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Aus: Ausgabe vom 08.10.2024, Seite 8 / Ansichten

Kriegsprophet des Tages: Wiesław Kukuła

Von Reinhard Lauterbach
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Um martialische Worte nicht verlegen: Der polnische General Wiesław Kukuła (Warschau, 15.8.2024)

Die eine oder der andere mag sich noch aus den eigenen Studienzeiten daran erinnern, wie zum Semesterauftakt eine Eingangsvorlesung in der großen Aula der jeweiligen Hochschule gehalten wurde. Meist allgemeines Gerede, nicht prüfungsrelevant.

Solche akademische Laberei kann man dem Generalstabschef der polnischen Streitkräfte nicht vorwerfen. General Wiesław Kukuła sprach am Freitag zur Eröffnung des neuen Studienjahres an der Akademie der Landstreitkräfte in Wrocław vor 1.000 Offiziersanwärtern und fand gleich den richtigen Ton: »Unsere Generation wird diejenige sein, die zur Verteidigung unseres Staats zur Waffe greift. Und ich habe nicht die Absicht, diesen Kampf zu verlieren.« Man beachte den Wechsel des Personalpronomens von »wir« zu »ich«. Und gleich wieder im Plural: »Wir werden diesen Kampf führen und gewinnen, und nachher werden wir Polen weiter aufbauen.«

Das »weiter« ist besonders gut. So kann nur jemand reden, der den Krieg nur als Sandkastenspiel kennengelernt hat. Beziehungsweise jemand, der die Bevölkerung des »eigenen« Landes als eine Masse von Ameisen betrachtet, die zu nichts anderem taugt, als ihren »Staat« wieder aufzubauen und die nächste Königin zu mästen. Man nennt das Vaterlandsliebe.

Vor dieses erhebende Gefühl, Polen weiter aufzubauen, haben die Götter aber noch eine Schwierigkeit gesetzt: Es fehlen die Menschen, um »die Waffe in die Hand zu nehmen«. Der Gegner – hier also der Russe – habe in seiner Armee ein solches Menschenpotential, dass auch Polen um die Wiedereinführung des Wehrdienstes nicht herumkomme. Bleibt natürlich die entscheidende Frage: Welche Generation soll bitte »Polen weiter aufbauen«, wenn sie gerade vorher verheizt worden ist? Fragen, auf die Generäle wie Kukuła frühestens in ihren Memoiren antworten.

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