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Aus: Ausgabe vom 10.10.2024, Seite 6 / Ausland
Kommunale Spitzen

Brasilianische Gemeinden wählen rechts

PT von Präsident Lula da Silva und andere linke Parteien bei Regionalwahlen abgewatscht
Von Norbert Suchanek, Rio de Janeiro
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Wahlkampf in Salvador: Für linke Kandidaten hat es oft trotzdem nicht gereicht (17.9.2024)

Mehr als 155 Millionen Brasilianer in 5.569 Gemeinden haben am Sonntag ihre Stadträte und Bürgermeister gewählt. Die meisten Wähler entschieden sich im ersten Durchgang für rechte und ultrarechte Kandidaten und Parteien und watschten die Linken ab.

So konnte die Arbeiterpartei (PT) des amtierenden Staatspräsidenten Luiz Inácio Lula da Silva nicht eine einzige Landeshauptstadt für sich gewinnen. Alle elf direkt gewählten Hauptstadtbürgermeister gehören Parteien des rechten und evangelikalen Lagers an. Und lediglich zwei der Großstädte mit mehr als 200.000 Einwohnern gingen im ersten Wahlgang an die PT: Gewählt wurden Lulas Kandidatinnen Marília Campos und Margarida Salomão in den Städten Contagem und Juiz de Fora im Bundesstaat Minas Gerais.

Brasiliens Sozialdemokratische Partei PSD, die so wie die Brasilianische Demokratische Bewegungspartei MDB zum rechten Lager der Evangelikalen und der Agrarlobby gehört, hat im ersten Wahlgang landesweit 886 und damit die meisten Bürgermeistersessel von insgesamt 5.516 Gemeinden gewonnen. An zweiter Stelle liegt der MDB mit 852 gewählten Stadtchefs. Die Liberale Partei PL des ultrarechten Expräsidenten Jair Bolsonaro konnte im ersten Wahlgang 531 Stadtoberhäupter stellen. Mehr als doppelt so viele wie Lulas Arbeiterpartei, die auf lediglich 251 Bürgermeister kam. Auch bei den Stadträten haben die rechten und evangelikalen Parteien die Nase weit vorn. So bekam der MDB im ersten Wahlgang landesweit insgesamt 8.109 Sitze in den Gemeindeparlamenten, 757 mehr als bei den Kommunalwahlen vier Jahre zuvor.

Noch stärker legte Bolsonaros PL hinzu. Die Brasilianer wählten in diesem Jahr 4.957 ultrarechte PL-Stadträte, 1.494 mehr als 2020. Auf 3.127 Sitze in den Gemeinderäten kam Lulas PT. Vier Jahre zuvor hatte die Arbeiterpartei mit 2.667 gewählten Stadträten noch schlechter abgeschnitten. Lediglich 80 Kommunalmandate erreichte die linke Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL), 13 weniger als 2020.

Einer der größten Wahlsieger ist der amtierende Bürgermeister von Rio de Janeiro, Eduardo Paes von den Sozialdemokraten (PSD). Der 54jährige gewann nach Auszählung aller Stimmen mit 60,5 Prozent vor dem von Expräsident Bolsonaro unterstützten Abgeordneten Alexandre Ramagem mit 30,8 Prozent. Paes geht damit seiner vierten nicht aufeinanderfolgenden Amtszeit im Januar 2025 entgegen und wird der am längsten amtierende Bürgermeister von Rio sein. Enttäuschend schnitt der linke Gegenkandidat Tarcísio Motta (PSOL) ab. Er erhielt lediglich 4,2 Prozent der Stimmen. Sein Pech war, dass die Anhänger der alliierten Arbeiterpartei nicht an seine Wahlchancen glaubten.

Die Angst vor einem ultrarechten Bürgermeister am Zuckerhut war größer als linke Parteifreundschaft. So hatten Rios PT-Anhänger vor der Wahl die Losung ausgegeben, nicht den PSOL-Kandidaten, sondern Amtsinhaber Paes zu wählen, um eine Stichwahl mit Bolsonaros Kandidaten Ramagem, einem Exdirektor des brasilianischen Geheimdienstes Abin, zu verhindern. Dass die Angst nicht übertrieben war, zeigt das Abschneiden von Bolsonaros Sohn Carlos (PL) bei der Stadtratswahl, für den mehr als 130.000 Cariocas stimmten. Damit ist er der Stadtrat mit den meisten Wählerstimmen in der Geschichte der Landeshauptstadt von Rio de Janeiro.

Stichwahlen wird es nun am 27. Oktober in 15 Landeshauptstädten und insgesamt 52 Gemeinden geben. In Brasiliens größter und wirtschaftlich stärkster Metropole São Paulo tritt dabei der rechtskonservative und von Bolsonaro unterstützte Amtsinhaber Ricardo Nunes (MDB) gegen den von Präsident Lula da Silva unterstützten linken PSOL-Kandidaten Guilherme Boulos an. Im spannenden ersten Wahlgang hatten Nunes 29,49 Prozent, Boulos 29,07 Prozent und Pablo Marçal von der extrem rechten Brasilianischen Partei zur Erneuerung der Arbeit (PRTB) 28,14 Prozent der Stimmen erhalten. Bürgermeister Nunes gilt nun als Favorit für die zweite Runde in drei Wochen.

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