Braune Kohlefreunde
Von Wolfgang PomrehnDie AfD liebt alles, was knallt und stinkt. Auf den Straßen sollen auch in 30 Jahren noch Dieselfahrzeuge unterwegs sein, Gas- und Kohlekraftwerke möchte sie unbefristet weiterbetreiben, und auch der Abbau der Braunkohle soll, ginge es nach ihren Willen, noch lange nicht beendet werden. So steht es in ihrem Wahlprogramm für Brandenburg, wo am 22. September die Bürgerinnen und Bürger für einen neuen Landtag an die Urnen gehen.
Mit den erneuerbaren Energieträgern hat es die Partei dagegen nicht so besonders: Neben anderem würden die »Auswirkungen auf das Landschaftsbild, die Umwelt und die Lebensqualität der Anwohner gegen Windkraft und Solarenergie« sprechen. Und: »Wir fordern (…) einen vollständigen Stopp des Ausbaus der Wind- und Sonnenenergieanlagen.« Mit anderen Worten: Die meist über 100 Meter tiefen Tagebaue mit ihren Abraumhalden, die auf riesigen Flächen – 60 Quadratkilometer sind es allein im südbrandenburgischen Jänschwalde – die Erde in eine Mondlandschaft verwandeln, sind kein Problem. Auch der Lärm der Bagger und der von den Halden verwehte Staub sind offenbar nach AfD-Ansicht keine Belastung für die Anwohner, doch Windenergieanlagen stören die Lebensqualität. In der betroffenen Lausitz sieht das ein nicht kleiner Teil der Bevölkerung anders. Rund 26.500 Unterschriften wurden dort vor knapp 20 Jahren gegen die Erschließung neuer Tagebaue gesammelt. Ein entsprechendes landesweites Volksbegehren scheiterte seinerzeit 2008 an zu geringer Beteiligung, aber letztendlich wurden entsprechende Pläne dennoch aufgegeben.
Der Braunkohleabbau läuft aus, der Tagebau Jänschwalde wurde Ende letzten Jahres stillgelegt. In Brandenburg wird einzig der Tagebau Welzow-Süd noch weitergeführt, für den in den vergangenen Jahrzehnten bereits 17 vorwiegend sorbische Dörfer zwangsweise umgesiedelt wurden. Spätestens 2038 wird auch dort Schluss sein, sieht bisher das »Gesetz zur Beendigung der Kohleverstromung« vor. Die AfD möchte dies Gesetz aber offensichtlich abschaffen, weshalb der Umweltverband Grüne Liga dieser Tage von ihr wissen wollte, welche Dörfer sie denn für weitere Zwangsumsiedlungen vorschlägt. Ohne die weitere Vertreibung von Menschen wird eine Fortführung des Braunkohleabbaus nämlich nicht möglich sein, was vermutlich die besondere Art der AfD ist, »Heimatliebe und Traditionsbewusstsein (zu) fördern«.
René Schuster, Sprecher der Grünen Liga und langjähriges Mitglied im Braunkohlenausschuss des Landes, verweist auf die »Klinger Erklärung«, in der schon 2007 rund 100 Vertreter von 41 Orten festgestellt hatten: »Leider sind unserer Heimat bereits tiefe Wunden durch den Kohleabbau zugefügt worden. Das flache Land ist geschändet und erholt sich nur langsam. Der Heimatverlust durch eine große Anzahl bereits devastierter Dörfer schmerzt viele Menschen. Es ist Zeit zur Umkehr!«
Als Argument für die Braunkohle muss bei der AfD derweil auch der »Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen« herhalten. Die nackten Zahlen relativieren das allerdings erheblich: 2023 arbeiteten nach Angaben des Bundesverbandes Braunkohle bundesweit noch 17.201 Menschen in den Tagebauen und den angeschlossenen Kraftwerken. Das bezieht sich allerdings nicht nur auf die Tagebaue in der Lausitz, sondern auch auf das Mitteldeutsche sowie das Rheinische Braunkohlerevier. Zum Vergleich: In der Herstellung und Montage von Windkraftanlagen gab es 2022 nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie 124.200 Beschäftigte, übrigens fast 40.000 weniger als 2016 auf dem bisherigen Höhepunkt des Ausbaus. Der läuft schon seit Jahren ganz im Sinne der AfD schleppender, was bei den Herstellern zu Entlassungen führte. In der Solarenergie haben die Arbeitsplätze hingegen zuletzt stark zugenommen. 2022 waren dort nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums 84.100 Personen beschäftigt, meist im installierenden Handwerk. Durch den Um- und Ausbau der Stromversorgung entstehen also in den neuen Branchen wesentlich mehr Arbeitsplätze, als in der Braunkohle verlorengehen.
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