Moralischer Sieg
Von Volker HermsdorfMit der erneuten, fast einstimmigen Verurteilung der US-Blockade in der UN-Generalversammlung hat Kuba die größte Militärmacht der Welt am Mittwoch zum 32. Mal in Folge politisch und moralisch besiegt. Wie üblich, stimmte nur Israel gemeinsam mit seinem größten Waffenlieferanten gegen den Rest der Welt. Genauer betrachtet, ist auch das ein moralischer Sieg der kleinen sozialistischen Inselrepublik. Denn ihre Selbstachtung und internationale Reputation wären eher beschädigt worden, wenn sich ein völkermörderisches Regime auf ihre Seite gestellt hätte.
Allerdings wird dieser erneute Erfolg Kubas Bevölkerung ebensowenig vor einer Fortsetzung der völkerrechtswidrigen US-Blockade schützen, wie die Forderungen der Weltgemeinschaft Israels Vorgehen im Nahen Osten stoppen können. Seit Jahren treten beide Länder UN-Charta und Völkerrecht ungestraft mit Füßen – weil sie es können. Sie sanktionieren und töten nicht, weil sie schlecht oder böse wären, sondern weil das System, für das sie stehen, nur überleben kann, wenn sie es denen, die eine andere Welt anstreben, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aufzwingen. »Die USA wissen ganz genau, dass sie die UN-Charta und das Völkerrecht verletzen und dass ihre Politik ein Verbrechen an den kubanischen Familien ist«, stellte Kubas Außenminister Bruno Rodríguez in der UN-Generaldebatte am Mittwoch fest. Er wies zugleich darauf hin, dass »der Imperialismus die Welt mit der Blockade davor warnt, dass jede Nation, die versucht, ihre Souveränität zu verteidigen, einen Preis dafür zahlen wird«.
Die amtierende prowestliche Regierung der Republik Moldau hat sich wohl auch deshalb vor dem ungewissen Ausgang der Stichwahl zur Präsidentschaft am Sonntag vorsichtshalber der Stimme enthalten. Im vorigen Jahr hatte die Ukraine, die diesmal nicht an der Abstimmung teilnahm, den Part übernommen. Obwohl beide Länder eine EU-Mitgliedschaft anstreben, demonstrierten sie damit, dass sie lieber offen nach Washingtons Pfeife tanzen, als EU-Beschlüsse zu respektieren, die die Beendigung der US-Blockade fordern.
Die ständige Missachtung der Generalversammlung durch die Machthaber in Washington und Tel Aviv zeigt die Schwäche der UNO, die sich ihnen gegenüber als zahnloser Papiertiger erweist. Immer mehr Länder, vor allem aus dem globalen Süden, fordern deshalb eine UN-Reform. Unter anderem geht es ihnen darum, dass Entscheidungen der Generalversammlung reale Auswirkungen haben und Strukturen beseitigt werden, die es heute noch ermöglichen, dass die USA Beschlüsse im Sicherheitsrat zur Verteidigung von Frieden, Gerechtigkeit, Souveränität und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker durch ihr Veto verhindern. Die Erfolgsaussichten sind derzeit allerdings begrenzt, da die USA der größte Geldgeber der UNO sind. Und wer die Musik bezahlt, bestimmt bekanntlich, was gespielt wird.
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