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Aus: Ausgabe vom 20.09.2024, Seite 14 / Medien
EU-Gericht kassiert Milliardenbuße

Google: eins, EU: null

Das EU-Wettbewerbsrecht stößt an Grenzen: Der Internetriese Google entgeht womöglich einer Milliardenstrafe. US-Digitalkonzerne bauen ihre Marktmacht aus
Von Sebastian Edinger
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Vorerst: Sollte die EU-Kommission in Berufung gehen und erfolgreich sein, könnte die Strafe bestätigt werden

Das Gericht der EU (EuG) hat am Montag die von der EU-Kommission gegen ­Google verhängte Geldstrafe in Höhe von 1,49 Milliarden Euro kassiert. Vorgeworfen wird dem Onlinekonzern, bei seinem Dienst »Adsense for Search« die eigene marktbeherrschende Stellung missbraucht zu haben. Dies habe die Kommission jedoch nicht hinreichend nachweisen können, so das Gericht.

Damit stoßen die Versuche der EU, die Dominanz großer US-Konzerne auf dem eigenen Digitalmarkt durch wettbewerbsrechtliche Maßnahmen einzudämmen, einmal mehr an Grenzen. Mit dem nun verhandelten Google-Dienst können die Betreiber anderer Internetseiten Google-Suchmasken einbinden. Wenn ein Besucher diese nutzt, erscheinen sowohl Suchergebnisse wie auch Werbeanzeigen. Die Betreiber erhalten dann einen Anteil an den Anzeigenerlösen. Allerdings bis 2016 keine von Googles Konkurrenz. Dafür hatte der Konzern mit Ausschlussklauseln in den Verträgen mit den Nutzern des Dienstes gesorgt.

Später wurden die entsprechenden Klauseln dann entfernt. Die Kommission verhängte dennoch ein Bußgeld für die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht im Zeitraum 2006 bis 2016. Nun kamen die EU-Richter jedoch zu der Einschätzung, die Behörde habe bei ihrer Bewertung des Sachverhalts nicht hinreichend berücksichtigt, dass die zwischen Google und den Websitebetreibern geschlossenen Verträge zeitlich befristet waren. Man hätte prüfen müssen, ob die Betreiber bei der Verlängerung andere Konditionen vereinbaren, oder Google-Konkurrenten wie Microsoft oder Yahoo hätten einbinden können.

Gänzlich gelutscht ist der Drops damit noch nicht: Die Kommission kann vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Berufung gehen. Vor kurzem war dieses Vorgehen in einem ähnlichen Fall erfolgreich. So hob der EuGH ein Urteil der Vorinstanz auf und bestätigte ein gegen Google erhobenes Bußgeld in Höhe von 2,42 Milliarden Euro. Hintergrund war der Vorwurf, der Konzern habe seine eigenen Produkte bei der Shoppingsuche zu Lasten der Konkurrenz begünstigt. Insgesamt musste ­Google in den vergangenen Jahren in der EU Wettbewerbsstrafen in Höhe von rund acht Milliarden Euro zahlen.

Den geschädigten Konkurrenten nutzen die – meist nach vielen Jahren gefällten – Urteile jedoch wenig. Und Google kann die Strafen angesichts eines Jahresumsatzes von gut 300 Milliarden US-Dollar (ca. 270 Milliarden Euro) gut wegstecken. Die Konzernführung dürfte sie eher als Investition in den weiteren Ausbau der Marktdominanz sehen. Zu Recht – Google erweitert sein Angebot über die Suchmaschine hinaus immer weiter, ob beim Shopping, der Vermittlung von Dienstleistungen, Werbung, Cloud oder Kommunikation. Der Konzern nutzt die Breite der digitalen Produktpalette, um die Angebote des einen Dienstes bei den anderen zu bevorzugen und Wettbewerber rauszuhalten. Erst in den vergangenen Jahren hat die EU zaghaft angefangen, diesem Treiben mit Gesetzen wie dem Digital Markets Act und dem Data Act rechtliche Grenzen zu setzen.

Ähnlichen Zoff wie Google hat derzeit auch Meta mit der Kommission. Dem Mutterkonzern von Facebook, Instagram und Whats-App wird vorgeworfen, seine marktbeherrschende Stellung im Kleinanzeigengeschäft zu missbrauchen, indem er seine »Marketplace-Dienste« mit den sozialen Netzwerken verknüpft. Eine Bußgeldentscheidung wird im nächsten Monat erwartet, berichtete am Montag die Financial Times. Eingeleitet worden war die kartellrechtliche Untersuchung vor fünf Jahren. Damals warfen Konkurrenten Meta vor, die Marktdominanz von Facebook zu nutzen, indem dort kostenlose Dienste angeboten werden, während der Konzern von auf der Plattform gesammelten Daten profitiere.

Doch auch in diesem Fall wird die Unternehmensführung dem weiteren Verlauf gelassen entgegensehen. Erst mal wird alles abgestritten. Die Vorwürfe entbehren jeder Grundlage, heißt es. Letztlich droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes. Das wären gut 13 Milliarden Euro. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Kommission davor zurückscheut, das mögliche Strafmaß voll auszuschöpfen. Bislang wurden im Falle von Wettbewerbsverstößen durch Big Tech stets deutlich geringere Strafen verhängt. Und die Monopolrenditen, die sich aus der Beschädigung des Wettbewerbs ergeben, holen die Investitionen in Bußgelder allemal wieder rein.

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