75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 19. September 2024, Nr. 219
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 14.09.2024, Seite 7 / Ausland
Nordkorea

Wirtschaft wichtiger als Atomwaffen

Nordkoreas Staatschef betont Verteidigungscharakter von Nuklearprogramm und forciert Fabrikbau
Von Martin Weiser, Seoul
Nordkoreas_Machthabe_83450644.jpg
Kim Jong Un inspiziert am Freitag eine nordkoreanische Urananreicherungsanlage (Ort unbekannt)

Es war das erste Mal: Am Freitag sind in Nordkorea Aufnahmen aus einer der Anlagen für Urananreicherung veröffentlicht worden. Die Fotos zeigen Staatsoberhaupt Kim Jong Un beim Ablaufen von unzähligen Zentrifugen, in denen das für Nuklearwaffen benötigte Uran-235 angereichert wird. Auf dem letzten Foto sind Hunderte zusätzliche Zentrifugen zu sehen, die nur noch darauf warten, angeschlossen zu werden. Kim erwähnte auch explizit einen neuen Zentrifugentyp, der jetzt benutzt werden solle. Laut diversen Experten befinden sich allein in der besichtigten Halle zwischen tausend und dreitausend Zentrifugen, die im Jahr genug Material liefern würden für Dutzende Atomwaffen. Eine verbesserte Zentrifuge könnte das noch einmal um ein Vielfaches steigern.

Wann Kim in der Anlage zu Besuch war und wo sie sich befindet, ist unklar. Eindeutig ist aber die Intention: Pjöngjang will der Welt zeigen, dass der »exponentielle« Ausbau des eigenen Nukleararsenals keine hohle Phrase ist. Kim versprach bereits im Januar 2023 die Massenproduktion taktischer Atomwaffen. Mehrmals schon zeigten die nordkoreanischen Medien Nuklearraketen und -sprengköpfe. Aber dass auch genügend Uran-235 für all die Waffen auf Lager ist, wurde im Ausland teilweise angezweifelt. Vor wenigen Tagen, zum 76. Jubiläum der Staatsgründung am 9. September, betonte Kim noch einmal, man läge perfekt im Plan. Die Fotos belegen, dass seine Ingenieure in dieser Zeit nicht untätig waren.

Nordkoreanische Medien veröffentlichten am Dienstag anscheinend nicht die komplette Rede zum Nationalfeiertag, vermutlich wegen der schieren Länge. Zur Ansprache waren nur die Führungsriege von Partei, Staat und Militär sowie einige Ausgewählte eingeladen, und manche Details waren offenbar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Das mag auch erklären, warum laut dem offiziellen Bericht auf das Nuklearprogramm nur wenige Sätze verwendet wurden. Kim unterstrich noch einmal, dass es in der Frage der nuklearen Bewaffnung keinerlei Zugeständnisse an den Westen geben werde, und betonte noch einmal den defensiven Charakter dieser Waffen. Nur die nukleare Abschreckung sei für sein Land der Garant für Frieden und Entwicklung. Nur so könne man die nukleare Bedrohung durch die USA und ihre Vasallen kontern. Beim Besuch der Anreicherungsanlage betonte Kim noch einmal, dass diese Länder dabei seien, eine rote Linie zu überschreiten.

Der Großteil der Rede befasste sich hingegen mit den wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes und dem Plan, jedes Jahr zehn Fabriken außerhalb der Großstädte zu bauen. Damit soll das Lebensniveau im ländlichen Raum gehoben werden. Anscheinend erst vor wenigen Wochen entschloss man sich zusätzlich, gleichzeitig auch Gesundheits- und Kultureinrichtungen sowie Getreideverteilstationen in jedem Kreis zu errichten. Über die Verteilstationen werden staatlich subventioniert Grundnahrungsmittel wie Reis und Mais ausgegeben, um Spekulation und Wucher mit diesen wichtigen Versorgungsgütern zu verhindern. Im Februar hatte Kim sich dafür entschuldigt, dass seine Partei die große Kluft zwischen Stadt und Land bisher nicht geschlossen hat, und den Bau der Fabriken im ländlichen Raum mittels einer Politbürositzung forciert. Noch Anfang September war Kim deswegen persönlich im Kreis Hamju, um dort mit den Vorsitzenden der zehn Provinzkomitees der Partei den Bau einer Fabrik für Nahrungsmittel zu begutachten. In seiner Rede zum Nationalfeiertag wies er darauf hin, dass mit etwa hundert Tagen nicht mehr viel Zeit bleibe, um nicht nur den Fabrikbau, sondern auch den Jahreswirtschaftsplan zu erfüllen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (16. September 2024 um 09:04 Uhr)
    Gegenläufige Entwicklung in sozialistischen Ländern: Während man in Kuba daran arbeitet im Zuge der »Reformen« das Libreta-Verteilungssystem, also die Verteilstationen für staatlich subventionierte Grundnahrungsmittel, abzuschaffen (Infos: offen-siv 10-2020), werden solche Einrichtungen in der DVRK sogar noch ausgebaut. Zu der im Artikel erwähnten, zur Zeit laufenden Modernisierung der Dörfer in der DVRK: Aus einem Artikel in Naenara vom 01.07.24: »Ein Bauer der Gemeinde Sunchon, der im Mai in eine neue Wohnung eingezogen ist, sagte, die neue sei noch größer als die alte, sie habe mehrere Zimmer, Küche und Waschraum, es sei wirklich in anderer Welt des Glücks. Er fuhr wie folgt fort: Hatten wir einen Spatenstich getan, um solche hervorragende Wohnungen zu bauen, oder einen Pfennig Geld ausgegeben? In der Tat wissen wir nicht, was so eine Wohnung kostet. Ich habe gehört, in einem Land solle eine dörfliche Wohnung tausende US-Dollar je einen Quadratmeter kosten. Aber wie ist es in unserem Land? Vom Entwurf bis Bauausführung und sogar Aufforstung und Begrünung sind vollständige Verantwortung der Partei und des Staates. Wo sollte es solch ein dankbares Land geben?!«

Ähnliche:

  • Mitglieder der »Libyschen Nationalen Armee« in einem Zelt in der...
    20.03.2023

    Verschwunden für einen Tag

    In Libyen lagern 6.400 Fässer Uran. Für einen lauten, aber kurzen Mediensturm sind sie immer gut
  • Abgebaut und schnellstmöglich ausgeflogen: In die USA v...
    29.09.2011

    Ein schlechtes Modell

    Hintergrund. Wie Libyen mit der Zustimmung zur Demontage seiner Atomanlagen betrogen wurde. Ein abschreckendes Beispiel für Iran und Nordkorea

Regio:

Mehr aus: Ausland

                                        Heute 8 Seiten extra – Beilage zum Thema: Kampf ums Klima