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Aus: Ausgabe vom 26.09.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Protektionismus

Carrots and Sticks

Prinzip Zuckerbrot und Peitsche: Trump lockt ausländische Produzenten und droht ihnen
Von Knut Mellenthin
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»Direkt nach hier in Georgia«: Donald Trump am Dienstag in Savannah

Knapp sechs Wochen vor der Präsidentschaftswahl in den USA verspricht Donald Trump seiner Zielgruppe eine »manufacturing renaissance«, eine Wiedergeburt der Fabrikproduktion auf eigenem Boden. »Wir werden die Jobs anderer Länder übernehmen«, phantasierte der Kandidat der Republikaner am Dienstag bei einer Wahlveranstaltung in Savannah. Es werde einen »Massenauszug« von Industrieproduzenten »aus China nach Pennsylvania, aus Korea nach North Carolina, aus Deutschland direkt nach hier in Georgia« geben.

US-amerikanischen Unternehmen, die im Ausland produzieren, will Trump unter anderem mit der Schaffung von Sonderzonen auf Staatsland, in denen »ultra-niedrige Steuern und Vorschriften« winken, zur Rückkehr locken. Als Präsident werde er das Amt eines »Fabrikationsbotschafters« schaffen, dessen »einzige Aufgabe« darin bestehen werde, »in der Welt herumzureisen und große Produzenten davon zu überzeugen, ihre Sachen zu packen und nach Amerika zurückzukommen«.

Der Schauplatz der Ankündigung war gut gewählt: Savannah im Bundesstaat Georgia hat einen der größten Häfen der Vereinigten Staaten und ist ein Zentrum der Autoherstellung. Die südkoreanische Hyundai-Gruppe hat dort im Oktober 2022 mit dem Bau einer Fabrik begonnen, die im ersten Halbjahr 2025 mit einer Jahreskapazität von 300.000 Elektroautos die Produktion aufnehmen soll. 8.100 Arbeitsplätze sollen dort entstehen, etwas mehr als 5,5 Milliarden Dollar Kosten hat das südkoreanische Unternehmen für das Vorhaben veranschlagt.

Hyundai nutzt damit US-amerikanische Förderungsregeln, die zwar erst 2023 als Gesetz in Kraft traten, aber im Herbst 2022 schon mit absehbarem Erfolg ihren Marsch durch die beiden Häuser des Kongresses angetreten hatten. Der »Inflation Reduction Act« ermöglicht eine Steuerminderung von maximal 7.500 Dollar beim Kauf eines Elektroautos. Zu den Voraussetzungen gehört aber unter anderem, dass das Fahrzeug in den USA zusammengebaut wurde, die Batterie weitgehend dort hergestellt wurde und dass keine Mineralien aus bestimmten Ländern, vor allem natürlich nicht aus China, verwendet wurden.

Was Trump als persönliche Idee anpreist, ist also schon seit zwei Jahren Praxis. Und das ausgerechnet aufgrund eines Gesetzes, dessen Abschaffung der oft wie verrückt wirkende Republikaner für den Fall eines Wahlsiegs als eine seiner ersten Amtshandlungen angekündigt hat. Originell ist nur seine Zusatzidee, ausländischen Unternehmen mit »sehr substantiellen Zöllen« auf alle nicht in den USA hergestellten Waren zu drohen. In diesen Zusammenhang gehört auch Trumps Ankündigung vom Montag, er werde als Präsident alle Importe von John Deere, einem führenden US-amerikanischen Hersteller von Fahrzeugen und Maschinen für die Landwirtschaft, mit 200 Prozent belegen, falls das Unternehmen an seiner Absicht festhält, die Produktion nach Mexiko zu verlegen.

Schon vor Beginn seiner ersten Amtszeit als Präsident hatte Trump 2018 die Möglichkeit ins Spiel gebracht, Fahrzeuge europäischer Hersteller mit einem 20- oder 25prozentigen Einfuhrzoll zu belegen. Hauptbetroffene in der EU wäre die deutsche Automobilindustrie gewesen, die hinter Mexiko, Japan, Kanada und Südkorea an fünfter Stelle unter den größten Exporteuren dieser Branche in die USA steht.

Als Präsident setzte Trump diese Drohung immer wieder als Erpressungsmittel in Verhandlungen über unterschiedliche Themen ein, verwirklichte sie aber nicht. Dennoch scheinen jetzt Wirtschaftswissenschaftler und Kapitalkreise das Risiko für real zu halten, dass Trump im Fall eines Wahlsiegs nicht nur den von ihm begonnenen und von seinem Nachfolger Joseph Biden fortgesetzten Strafzollkrieg gegen China verschärfen, sondern zusätzlich noch neue Fronten gegen traditionelle Verbündete der USA eröffnen könnte.

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