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Aus: Ausgabe vom 18.09.2024, Seite 6 / Ausland
USA

Urteil gegen »Uhuru 3«

Vorwurf: »Russische Agenten«. Aktivisten von panafrikanistischer Bewegung drohen in den USA fünf Jahre Haft
Von Jürgen Heiser
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Solidaritätskundgebung vor der US-Botschaft in London (3.9.2024)

Vor einem US-Bundesgericht in Tampa, Florida, haben die Angeklagten der »Uhuru 3« einen Teilsieg errungen. Die Geschworenen sprachen Omali Yeshitela (82), Penny Hess (78) und Jesse Nevel (34) am vergangenen Donnerstag vom Hauptvorwurf der »Agententätigkeit für eine ausländische Regierung« frei, verurteilten sie jedoch wegen »Verschwörung gegen die Regierung der Vereinigten Staaten«, was ihnen eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren einbringen kann. Der mit zehn Jahren Gefängnis bewehrte Hauptanklagepunkt ist indes vom Tisch.

Nach einem einwöchigen Prozess, in dem es um Fragen der nationalen Sicherheit, der Außenpolitik und der Grenzen der durch die US-Verfassung geschützten Meinungs- und Organisationsfreiheit ging, befanden die Geschworenen den Vorsitzenden der African People’s Socialist Party (APSP) und die beiden führenden Mitglieder der Uhuru-Solidaritätsbewegung für schuldig, in ihrer politischen Praxis als »nicht registrierte russische Agenten aufgetreten« zu sein.

In ersten Kommentaren nannte Leonard Goodman, Anwalt von Penny Hess, den Schuldspruch »unglaublich verwirrend«. Das Solidaritätskomitee »Hands Off Uhuru« erklärte, weil der Freispruch im Hauptanklagepunkt »ein vernichtender Schlag für die Staatsanwaltschaft« gewesen sei, habe die Jury die linken Angeklagten »offensichtlich nicht gänzlich ungeschoren davonkommen lassen dürfen«. Yeshitelas Anwältin Ade Aileen Griffin hätte gern ein Urteil gesehen, »das durchweg auf nicht schuldig lautet. Aber in Anbetracht der von uns gesetzten Ziele haben wir gewonnen«.

Die »Uhuru 3« hatten die seit Sommer 2022 gegen sie erhobenen Vorwürfe stets bestritten und den Prozess als »Angriff auf die freie Meinungsäußerung« bezeichnet. »Das Wichtigste ist, dass sie uns nicht verurteilen konnten, weil wir für niemanden außer für das schwarze Volk gearbeitet haben«, sagte Yeshitela laut dem US-Sender Baynews 9.

Der für die Abteilung für Nationale Sicherheit im US-Justizministerium auftretende Bundesstaatsanwalt Menno Goedman hatte zum Beweis der allgemeinen Agententätigkeit der Angeklagten 14 Zeugen aufgeboten, darunter ein Dutzend FBI-Agenten. Deren Aussagen erwiesen sich indes als so dürftig, dass die Verteidigung zur Entkräftung der Behauptungen keine eigenen Zeugen aufrief, sondern Dokumente über die über 50jährige politische Praxis der APSP präsentierte, die sich bis heute gegen Rassismus, Militarismus und Völkermord des imperialistischen Westens richtet. Die gesamte Uhuru-Bewegung kämpfe für die Stärkung der Schwarzen und für Reparationszahlungen für die erlittene Sklaverei. Die Anklage gegen ihre Mandanten sei »gefährlich« und der Versuch des Staates, sie zum Schweigen zu bringen.

Die seit Jahren vom US-Justizministerium gegen die panafrikanistische APSP aufgebauschten Beschuldigungen erwiesen sich am Ende als hochgezogene antirussische Propaganda, weil die Partei bis heute gegen den »Stellvertreterkrieg der USA in der Ukraine« protestiert. Die Angeklagten wiesen indes vehement die Behauptung zurück, der von der US-Bundespolizei eingeführte, aber nicht greifbare »russische Agent Alexander Wiktorowitsch Ionow« habe »als Präsident der ›Antiglobalisierungsbewegung Russlands‹« die Uhuru-Bewegung sieben Jahre lang gesteuert, um »Proteste im Sinne der Kreml-Interessen« zu organisieren. Unter anderem eine bei der UNO eingereichte Petition, in der die USA des Völkermords an der schwarzen Bevölkerung beschuldigt wurden.

Nach dem Urteil erklärten die »Uhuru 3« auf den Stufen des Bundesgerichts: »Wir engagieren uns unabhängig in einer Bewegung für die Befreiung des afrikanischen Volkes und für die Zerstörung eines kolonialen Systems, das die Völker der Welt unterdrückt.« Die Anwälte gaben bekannt, der Termin über die Verkündung des Strafmaßes sei noch nicht anberaumt. »Wir werden Berufung einlegen«, erklärte Mutaqee Akbar, Anwalt von Jesse Nevel. Wie Yeshitela gesagt habe, sei »die APSP immer und konsequent für die Befreiung der Schwarzen eingetreten, nicht für Russland oder sonst jemanden«. Die Partei sei nicht käuflich. »Wir werden weiterkämpfen. Uhuru bedeutet Freiheit!«

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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