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Aus: Ausgabe vom 23.09.2024, Seite 8 / Ansichten

Kinderschreck des Tages: Berliner Polizei

Von Michael Merz
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Rundumbetreuung durch die Berliner Polizei für einen Elfjährigen, der es gewagt hat, mit einer Palästinaflagge wegzurennen (Screenshot)

Eine Lektion habe ich als Dreikäsehoch gelernt: Von der Polizei bei den Eltern abgeliefert zu werden, prägt sich tief ein. Auch wenn der Abschnittsbevollmächtigte nur nett darauf hinweisen wollte, dass der Fahrstuhl nicht dauerhaft blockiert werden darf. So geschehen Anfang der 80er Jahre in einem im Bau befindlichen DDR-Neubaugebiet. Sorry meinerseits: Außer dem Lift gab es noch keine Spielmöglichkeiten; mein Kumpel hielt es für eine gute Idee, immer wieder hoch und runter zu fahren. Irgendwann stand eben der ABV vor uns. So was macht weiche Knie.

Heutzutage geht die Staatsmacht handfester vor und kann es im Fach Erschrecken locker mit den Absolventen der Monster-Uni aufnehmen. Für den Nachgang des Weltkindertages hat sich die Berliner Polizei eine tolle Überraschung zurechtgelegt. Die Kleinen sollten mal ganz nah dran sein am Einsatzgeschehen, das mutige Eingreifen der Beamten intensiv studieren und lernen, dass so schnell niemand den Ordnungshütern die Butter vom Brot nimmt. Mehrere Videos in Social Media zeugen vom Actionangebot an Minderjährige. Selbst international (Al-Dschasira) sorgt die am Sonnabend aus dem Ruder gelaufene Lehrstunde für Aufsehen. Zunächst gibt es das Hase-und-Igel-Spiel: Ein Junge, ganze elf Jahre soll er alt sein, macht den Polizisten in schwerer Ausrüstung Beine. Mit einer Palästinaflagge in der Hand rennt er davon, ein Trupp Robocops hinterher. Irgendwann drängen sie ihn an die Wand der Gedächtniskirche, der Kleine schon tränenüberströmt. Abgeschirmt wird er in den Einsatzwagen verfrachtet. Ganz große Nummer! Spektakulärer noch als palästinasolidarische Menschen auf einem Bahnsteig herumzuschubsen und zu bedrängen, wie gleichentags ebenso geschehen. In einer Erklärung der Polizei zur Jagd auf den Jungen heißt es, er sei »zu seinem eigenen Schutz in Obhut genommen« und sein Vater benachrichtigt worden. Echte Wohltäter am Werk.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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