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Aus: Ausgabe vom 10.10.2024, Seite 5 / Inland
Tarifkonflikt Öffentlicher Dienst

Harter Arbeitskampf erwartet

Beschäftigte bei Bund und Kommunen fordern acht Prozent Lohnerhöhung
Von Nikolas Uhlmann
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Zu wenig Kohle für die Drecksjobs: Müllmänner in Gelsenkirchen

Der aktuelle Tarifvertrag im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen läuft Ende 2024 aus. Ende Januar 2025 beginnen die Tarifverhandlungen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und den rund 2,5 Millionen Beschäftigten, die von Verdi sowie dem Deutschen Beamtenbund (DBB) vertreten werden. Allem Anschein nach steht ein harter Arbeitskampf bevor.

Noch bevor die Gewerkschaften ihre Forderungen bekannt gaben, hatte sich Karin Welge, Präsidentin der VKA, am Montag im Tagesspiegel zu Wort gemeldet: »Die Inflation wird bei rund zwei Prozent liegen, das ist eine Orientierungsgröße, die auf dem Tisch liegt.« Da etablierte Strukturen in Staat und Gesellschaft von »Radikalen« in Frage gestellt würden, hoffe sie auf möglichst zielorientierte und sachgerechte Verhandlungen. Gegenüber dpa konterte der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach: »Darauf werden die Gewerkschaften sich auf keinen Fall einlassen.« Verdi-Chef Frank Werneke fügte hinzu, dass es auch um die Stärkung der Kaufkraft und damit der Binnennachfrage, letztlich des »Wirtschaftswachstums in Deutschland« gehe. Einig sind sich beide Seiten nur in einer Sache: Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden.

Am Mittwoch präsentierten die Gewerkschaften ihren Forderungskatalog. Beide Organisationen fordern eine Lohnerhöhung »von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro monatlich« und eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung wie des Praktikumsentgelts um 200 Euro. Alle Beschäftigten sollen »drei zusätzlich freie Tage«, Gewerkschaftsmitglieder sogar vier Tage pro Jahr bekommen und Arbeitszeitkonten eingerichtet werden. Über letztere sollen die Beschäftigten selbst verfügen, um ihre Arbeitszeit flexibler gestalten zu können. Nur so sei der Personalmangel im öffentlichen Dienst zu beheben. Schneider konkretisierte: »Uns fehlen jetzt schon 570.000 Beschäftigte und die demographische Krise beginnt gerade erst.« Der Mangel sei überall spürbar und »demokratiegefährdend«. Damit nahm er implizit auf Welges Panikmache Bezug. Werneke machte deutlich, dass »neben mehr Geld, vor allem mehr Zeitsouveränität und mehr Entlastung« nötig seien. Hintergrund ist eine Verdi-Umfrage aus dem Frühjahr, an der 260.000 Beschäftigte teilgenommen und über horrende und immer weiter steigende Arbeitsbelastungen geklagt hatten.

Die letzte Tarifrunde im Frühjahr 2023 hatte weitgehend eine Lohnerhöhung von elf Prozent ab März 2024 und eine steuerfreie Einmalzahlung von 3.000 Euro erwirkt. »Insbesondere die kommunalen Arbeitgeber waren wenig kompromissbereit«, heißt es bei Verdi. Insofern ist alles beim alten. Mit dem Ergebnis waren indes nicht alle zufrieden. Am 27. Juli 2023 schrieb Orhan Akman, damals Kandidat für den Verdi-Bundesvorstand, in junge Welt, dass die Gewerkschaft die Streikbereitschaft der Beschäftigten nicht voll ausgenutzt habe. Er hob die Bewertung Marcel Fratzschers vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hervor: »Nach einer Inflationsrate von acht Prozent 2022, sechs Prozent 2023 und wohl circa drei Prozent 2024 werden die Löhne im öffentlichen Dienst am Ende der Laufzeit circa sechs Prozent weniger Kaufkraft haben. Dies bedeutet, dass es wohl mindestens noch weitere fünf Jahre dauern wird, bis die Löhne im öffentlichen Dienst diesen Kaufkraftverlust wieder aufgeholt haben.« Sollte die kommende Tarifrunde so verlaufen wie die letzte, könnte selbst aus dieser Prognose nicht werden.

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