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Aus: Ausgabe vom 11.10.2024, Seite 14 / Medien
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Mehr Osten wagen

Vertreter im Rundfunkrat zerlegt auf einer Klausurtagung Programm und Strategie zum Mitteldeutschen Rundfunk
Von Pierre Deason-Tomory
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Will bei Programm und Stellen sparen: Der Mitteldeutsche Rundfunk

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) versagt teilweise dabei, seine Kernaufgaben zu erfüllen, und die Reformvorhaben der Geschäftsführung gehen in die falsche Richtung. So ließe sich die Wortmeldung von Heiko Hilker zusammenfassen, mit der dieser auf die »Programmstrategie 2025« eingegangen ist, die von der Geschäftsführung des MDR am 16. September auf einer Klausur des Rundfunkrats in Radebeul vorgelegt wurde. Der Vertreter des Deutschen Journalistenverbands (DJV) im Rundfunkrat monierte zunächst, dass das Gesamtbild der vorgestellten Maßnahmen unklar sei. Es werde nicht dargelegt, was sie jeweils kosten würden, wieviel der Sender dabei sparen und welche Summen er wohin umschichten wolle. Dann wurde seine Kritik grundsätzlich.

Der Dresdner Medienexperte analysierte ausführlich die Defizite des Dreiländersenders, etwa bei der Erfüllung seiner Kernaufgabe als öffentlich-rechtliche Medienanstalt: der Regionalität. Der MDR müsse abbilden, was etwa auf Landkreisebene an Relevantem passiere, dieses Abbild werde jedoch nicht geboten. Wie bei der Kulturberichterstattung. Der MDR berichte nicht flächendeckend über die Premieren an Oper und Theater oder über freie Bühnen und Festivals im Sendegebiet.

Die Zielgruppe Kinder werde seiner Ansicht nach »vernachlässigt«. Für Kinder in der Altersgruppe der Drei- bis Siebenjährigen gebe es weiterhin kein umfangreiches Audioangebot, der Onlinestream für die etwas Älteren biete nur wenige Eigenproduktionen. Wer kein Interesse habe, die Kinder an die eigenen Plattformen zu binden, werde die Erwachsenenzielgruppe von morgen kaum gewinnen, konstatierte er.

Der Senderführung warf der DJV-Rundfunkrat des weiteren vor, mit den Programmangeboten nicht medienadäquat umzugehen. Viele Angebote entsprächen nicht den Eigenheiten des jeweiligen Mediums, Beispiel Radio: Verschiedene Interessen unterschiedlicher Zielgruppen müssten bedient werden, auch bei Radionachrichten. Bei MDR Aktuell, MDR Kultur, MDR Klassik und MDR Jump bestehe aber der einzige Unterschied darin, dass die Nachrichten bei Jump mit einem Musikteppich unterlegt seien. Die Senderführung soll entgegnet haben, das Problem sei erkannt, und verwies demnach auf »Anstrengungen beim Qualitätsmanagement«.

Hilker griff auf der Klausur die Debatte über Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland auf und bezog sich auf das Buch »Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt«. Der Autor, der Soziologe Steffen Mau, spreche davon, dass der Osten noch lange ein eigener Kultur- und Orientierungsraum bleiben würde. Wenn dem so sei, folgert Hilker, dann brauche dieser Raum auch eigenständige Medien, die sowenig wie möglich von anderen übernehmen und soviel wie möglich eigenständig aufarbeiten. Dann sei die zuletzt durchgeführte Teilreform (seit September schalten drei MDR-Sender ihre Programme an mehreren Wochentagen abends mit anderen Ländersendern zusammen) der falsche Weg. Dann müsse der MDR weiterhin auch abends seinem Auftrag gerecht werden und Inhalte bieten, die er selbst verantworte.

Eine Programmreform, wie sie Hilker im Sinn hat, dürfte, anders als es die ehrenhafte Selbstmordstrategie von ARD-Senderchefs und Ministerpräsidenten vorsieht, die Dreiländeranstalt Geld kosten und keins einsparen. Auf Nachfrage von junge Welt machte Hilker einen kühnen Finanzierungsvorschlag: »Vom MDR fließen etwa 20 Prozent der Einnahmen in die Gemeinschaftseinrichtungen der ARD. Das sind derzeit circa 140 Millionen Euro im Jahr. Wenn man diesen Betrag um 20 Millionen reduzieren würde, müsste man nicht am Programm sparen und journalistische Stellen abbauen. Man könnte sogar noch in Kinder-, Jugend- und investigative Inhalte investieren.« Rundfunkrat Hilker erwartet, dass sich der Sender einer offenen Debatte stellt, »schließlich wird er von der Öffentlichkeit finanziert«. Über die »Programmstrategie 2025« wurde bisher nur auf Mitarbeiterversammlungen und der Klausur des Rundfunk- und Verwaltungsrats informiert, nicht öffentlich.

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