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Aus: Ausgabe vom 14.10.2024, Seite 7 / Ausland
Griechenland

Bestie Faschismus überlebt

Griechenland: Kommunisten gedenken der kurzen Befreiung vor 80 Jahren, bei der sie eine entscheidende Rolle spielten
Von Hansgeorg Hermann, Chaniá
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Offizielles Gedenken auf dem Parthenon in Athen an die Befreiung von den Nazis (12.10.2024)

Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) hat am Sonnabend mit Kundgebungen in Athen und anderen Städten an den Abzug der deutschen Wehrmacht und eine kurzfristige Befreiung vom Faschismus vor 80 Jahren erinnert. An den Protestmärschen gegen die drohende Rückkehr der Bestie nicht nur in Griechenland, sondern in den meisten europäischen Staaten beteiligten sich nach Angaben der Organisatoren einige tausend Menschen. Bürgerliche Medien berichteten nur am Rande oder überhaupt nicht. Der am 14. Oktober 1944 zunächst bejubelte vermeintliche Sieg des überwiegend von den Kommunisten getragenen Widerstands über die Faschisten mit der anschließenden Rückkehr der Exilregierung unter Georgios Papandreou war von kurzer Dauer. Schon eineinhalb Monate später, am 3. Dezember, ließ das sich selbst als »Schutzmacht« bezeichnende Großbritannien einen Demonstrationszug der Nationalen Befreiungsfront (EAM) im Herzen Athens zusammenschießen. Es folgten 30 Jahre Terror gegen die Linke – Mord, Internierung und politische Justiz eingeschlossen.

Um jeden Preis zu verhindern war seit 1944 – zunächst für die Briten unter Premier Winston Churchill, danach für die USA unter dem Präsidenten Harry Truman – jede irgendwie geartete Beteiligung der Kommunisten an der politischen Macht. Ausgeschaltet werden sollten in diesem von Churchill und seinem Kriegskabinett für Griechenland geplanten Nachkriegsmodell sowohl die EAM, die den Widerstand gegen die faschistischen Besatzer aus Deutschland und Italien organisiert hatte, als auch ihr bewaffneter Arm, die Nationale Volksbefreiungsarmee (ELAS). In Gefahr schien den Briten ihre mehr als 100jährige politische und militärische Vorherrschaft an der Ägäis. »Die USA verhielten sich nicht anders«, schreibt der Mannheimer Historiker Heinz Richter in seinem 1973 erschienen Standardwerk »Griechenland zwischen Revolution und Konterrevolution« – Griechenland »wurde zum Klientelstaat der USA«.

Die von den Briten geforderte Entwaffnung der ELAS und ihre völlige Auflösung hatten in der Regierung des Zentrumspolitikers Papandreou, an der sich zunächst auch die EAM beteiligte, zu unüberbrückbaren Spannungen und schließlich zum Austritt der Linken aus dem Kabinett geführt. Eine für den 3. Dezember 1944 zunächst genehmigte Massenkundgebung der EAM gegen die Restregierung und die eigentlichen Machthaber, die britischen Kolonialherren, ließ Papandreou am Vorabend verbieten. Als die unbewaffneten Widerstandskämpfer, zum Teil mit Frauen und Kindern, anderntags trotzdem marschierten, eröffneten britische Panzer und Infanteristen unter dem Kommando des Generals Ronald Scobie am Syntagmaplatz im Herzen Athens das Feuer. Offiziellen Angaben nach blieben 28 Tote und 148 Verletzte auf dem Pflaster. Der Komponist Mikis Theodorakis, der selbst mitmarschiert war und den jW vor Jahren zum Thema befragte, sprach von »mindestens 70 Todesopfern«.

Das Massaker, fortan »Dekemvriana« genannt, war das Präludium zu einem Bürgerkrieg zwischen EAM/ELAS und sogenannten Republikanern und Königstreuen. Als »Sieger« bezeichneten sich im Oktober 1949 der griechische Monarch und Faschistenfreund Georg II. sowie dessen britische und US-amerikanischen Interventionstruppen. Als »Verlierer« nennt die Geschichtsschreibung der Nachkriegsordnung die Kommunistische Partei und deren damals in Thessaloniki angesiedelte Provisorische Regierung. In die Internierungslager auf den Inseln Leros und Makronissos deportiert wurden bis in die 1950er Jahre hinein fast 500.000 Kommunisten oder als solche verdächtigte vor allem junge Menschen. Amnestiert wurden schon 1952 sämtliche Nazikollaborateure, die neue Verfassung verbot dagegen die Gründung oder Existenz linker politischer Gruppen. Als die USA 1967 einer Militärdiktatur unter dem Obersten Georgios Papadopoulos den Weg bereitete, war es wieder die Linke – der antifaschistische Widerstand, der den Terror der Rechten 20 Jahre lang oft im Exil überlebt hatte –, die den Griechen Hoffnung gab und 1974, dieses erste und vorläufig einzige Mal, den Sieg davontrug.

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