Der Anfang vom Ende
Von André DahlmeyerEinen wunderschönen guten Morgen! Bei der Celeste, Uruguays Fußballnationalmannschaft, stehen die Zeichen auf Sturm. Wie das? Die Truppe von Marcelo Bielsa deklassierte in der WM-Qualifikation erst Brasilien in Montevideo, anschließend Weltmeister Argentinien in Buenos Aires und wurde bei der Copa América in den USA im Juli undankbarer Dritter. Da müsste doch eitel Sonnenschein vorherrschen. Dem ist nicht so.
Das Unheil begann in den USA. Beim Halbfinalspiel der Copa América in Charlotte, North Carolina, hatten kolumbianische »Fans« auf den Tribünen Familienangehörige der Charrúas angegriffen, die Uru-Kicker preschten in den Fanblock und lieferten sich interessante Faustkämpfe, woraus sie als klare Punktsieger hervorgingen. Bielsa stellte sich anschließend hinter seine Schutzbefohlenen, attackierte den südamerikanischen Balltretverband Conmebol und die Organisatoren der Copa vor Ort für deren Unfähigkeit, Sicherheit zu gewährleisten. Nichtsdestoweniger wurden die Kicker Uruguays mit allerlei Strafen überzogen, unter anderem mit empfindlichen Spielsperren. Wettbewerbsverzerrungen sind die Folge.
Beendete Uruguay das Jahr 2023 nach sechs WM-Quali-Spielen noch mit 13 Punkten und 13:5 Toren, klebt ihnen 2024 Pferdekot an den Botten. Schuld daran sind nicht allein die Sperren, sondern auch Luis Suárez. Bielsa hat nie auf ihn gebaut, jetzt ist er beleidigt. Bei der Copa América kam Suárez erst in der zweiten Halbzeit des Spiels um Platz drei gegen Kanada wirklich zum Einsatz, brachte Uruguay mit einem Last-Minute-Treffer ins Elferballern und verwandelte dort den vierten Strafstoß der Urus, ehe Bayerns Alphonso Davies den letzten Penalty der Canucks verschoss. In der WM-Quali spielte Suárez weder eine Rolle, noch gelang ihm ein Tor. Erstmals auf der Bank saß er im Stadion der Boca Juniors gegen Argentinien. Gegen Bolivien kam er zu einem Kurzeinsatz. Immerhin beim ersten WM-Quali-Spiel des Jahres der Urus Anfang September gegen Paraguay durfte er sich als Kapitän vor eigenem Publikum aus der Celeste verabschieden. Er spielte durch – und traf nicht. Das Match endete 0:0, Uruguay arbeitete sich lediglich eine echte Torchance heraus. Fünf Tage später, nun ohne »Lucho«, war Uruguay in Venezuela klar unterlegen, spielte aber wieder 0:0. Acht der 13 Uru-Treffer hatten bis dahin die gesperrten Darwin Núñez und Nicolás de la Cruz erzielt. Nun ging nichts mehr.
Dieser Tage stand der Doppelspieltag in Peru und gegen Ecuador an. Wieder gab es schlechte Nachrichten aus den USA, genauer aus Miami, von wo aus der Nationalheilige »Pistolero« Suárez auf den argentinischen Trainer Uruguays, Marcelo Bielsa, feuerte: Suárez machte Interna der Urus bei der Copa in den Staaten publik. Bielsa sei respektlos, ja, ehrabschneidend gewesen. Das kann ich nur teilweise nachvollziehen. Bielsa hat einen Tunnelblick, er grüßt niemanden, auch nicht Suárez. Ein Spieler Uruguays legte bei einer Ansprache des Trainers die Füße auf den Tisch – geschenkt. Sollte Bielsa den Kickern aber tatsächlich den Kontakt mit Angestellten und Helfern im Mannschaftsquartier untersagt haben, wie kolportiert wird, wäre das ein gravierender Fehler gewesen, denn die Urus halten es so: Sie essen zusammen mit Müller, Meyer, Schmidt, teilen ihre Mate. Das ist ihre Kultur.
Unterdessen schreitet der Niedergang der Celeste voran. Nach dem 0:1 in Lima gegen Peru spekulierte die Presse, ob die Truppe bereits gegen Bielsa spiele. Es folgte ein 0:0 gegen Ecuador. Der Anfang vom Ende Bielsas?
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