Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 12.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Haushalt in Frankreich

Barnier schleift Soziales

»Sparbudget« in Frankreich vorgelegt: 4.000 Lehrerstellen sollen gestrichen, Rüstungsausgaben deutlich erhöht werden
Von Hansgeorg Hermann
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Viele Franzosen haben die Regierung von Barnier und Macron satt: Protest in Toulouse Ende September

Das »Sparbudget« für 2025, das der rechte französische Regierungschef Michel Barnier am Donnerstag abend dem Ministerrat vorstellte, wird vor allem die jüngere Generation des Landes hart treffen. Sollte der neue Ministerpräsident seinen Haushaltsent­­wurf im gesetzlich vorgegebenen Rahmen von maximal 70 Debattentagen im Parlament durchbringen oder einfach per Verfassungsdekret ohne Abstimmung erlassen, droht vielen Schulen der Kollaps: 4.000 Lehrerstellen will Barnier streichen lassen, bereits jetzt fehlen 3.000 Lehrkräfte. Die im laufenden Haushaltsjahr 2024 bereitgestellten rund 62 Milliarden Euro reichten nach Angaben der Gewerkschaften hinten und vorn nicht, um vor allem junge Pädagogen anständig zu bezahlen und den Schuldienst als Beruf attraktiv zu machen. Ein kurzer harter Schlag auch gegen die Rentner, deren ohnehin schmales Einkommen nicht wie geplant ab Januar, sondern erst ab Juli an die jeweilige Inflationsrate angepasst werden soll. Finanziell aufgerüstet wird dagegen beim Militär: mindestens 68 Milliarden Euro pro Jahr bis 2030, das sind zunächst 3,3 Milliarden mehr als bisher.

Auch die Reichen müssen sich nicht allzu viele Sorgen machen. Zwar soll der Steuersatz für jährliche Einkommen ab 250.000 Euro für Alleinstehende oder 500.000 Euro für Familien mindestens 20 Prozent betragen und damit einen Teil der Schlupflöcher stopfen. Das betrifft allerdings lediglich 65.000 der rund 50 Millionen französischen Haushalte, und die Regelung soll vorerst nur für die kommenden zwei Jahre gelten. Sie bleibt damit auf magere zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen beschränkt. Auf die Dauer von 24 Monaten sind die neuen Fiskalbestimmungen für rund 400 Unternehmen mit einem Geschäftsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro geplant. Die ihnen auferlegte »Contribution exceptionnelle« (Sonderabgabe) soll acht Milliarden Euro in die Staatskasse bringen. Gestrichen werden soll ein Teil der von Staatschef Emmanuel Macron gewollten und über Jahre gewährte Unterstützung des Unternehmeranteils bei der Renten- und Sozialversicherung sowie der Finanzierung von Stellen für Auszubildende. Erhoffter Spareffekt: 4,7 beziehungsweise 1,2 Milliarden Euro.

Harte Einbußen wird das Gesundheitssystem hinnehmen müssen. Der staatlich regelmäßig unterfinanzierte medizinische Bereich meldet für das laufende Haushaltsjahr 2024 ein Defizit von rund 14,6 Milliarden Euro. Für 2025 dürfte das Defizit nach Barniers gesetzlicher Vorgabe nur noch maximal 8,5 Milliarden Euro betragen. Gespart werden soll bei der gesetzlichen Krankenversicherung – gefordert werden mehr »Eigenleistungen« der Patienten, weniger Krankschreibungen und verbilligte Medikamentenangebote. Gesenkt werden soll der von Macron hochgelobte »Schutzschild« gegen die seit den Kriegen in der Ukraine und Nahost explosionsartig angewachsenen Energiekosten. Ein neuer Paragraph in Barniers Budget nimmt die alte Regelung »vor der Krise« wieder auf und kündigt neun Prozent Steuern auf den Stromverbrauch an.

Wie weit es die Regierung mit ihrem Haushaltsentwurf über die nächsten Monate schaffen wird, ist völlig unklar. Zwar bleibt Barnier und seinem Budgetminister Laurent Saint-Martin der Verfassungsartikel 49.3, der die Verabschiedung weiter Teile des Haushaltsgesetzes per Dekret – also am Parlament vorbei – erlaubt. Die Regierung ist dennoch auf die Duldung durch die ultrarechte Fraktion des Rassemblement National (RN) angewiesen; Marine Le Pen und ihre 143 Köpfe zählende Truppe könnten sie mit einem Misstrauensantrag stürzen, die durchaus anzunehmende Unterstützungen der linken Opposition des Nouveau Front Populaire (NFP) vorausgesetzt. RN-Sprecher Jean-Philippe Tanguy warnte bereits: »Wir haben sieben Milliarden (Kürzungsmaßnahmen, jW) für die mittleren und armen Klassen registriert und nur zwei Milliarden für die Privilegierten. Das ist mit uns nicht zu machen.« Jean-Luc Mélenchon, nach wie vor Anführer des NFP-Partners La France insoumise, nannte die Streichung der Lehrerposten eine »Bösartigkeit«. Für den Kommunisten Léon Deffontaines hat Staatschef Macron mit der Ernennung Barniers zum Regierungschef »eine Bande von Lügnern und Fälschern« auf die Franzosen losgelassen.

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