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Aus: Ausgabe vom 23.09.2024, Seite 5 / Inland
Autoindustrie

Krisengipfel bei Habeck

Bundeswirtschaftsminister lädt Autokonzerne und -verbände, Zulieferer und IG Metall zum »Autogipfel«. Hauptforderung ist Prämie für mehr Absatz
Von David Maiwald
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Abgewrackt: Die letzte »Umweltprämie« stärkte den Autoabsatz und schwächte den privaten Konsum

Für die Autoindustrie gibt es gerade wenig zu lachen. Doch auch die Politik wird zunehmend nervös. Wenn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) an diesem Montag mit der Gewerkschaft IG Metall und den Spitzen der Autohersteller sowie -zulieferer zusammenkommt, können sich die Industrieverbände allerdings schon einigem Rückhalt aus der herrschenden Politik sicher sein. Bei seinem Besuch im VW-Werk im friesischen Emden hatte Habeck am Freitag bereits einen neuen »Umweltbonus« in Aussicht gestellt. Ähnliche Vorschläge für Kaufprämien zur Unterstützung der Automobilindustrie kamen zum Wochenende aus verschiedenen Organisationen.

So hatte die Bundestagsfraktion der SPD am Sonnabend ein Acht-Punkte-Papier ihrer »Arbeitsgruppe Wirtschaft« über den Stern verbreiten lassen. Auch der SPD-Parteibezirk Hannover, in dessen Region am Mittwoch Tarifverhandlungen der IG Metall mit VW starten sollen, forderte nach einer Vorstandssitzung am Sonnabend die Einführung »neuer Kauf-, Umtausch- und Leasinganreize, um das Absatzvolumen zu erhöhen«, zitierte Reuters. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen hatte der Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, gefordert, etwa die ab kommendem Jahr geltenden strengeren Flottengrenzwerte beim CO2-Ausstoß auszusetzen. Für den CSU-Parteivize müsse zudem »eine Generalrevision aller Gesetze und Vorschriften für die Autoindustrie« erfolgen.

Die SPD-Wirtschaftspolitiker forderten laut Stern zunächst eine neue »Abwrackprämie«. Angelehnt an die »Umweltprämie« der großen Koalition aus dem Jahr 2009 solle diese bis zu 6.000 Euro für Käufe eines neuen E-Autos bei gleichzeitiger Aufgabe des alten Verbrenners betragen. Wer sich einen gebrauchten E-Pkw anschafft, soll demnach 3.000 Euro erhalten. Der Fraktion schwebe daneben ein »Social Leasing Programm« nach französischem Vorbild vor, das »Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie« verschaffen solle, zitierte der Stern. Das Papier umfasse außerdem »eine gezielte Förderung von Wallboxen, Speichern und Ladesäulen« zur Stärkung der E-Mobilität.

Die Umweltschutzwerbeagentur Greenpeace bezeichnete eine neue »Abwrackprämie« in einer Mitteilung als »alten Hut aus der Mottenkiste«, plädierte aber ebenfalls für eine Kaufprämie der Regierung. So solle die Anschaffung »kleiner, sparsamer E-Autos bis maximal 30.000 Euro« gefördert werden, erklärte Greenpeace. Dieses Vorhaben könne mit einer Neuzulassungssteuer für »schwere Diesel und Benziner mit hohem CO2-Ausstoß« gegenfinanziert werden. Der stagnierende Absatz von E-Autos gefährde nicht nur Klimaziele, »sondern auch Arbeitsplätze in der Automobil- und Zuliefererindustrie«, zitierte die Nachrichtenagentur dpa am Sonntag auch die Klimaallianz Deutschland. Die Gewerkschaft IG Metall äußerte sich gegenüber Bild am Sonntag, eine Kaufprämie würde Autokonzernen und Zulieferern, »die ja schon Milliarden in die E-Mobilität investiert haben«, helfen und Arbeitsplätze sichern.

Habecks Ressort hatte die ursprüngliche Kaufprämie für Elektroautos zum Jahresende 2023 auslaufen lassen. Die SPD-Fraktion hatte seinerzeit zwar »lebensnahe Übergangsfristen« gefordert, sich aber mit haushaltspolitischen Erwägungen grundsätzlich hinter den – wie sich herausstellt, fatalen – Entschluss der Ampelkoalition gestellt. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Umgang mit dem Klima- und Transformationsfonds Mitte November mit einem Urteil gestoppt und kassierte dadurch auch den Haushaltsplan der Regierung. Die Ampel zog das ursprünglich geplante Ende der Kaufprämie daher um ein Jahr vor. Gut möglich also, dass die Ampel ein erneutes Prämienprogramm auflegt. Das alte jedenfalls alimentierte die Autoindustrie nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zwischen 2016 und 2023 »mit etwa zehn Milliarden Euro (…) für rund 2,1 Millionen Elek­trofahrzeuge«. .

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