Sozialdemokratischer Einstand
Von Kristian StemmlerDie SPD nutzt den Wechsel im Amt des Generalsekretärs, um sich mit Blick auf die für September 2025 geplante Bundestagswahl als Streiter für soziale Gerechtigkeit zu präsentieren. Der 55jährige Matthias Miersch, der die Nachfolge des am Montag überraschend zurückgetretenen Kevin Kühnert antritt, ist einer der Sprecher der sogenannten Parlamentarischen Linken in der Partei. Bereits in seinen ersten Äußerungen war viel von sozialem Zusammenhalt die Rede. Auch von der Union grenzte sich Miersch deutlich ab. CDU-Chef Friedrich Merz verkörpere »alles, für das ich nicht stehe«, sagte er am Dienstag.
Miersch verwies auf die Aussage von Merz, wonach es in Deutschland mehr Respekt für Besserverdienende brauche. Als Sozialdemokrat habe er »Respekt gegenüber allen«. Aber Politik gelte gerade denjenigen, die das Land zusammenhielten und nicht zu den Besserverdienern gehörten. Im Deutschlandfunk sagte der neue Generalsekretär am Mittwoch, in den kommenden Monaten müsse sich die Partei programmatisch so aufstellen, »dass man zum Beispiel sehr deutlich die Unterschiede zur Merz-CDU sieht«.
Zentral sei für ihn »ein handlungsfähiger Staat, der den Einzelnen nicht im Stich lässt, wenn es um Pflege geht, wenn es um gute Kitaeinrichtungen geht, wenn es um Infrastruktur geht«, so Miersch. Auch das Thema Solidarität müsse Priorität erhalten. »Diese Gesellschaft muss zusammenhalten und deswegen müssen die, die mehr haben, auch mehr Solidarität zeigen, damit dieses Land tatsächlich solidarisch auch durch harte Zeiten kommt«, sagte der SPD-Politiker. Miersch will auch das sozialdemokratische Profil in der Ampelkoalition schärfen. Es müsse wieder mehr erkennbar sein, »welches unsere Akzente, unsere Erfolge auch in dieser Regierung sind«.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherte Miersch seine volle Rückendeckung zu. Dieser werde sich auf ihn »hundertprozentig verlassen können«. Er werde allerdings kein »einfacher Jasager sein«. Der neue SPD-Generalsekretär betonte, er gehe fest von Scholz als Kanzlerkandidat aus. Es sei aber »überhaupt nicht notwendig«, ihn jetzt schon zu nominieren. Der Kanzler müsse sich erst einmal auf die aktuelle Regierungsarbeit konzentrieren. Auch zu möglichen Koalitionspartnern nach der nächsten Bundestagswahl wollte sich Miersch noch nicht öffentlich äußern. Erklärtes Ziel der SPD sei es, wieder zur stärksten Fraktion im Bundestag zu werden.
Miersch sitzt seit 2005 im Bundestag, ist als Fraktionsvize zuständig für die Themen Umwelt, Klimaschutz und Energiepolitik. In dieser Funktion hatte er auch das berüchtigte Heizungsgesetz mit Grünen und FDP verhandelt. Der gebürtige Hannoveraner gilt als Vertrauter von Parteichef Lars Klingbeil, der ebenfalls aus Niedersachsen stammt.
Als Bezirksvorsitzender der SPD Hannover fiel ihm im vergangenen Jahr auch die Aufgabe zu, die Rede zu Ehren der 60jährigen Parteimitgliedschaft von Exkanzler Gerhard Schröder zu halten. Miersch plädierte nun im Umgang mit Schröder, der wegen »Putin-Nähe« in Ungnade gefallen ist, dafür, »nicht zu sehr in Schwarz und Weiß« zu denken. Zwar wünsche er sich vom Altkanzler klarere Worte zum »russischen Angriffskrieg«, dennoch dürfe man nicht verschweigen, dass Schröder »für dieses Land sehr viel gemacht hat, beispielsweise dieses Land herausgehalten aus dem Irak-Krieg«. Ob er damit auch den unter Schröder vorangetriebenen Abbau des Sozialstaats und die deutsche Beteiligung an der Zerschlagung Jugoslawiens meinte, ist nicht bekannt.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat unterdessen ein stärkeres »Vorangehen« des Bundeskanzlers gefordert. Scholz müsse deutlich machen, »wofür er steht«, so Schwesig am Dienstag abend in der ARD. Angesichts des Dauerstreits in der Regierungskoalition sei die Zeit gekommen, »dass Olaf Scholz stärker vorangeht und ganz klar zu den großen gesellschaftlichen Themen sagt, wie er sich das vorstellt«.
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Leserbrief von Yilmaz P (11. Oktober 2024 um 11:32 Uhr)Er sagte: Die SPD sei eine Partei, die ihren Namen nicht ändern musste. Auf dem Etikett steht SPD, auf der Zutatenliste steht: fast 30 Jahre Regierungsbeteiligung, Kinderarmut, Hartz 4 …
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