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Aus: Ausgabe vom 17.10.2024, Seite 7 / Ausland
Ukraine

NATO zuerst, dann Ausverkauf

Ukraine: Präsident präsentiert im Parlament seinen »Siegesplan« inklusive Beitritt in die Kriegsallianz und bietet Rohstoffe des Landes feil
Von Reinhard Lauterbach
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Als »Fantomas« bekannter Mitarbeiter der Rekrutierungsbehörde auf der Suche nach Kanonenfutter (Kiew, 3.7.2024)

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat am Mittwoch im Kiewer Parlament seinen »Siegesplan« der Öffentlichkeit vorgestellt. Zumindest in groben Zügen, denn zu einzelnen Punkten gibt es nach seinen Worten geheime Zusatzprotokolle. In den Mittelpunkt seines Plans stellte Selenskij die Forderung, die Ukraine sofort, noch vor Kriegsende, in die NATO aufzunehmen. Das geht weit über alles hinaus, was bisher selbst von den härtesten Transatlantikern anvisiert wurde, weil es die NATO sofort zur direkten Kriegspartei machen würde. Die Realisierungschancen dieses Wunsches muss man damit bis auf weiteres als gering einschätzen.

Als weitere Punkte des Planes nannte Selenskij die Fortsetzung der Kriegshandlungen auf russischem Gebiet, allerdings mit direkter Beteiligung der NATO-Staaten beim Abschuss russischer Flugzeuge und unter Nutzung weitreichender Waffen, ferner die Stationierung einer nicht näher charakterisierten »nichtatomaren Abschreckungskomponente« in der Ukraine. Wahrscheinlich meint er damit NATO-Bodentruppen. Selenskij verlangte die weitere Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und stellte – dies als Hinweis an die Adresse von Donald Trump – in Aussicht, dass nach Abschluss des Krieges ukrainische Truppen in Europa die Rolle der US-Armee übernehmen könnten.

Als Lockmittel verwies Selenskij auf die reichen Bodenschätze der Ukraine, die entweder für den Westen nutzbar gemacht werden könnten oder im Falle einer Niederlage Russland zufallen würden. Außerdem könne das landwirtschaftliche Potential der Ukraine der EU zur »Lebensmittelautarkie« verhelfen. Seine Forderung nach mehr und wirkungsvolleren westlichen Waffen wiederholte Selenskij nicht direkt, nachdem er in den vergangenen Wochen damit in den wichtigsten westlichen Hauptstädten »abgeblitzt« (so die Formulierung von Bild) war. Wie das Springer-Blatt unter Berufung auf ihm vorliegende interne Dokumente der Bundeswehr schrieb, sieht die deutsche Armeespitze auf absehbare Zeit keine Möglichkeit, dass die Ukraine eine erfolgversprechende Gegenoffensive starten könnte.

Angesichts des anhaltenden Mangels an Soldaten ist die Ukraine dazu übergegangen, Razzien in Kinos, Restaurants und anderen Freizeiteinrichtungen vorzunehmen. Was die materielle Ausbeute angeht, machten die Behörden keine Angaben. Ukrainische Medien schreiben unter Berufung auf Regierungsbeamte, Ziel der Aktion sei eher die psychologische Beeinflussung der Bevölkerungsmehrheit. Ihr habe demonstriert werden sollen, dass auch »die Reichen« zum Kriegsdienst herangezogen würden, nicht nur die sprichwörtlichen Arbeiter und Bauern, denen es an den Ressourcen fehlt, sich von der Einziehung freizukaufen.

Aus demselben Grund gilt der tatsächliche Erfolg der Razzien in Freizeiteinrichtungen als zweifelhaft. Gesprächspartner des Portals Strana sagten, wer sich eine Konzertkarte oder einen Restaurantbesuch leisten könne, der finde auch das Geld, den Wehrerfassungsbeamten das für eine Rückstellung vom Wehrdienst geforderte Schmiergeld zu zahlen. Die Tarife dieser Lösegelder sind in letzter Zeit weiter gestiegen und betragen mehrere tausend US-Dollar auf die Hand und anschließend verstärkt Beträge zwischen 500 und 1.500 Dollar monatlich als Preis dafür, dass einmal ausgestellte Unabkömmlichkeitsbescheinigungen nicht wieder aufgehoben werden.

Die USA drängen die Behörden in Kiew seit Monaten dazu, das Einberufungsalter von jetzt 25 auf 18 Jahre zu senken. So könnten mehrere hunderttausend Rekruten »gewonnen« werden. Die Bevölkerung macht sich ihren eigenen Reim auf diese Diskussionen. Wie der ukrainische Bildungsminister Oksen Lisowoj vergangene Woche bei einer parlamentarischen Anhörung mitteilte, sind etwa 300.000 männliche Schüler der Abschlussklassen nicht zum seit September laufenden neuen Schuljahr erschienen. Vermutlich seien sie ins Ausland gegangen, solange sie das von ihrem Alter her noch könnten. In der Ukraine greift die Wehrerfassung mit 17 Jahren, danach dürfen Männer nur noch mit ­Genehmigung das Land verlassen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinz K. aus München (17. Oktober 2024 um 11:14 Uhr)
    Bodenschätze als Bonus? Herr S. hat wohl vergessen (oder vielleicht weiß er es nicht?) dass sich Blackrock & Co. längst die Bodenschätze der Ukraine incl. der Schwarzerdeböden gesichert haben – er kann nicht verschenken oder zu Sonderpreisen verkaufen, was ihm gar nicht mehr gehört!
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (17. Oktober 2024 um 10:14 Uhr)
    Siegen als Propaganda: Selbst Don Quijote hätte an diesem »Siegesplan« seine wahre Freude gehabt. Ein Beitritt zur NATO mitten im Krieg? Klar, die Nordatlantiker klopfen sich schon begeistert auf die Brust. Ein bisschen Krieg hier, ein bisschen NATO dort – und schon sieht die Zukunft rosig aus. Vor allem für die Rüstungsindustrie. Selenski wiederholt stets dieselbe Botschaft: Wenn Putin seine Ziele in der Ukraine erreicht, gefährdet dies die Sicherheit des gesamten Westens. »Für unsere Partner ist es praktisch, uns zu helfen. Damit helfen sie nicht zuletzt sich selbst.« Dazu noch dann die geniale Idee, die Ukraine zum Schutzschild Europas zu machen. NATO-Bodentruppen sollen auf ukrainischem Boden patrouillieren, aber bitte schön ohne Atomwaffen. Natürlich, weil sich die Soldaten viel sicherer fühlen, wenn ihnen statt einer Atombombe nur eine konventionelle Rakete den Helm wegbläst. Und falls Europa und die USA noch nicht überzeugt sind, gibt es einen Bonus: Bodenschätze zum Sonderpreis und eine Extraportion Weizen, damit die EU nicht mehr auf den bösen Weltmarkt angewiesen ist. Natürlich funktioniert das nur, solange die russischen Jungs an der Front nicht schneller buddeln. Doch leider gibt es ein kleines Problem: Es fehlen immer mehr Soldaten. Während Selenskij von glorreichen Siegen träumt, ziehen es die wehrfähigen Männer vor, auf große Auslandstour zu gehen. Da bleibt der Armee nichts anderes übrig, als in Kinos und Restaurants Razzien zu veranstalten. Aber wer sich eine Kinokarte leisten kann, weiß auch, wie man das »Ticket« aus der Wehrpflicht bezahlt. Am Ende bleibt der »Siegesplan« also genau das: ein Plan. Tatsächlich setzt der Präsident in seinem Siegesplan ganz auf die Hilfe von außen. Der Sieg? Vielleicht irgendwann mit Hilfe der NATO – aber wohl kaum mit diesem schwachen Drehbuch.
  • Leserbrief von Bernd Trete aus Potsdam (17. Oktober 2024 um 09:16 Uhr)
    Also, wenn »… Selenskij die Forderung [stellte], die Ukraine sofort, noch vor Kriegsende, in die NATO aufzunehmen«, dann macht er für »seinen« Frieden zur Bedingung, was zum Krieg führte. Das kann m. E. wenig Erfolg haben können. Wir werden sehen.
    • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (17. Oktober 2024 um 12:21 Uhr)
      Ein kriegführenden Land in die NATO aufnehmen? Das wäre ungefährt so genial wie der Kauf eines brennenden Hauses. Wer könnte wohl so bescheuert sein?
      • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (17. Oktober 2024 um 12:58 Uhr)
        Wenn die Feuerwehr genügend Brandbeschleuniger angesammelt hat, könnte sie so bescheuert sein, um vom brennenden Haus aus das Nachbarhaus anzuzünden.

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