Kriegsprophet des Tages: Wiesław Kukuła
Von Reinhard LauterbachDie eine oder der andere mag sich noch aus den eigenen Studienzeiten daran erinnern, wie zum Semesterauftakt eine Eingangsvorlesung in der großen Aula der jeweiligen Hochschule gehalten wurde. Meist allgemeines Gerede, nicht prüfungsrelevant.
Solche akademische Laberei kann man dem Generalstabschef der polnischen Streitkräfte nicht vorwerfen. General Wiesław Kukuła sprach am Freitag zur Eröffnung des neuen Studienjahres an der Akademie der Landstreitkräfte in Wrocław vor 1.000 Offiziersanwärtern und fand gleich den richtigen Ton: »Unsere Generation wird diejenige sein, die zur Verteidigung unseres Staats zur Waffe greift. Und ich habe nicht die Absicht, diesen Kampf zu verlieren.« Man beachte den Wechsel des Personalpronomens von »wir« zu »ich«. Und gleich wieder im Plural: »Wir werden diesen Kampf führen und gewinnen, und nachher werden wir Polen weiter aufbauen.«
Das »weiter« ist besonders gut. So kann nur jemand reden, der den Krieg nur als Sandkastenspiel kennengelernt hat. Beziehungsweise jemand, der die Bevölkerung des »eigenen« Landes als eine Masse von Ameisen betrachtet, die zu nichts anderem taugt, als ihren »Staat« wieder aufzubauen und die nächste Königin zu mästen. Man nennt das Vaterlandsliebe.
Vor dieses erhebende Gefühl, Polen weiter aufzubauen, haben die Götter aber noch eine Schwierigkeit gesetzt: Es fehlen die Menschen, um »die Waffe in die Hand zu nehmen«. Der Gegner – hier also der Russe – habe in seiner Armee ein solches Menschenpotential, dass auch Polen um die Wiedereinführung des Wehrdienstes nicht herumkomme. Bleibt natürlich die entscheidende Frage: Welche Generation soll bitte »Polen weiter aufbauen«, wenn sie gerade vorher verheizt worden ist? Fragen, auf die Generäle wie Kukuła frühestens in ihren Memoiren antworten.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich K. aus Potsdam (8. Oktober 2024 um 06:36 Uhr)Es ist den USA gelungen, in Polen ein erzkonservatives, russlandfeindliches Regime zu etablieren. Die polnischen Eliten, zu denen muss man wohl den Herrn General rechnen, sind offenbar bereit, den erklärten Feind im Osten mit der Waffe in der Hand zu bekämpfen. Dabei ist man so mutig, weil man glaubt, die NATO wäre der Schutzschirm, hinter dem man sich zu Größe aufpumpen und den »Feind«, der hunderttausende Soldaten geopfert hat, um Polen von der Besatzung durch die deutschen Faschisten zu befreien, zu bedrohen. Der Kriegstreiber Kukula wird noch lernen müssen, dass Polen im Ernstfall kein Schirm dieser Welt vor dem Untergang retten kann.
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vom 08.10.2024