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Aus: Ausgabe vom 24.09.2024, Seite 7 / Ausland
USA

Giftspritze trotz Mangels an Beweisen

USA: In Missouri soll Afroamerikaner hingerichtet werden. Hoffnung auf Gnadengesuch
Von Mawuena Martens
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Kundgebung für Williams in Clayton (21.8.2024)

Widersprüchliche Zeugenaussagen, kein DNA-Beweis, andere Schuhabdrücke am Tatort. Und dennoch: An diesem Dienstag soll Marcellus Williams im US-Bundesstaat Missouri die Todesstrafe per Giftspritze erhalten. Dem Afroamerikaner wird vorgeworfen, im Jahr 1998 die weiße Journalistin Felicia Gayle Picus in ihrem Haus während eines Raubüberfalls mit einem Küchenmesser niedergestochen zu haben.

Die Argumentation der Staatsanwaltschaft beruht dabei vor allem auf den Aussagen zweier Zeugen. Diese hatten sich zu Wort gemeldet, als der Ehemann der Getöteten mehrere Monate nach der Tat eine Belohnung von 10.000 US-Dollar für Hinweise versprach. Henry Cole, ein ehemaliger Mitgefangener von Williams, der wegen eines Raubüberfalls einsaß, behauptete, dieser habe ihm gegenüber den Mord zugegeben. Für seine Aussage erhielt er Strafminderung, ebenso wie Laura Asaro, die vorbestrafte Freundin Williams.

Unterstützer vom Innocence Project kritisieren, dass beide Zeugen in vorherigen Fällen bereits gelogen hatten, sie keine wesentlichen neuen Informationen anbrachten und sich auch in Widersprüche mit vorherigen Aussagen verstrickten. Weiter ist der einzige Beweis, der gegen den seit 24 Jahren in Haft sitzenden Beschuldigten hervorgebracht wird, ein Mann, der laut eigenen Aussagen einen Laptop aus dem Haus der Getöteten von Williams gekauft haben will. Dieser habe den Laptop jedoch von Laura Asaro erhalten, so das Innocence Project, das auch die Verteidiger stellt.

Der schwachen Grundlage zum Trotz verurteilte der Oberste Gerichtshof von Missouri Williams im Jahr 2001 zur Todesstrafe. 2009 dann ein kleiner Etappensieg: Das Gericht setzte die Hinrichtung wegen neuer DNA-Tests aus. Doch obwohl die genetischen Spuren auf der Tatwaffe nicht mit der DNA des Verdächtigen übereinstimmten, verwies ein Sonderbeauftragter den Fall anschließend zurück an den Obersten Gerichtshof von Missouri, der – ohne die Ergebnisse zu berücksichtigen – erneut die Hinrichtung für den 22. August 2017 anordnete. Nur wenige Stunden vor der geplanten Exekution verfügte der damalige republikanische Gouverneur, Eric Greitens, über einen Aufschub und berief einen Untersuchungsausschuss ein. Bevor dieser zu einem Ergebnis kommen konnte, löste Greitens’ Amtsnachfolger Mike Parson den Ausschuss ohne Vorwarnung auf. Eine Zivilklage dagegen: abgewiesen. Auch der Vorschlag von Williams, sich im Gegenzug für eine lebenslange Haftstrafe schuldig zu bekennen, stieß auf taube Ohren. Bis heute, denn am vergangenen Mittwoch schaltete sich auch die demokratische Kongressabgeordnete Cori Bush mit einem öffentlichen Brief an Gouverneur Parson ein.

Darin bat sie, die Exekution zu stoppen, und mahnte, dass die Vollstreckung des Urteils »eine schwere Ungerechtigkeit« sei und »schweren und dauerhaften Schaden« anrichte. Außerdem würde die Hinrichtung von Williams den Wünschen der Hinterbliebenen des Opfers zuwiderlaufen. Diese hatten im August gefordert, das Todesurteil nicht zu vollstrecken. »Mit der Hinrichtung wird der Staat Missouri auch die Ermittlungen gegen den tatsächlichen Täter behindern«, so Bush weiter. Wird das Gnadengesuch ignoriert und das Todesurteil vollstreckt, wäre Williams der 100. Getötete in dem Bundesstaat seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976. Afroamerikaner machen dort lediglich rund zehn Prozent der Bevölkerung aus, doch vier von neun zum Tode Verurteilten sind laut dem Death Penalty Information Center in Missouri schwarz.

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