Die nächste Familie ausgelöscht
Von Ina SembdnerDie israelischen Truppen schießen auf jeden, der sich bewegt. So berichtet es Al-Dschasira aus dem Norden des Gazastreifens. Seit fünf Tagen ist das Flüchtlingslager Dschabalija von Panzern umstellt, Luftangriffe flankieren Soldaten, die den zerstörten Stadtteil durchkämmen. Dutzende von Menschen seien in den Straßen getötet worden, niemand könne ihre Leichen bergen, hieß es. Und am Mittwoch traf es erneut einen Journalisten. Ein – mit Presseweste ausgestatteter – Kameramann »wurde während unserer Berichterstattung durch eine Scharfschützenkugel im Nacken verletzt«, wurde auf X mitgeteilt.
»Mindestens 400.000 Menschen sind in dem Gebiet eingeschlossen«, schrieb Philippe Lazzarini, Leiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), ebenfalls auf X.
»Die jüngsten Evakuierungsbefehle der israelischen Behörden zwingen die Menschen immer wieder zur Flucht, insbesondere aus dem Lager Dschabalija.« Viele würden sich jedoch weigern, »weil sie nur zu gut wissen, dass kein Ort in Gaza sicher ist«. Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn vor einem Jahr mussten Unterkünfte und Dienstleistungen der UN-Organisation geschlossen werden, schrieb Lazzarini weiter. Hunger breite sich wieder aus, da fast keine Grundversorgung verfügbar sei.
Das Gesundheitsministerium in Gaza teilte mit, die Armee habe drei Krankenhäuser zur Evakuierung aufgefordert. Hunderte von Patienten und Sanitätern seien in diesen Einrichtungen eingeschlossen, hieß es in einer Erklärung. Das Leben Dutzender Patienten sei wegen der israelischen Belagerung in Gefahr. Insgesamt wurden in dem Gebiet laut Medizinern innerhalb eines Tages mindestens 45 Menschen getötet, darunter neun Angehörige einer Familie in einem Vorort von Gaza-Stadt. Mehr als 900 palästinensische Familien sind bereits ausgelöscht worden.
Doch auch auf israelischer Seite regt sich Widerstand. 130 Reservisten und Wehrpflichtige haben laut Haaretz einen Brief an Kriegskabinett und Generalstab gerichtet: »Es ist jetzt klar, dass die Fortsetzung des Krieges in Gaza nicht nur die Rückkehr der Geiseln aus der Gefangenschaft verzögert, sondern auch ihr Leben gefährdet.« Viele der Verschleppten seien durch die Angriffe der Armee getötet worden. Sollte sich die Regierung nicht um einen Deal bemühen, sähen sie sich nicht mehr in der Lage, »ihren Dienst fortzusetzen«.
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