni von den Vorgängen erfuhr, behauptete Stark-Watzinger. In der Folge sei dann Staatssekretärin Döring entlassen worden.

Von einer Liste mit vom Ministerium geförderten Unterzeichnern der Erklärung will die Ministerin erst nach Medienberichten erfahren zu haben. Der Leiter der Hochschulabteilung habe eine solche Liste »in Eigenverantwortung« in Auftrag gegeben, sagte sie. Die Liste sei »nur für den Informationsstand innerhalb der Abteilung« erstellt worden.

Ob es sich bei den Vorgängen nun um vorauseilenden Gehorsam von Untergebenen handelte oder ob Döring einfach als Bauernopfer herhalten musste, konnte der Ausschuss nicht abschließend klären. Weder der Leiter der Hochschulabteilung noch die entlassene Staatssekretärin durften in der Sondersitzung aussagen. Döring war am vergangenen Freitag mit einem Eilantrag zur Aufhebung ihrer Verschwiegenheitspflicht vor Gericht gescheitert.

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Andreas Keller, bedauerte das am Dienstag in einer Mitteilung. Stark-Watzinger habe »erneut eine Chance verpasst, Vorwürfe gegen sie und ihr Haus zu entkräften«. Noch immer sei nicht geklärt, »ob und wer in ihrem Haus die Prüfung veranlasst hat«. Es dürfe nicht von politischen Meinungsäußerungen der Forscher abhängig gemacht werden, ob Forschungsprojekte vom Ministerium gefördert werden. Aufgabe einer Forschungsministerin sei es auch nicht, »schwarze Listen« mit kritischen Wissenschaftlern zu erstellen. Um »dem unwürdigen Schmierentheater« ein Ende zu bereiten, forderte Keller die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, denn im Gegensatz zu einem normalen Ausschuss darf ein Untersuchungsausschuss Zeugen und Sachverständige vernehmen und sich Akten vorlegen lassen.

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