Spanien vor Anerkennung von González
Von Carmela NegreteAm besten hat es der Politikwissenschaftler Juan Carlos Monedero in seiner Kolumne in der Tageszeitung Público zusammengefasst: »Edmundo González, Verlierer der Wahlen in Venezuela, landet in Spanien im Rahmen einer gemeinsamen Aktion der Regierung von Pedro Sánchez (ich bezweifle, dass er seine Partner informiert hat), der venezolanischen Behörden und natürlich des US-Außenministeriums, das für die venezolanische Opposition zuständig ist.« Und tatsächlich hat der rechte Politiker in Spanien Asyl gefunden – obwohl der venezolanische Generalstaatsanwalt vergangene Woche einen Haftbefehl gegen González erlassen hat, weil der Oppositionsführer dreimal nicht vor Gericht erschienen war, um über die Veröffentlichung angeblicher Wahlergebnisse auszusagen. Darüber hinaus ist er wegen »Verschwörung« und »Anstiftung zum Ungehorsam gegen das Gesetz« sowie »Sabotage des Systems« angeklagt, es bestehe Fluchtgefahr, hieß es. Seit Sonntag befindet sich González in Spanien.
Auf Initiative der rechtskonservativen Volkspartei PP soll das spanische Parlament noch diese Woche darüber abstimmen, ob González als Präsident Venezuelas anerkannt wird. Bei der ersten Debatte am Dienstag haben sich die konservativen nationalistischen Basken der PNV dafür ausgesprochen. Zusammen mit der ultrarechten Vox und den kleinen regionalen Parteien UPN aus Aragón und CC von den Kanaren ist eine Mehrheit für den Vorstoß der PP wahrscheinlich. PP-Präsidentin Isabel Díaz Ayuso, bekannt als die spanische Trumpistin, war schon im August samt venezolanischer Flagge bei einer Demonstration in der spanischen Hauptstadt auf der Plaza del Sol aufgetreten.
Am Dienstag war in dem von der Volkspartei regierten Madrid ausnahmsweise sogar eine Demonstration vor dem Parlament erlaubt worden – für linke Demonstranten ist dieser Bereich tabu. González-Befürworter sammelten sich dort nach dem Aufruf der eigentlichen Oppositionsführerin María Corina Machado. Sie war aufgrund von Korruptionsvorwürfen von der Wahl am 28. Juli ausgeschlossen und der bis dahin unbekannte González als Ersatzkandidat installiert worden. Madrid wird mittlerweile als »Little Caracas« bezeichnet. Dort leben bereits andere Oppositionelle, denen Caracas Beteiligung an Umsturzversuchen vorwirft, wie Leopoldo López, Antonio Ledezma, Julio Borges, Miguel Rodríguez Torres oder Lorent Saleh, um ein paar zu nennen.
Doch in Spanien ist die Opposition organisiert, rund 390.000 Venezolaner leben dort. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres kamen laut dem Statistikinstitut INE 44.000 hinzu. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Innenministeriums mit 37,5 Prozent die meisten Asylanträge in Spanien von Venezolanern gestellt. Vermögende Auswanderer haben sich Häuser im exklusiven Madrider Viertel Salamanca gekauft und mischen sich in die spanische Politik ein, unter anderem durch die Gründung eigener Medien wie The Objective von Paula Quinteros, bekannt als Anti-Chávistin und zuvor Moderatorin eines erotischen Programms in Caracas. Bereits seit Jahren wird Venezuela als Joker von rechten Politikern gezogen, wenn sie nicht weiterwissen. So gab es Vorwürfe gegen die linke Partei Podemos, sich angeblich mit venezolanischem Geld zu finanzieren, und die übliche Beschimpfung war, ein »Chávist« zu sein. Mit Beginn der Normalisierung der Beziehungen zwischen Venezuela und den USA spielte das Thema auf einmal keine Rolle mehr.
González hat nun bevorzugten Zugang zu Asyl in Spanien erhalten. Eigentlich soll das spanische Asylsystem kollabiert sein. Wochen verbringen Schutzsuchende am Flughafen von Barajas unter widrigen Bedingungen, denn die zuständigen Behörden sind chronisch unterfinanziert. Die Situation wurde bereits im Januar in einer Erklärung des UN-Flüchtlingshilfswerks angeprangert und Ende August beanstandete selbst die Anwaltskammer von Madrid gegenüber dem Innenministerium die »chaotische« Situation in Barajas. Unter den Asylsuchenden befinden sich auch Flüchtende aus der von Marokko besetzten Westsahara. Im Juli sollte der sahrauische Aktivist Youssef El Mahmoudi sogar an die marokkanischen Behörden ausgeliefert werden, nachdem er zwei Wochen auf dem Flughafen von Bilbao ausgeharrt hatte. Dass nun ein venezolanischer Putschist Asyl bekommt, während Kriegsflüchtlinge auf dem Weg nach Spanien ertrinken, spricht Bände über die Regierung des Sozialdemokraten Pedro Sánchez.
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