Noboa lässt USA wieder rein
Von Volker HermsdorfEcuadors Präsident Daniel Noboa will vor den Wahlen im Februar 2025 eine Verfassungsreform auf den Weg bringen, um die seit 2009 verbotene Errichtung ausländischer Militärbasen wieder zu ermöglichen. Der Staatschef bezeichnete sein Vorhaben als »Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität«. Am Montag kündigte er in einem auf dem ehemaligen US-Stützpunkt Manta aufgenommenen Video einen Gesetzentwurf an, um die Verfassung entsprechend zu ändern. Der von 2007 bis 2017 regierende ehemalige linke Präsident Rafael Correa, in dessen Amtszeit die Präsenz ausländischer Militäreinrichtungen verboten und der US-Stützpunkt Manta geschlossen worden waren, wirft Noboa vor, seinen Plan in einem erst vor fünf Monaten durchgeführten Referendum nicht zur Abstimmung gestellt zu haben.
Das könnte jedoch zum wahltaktischen Kalkül des rechten Amtsinhabers gehören, dessen Ansehen wegen der Zunahme krimineller Gewalt und Problemen bei der Stromversorgung in den vergangenen Monaten ständig gesunken ist. Nachdem sich Dreiviertel der Teilnehmer in der Volksabstimmung für den Einsatz des Militärs zur Verbrechensbekämpfung auch im Inneren ausgesprochen hatten, scheint der Zeitpunkt für Noboas neuen Vorstoß günstig. Denn zu Correas Zeiten, als Ecuador als eines der sichersten Länder Lateinamerikas galt, wurde das Verbot ausländischer Militärstützpunkte als Zeichen der Souveränität und Unabhängigkeit noch gefeiert. Die unter seinen US-freundlichen Nachfolgern Lenín Moreno und Guillermo Lasso durch neoliberale Maßnahmen verursachte Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichheit machte Ecuador jedoch zum Land mit der höchsten Mordrate in der Region. Nahezu jede Stunde stirbt dort heute ein Mensch durch kriminelle Gewalt.
Noboa setzt nun darauf, dass das Bedürfnis nach Sicherheit höher im Kurs steht, als das nach Unabhängigkeit von ausländischen Mächten. In seiner Videobotschaft leugnet er, dass mit der Schließung des US-Stützpunktes Manta »die Souveränität Ecuadors« zurückgewonnen wurde. »Denn was man tat, war, das Land dem Drogenhandel zu überlassen. Das war der erste Pakt mit dem transnationalen Verbrechen«, so der frühere Unternehmer. »Die Zeit hat gezeigt, dass uns die alten Entscheidungen angesichts der Bedrohungen, die heute keine Grenzen kennen, nur geschwächt haben«, fügte er hinzu. Ohne die Correisten beim Namen zu nennen, versprach er, »das Land, das sie mit einer falschen Vorstellung von Souveränität den Mafias überlassen haben«, wieder aufzurichten. Laut der spanischen Agentur Efe steht Ecuador mittlerweile weltweit – hinter Kolumbien und den Vereinigten Staaten – an dritter Stelle bei der Sicherstellung von Drogen und hat in den vergangenen drei Jahren jeweils rund 200 Tonnen beschlagnahmt. Noboas Gesetzentwurf muss bis zur Abstimmung im Parlament allerdings noch mehrere verfahrenstechnische Stationen durchlaufen.
Die Weichen für eine engere »sicherheitspolitische Zusammenarbeit« mit US-Militärs hatte der in Miami geborene Staatschef bereits im Januar bei einem Besuch der Oberkommandierenden des US-Südkommandos (Southcom), Generalin Laura Richardson, in Quito gestellt. Der Analyst des lateinamerikanischen Thinktanks, Aníbal García Fernández, erinnerte damals in einem Sputnik-Interview daran, dass die USA seit langem die zu Ecuador gehörenden Galápagos-Inseln im Visier haben. Eine Enklave, die ihnen »in einem Kriegsszenario mit China die Kontrolle über einen bestimmten Teil des Pazifiks« geben könnte. Am 13. September unterzeichneten Außenministerin Gabriela Sommerfeld und US-Botschafter Arthur Brown dann ein Abkommen, wonach die USA der Regierung Ecuadors 25 Millionen US-Dollar zur Finanzierung der Verbrechensbekämpfung zur Verfügung stellen, da das Land »dieses Problem nicht allein bewältigen kann«. Drei Tage später erklärte Noboa, die Verfassung ändern zu wollen. Der Analyst Omar Sempértegui sieht dahinter zwei Motive, nämlich zum einen Noboas Image vor den Wahlen aufzupolieren und zum anderen, Washington als »wohlwollende Macht« darzustellen, die den Ländern der Region bei ihren Sicherheitsproblemen hilft.
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